SDG_11_Option_11_08_ind_20231119_182400.txt

Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen1
11_08 / Schaffung klar definierter Verantwortungsbereiche zwischen staatlicher Gewährleistungs- und
Eigenverantwortung 11_08
Target 11.5Autorinnen:
Lydia Burgstaller (Johannes Kepler Universität Linz),
Erika Wagner (Johannes Kepler Universität Linz)Schaffung klar definierter Verantwor –
tungsbereiche zwischen staatlicher Ge –
währleistungs- und Eigenverantwortung

23 11_08 .1 Ziele der Option
3 11_08.2 Hintergrund der Option
4 11_08.3 Optionenbeschreibung
4 11_08.3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
4 11_08.3.2 Erwartete Wirkweise
4 11_08.3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
5 11_08.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
5 11_08.3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
5 11_08.3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
11_08.3.7 Offene Forschungsfragen
5 LiteraturInhalt
Optionen und Maßnahmen11_08.1 Ziele der Option
Das SDG 11 verfolgt das generelle Ziel der nachhalti –
gen Städte. Das Target 11.5. wiederum konzentriert sich auf die Reduktion von Na –
turkatastrophen und ihren Auswirkungen. Wie bereits mehrfach ausgeführt, kann
in Bezug auf Naturkatastrophen positiv hervorgehoben werden, dass es dabei
selten zu Todesfällen kommt. Denkt man jedoch an die großen Überflutungen und
Hochwässer, so sind die monetären Auswirkungen enorm. Die Vermeidung und
Verringerung von Auswirkungen bei Naturkatastrophen (bzw. auch Umweltkatast –
rophen) muss bereits vor dem Eintritt der Katastrophe angesetzt werden. Oberstes
Ziel sollte dabei ein integriertes Naturkatastrophenschutzrecht sein.
Neben den bereits in Option 11_01 und Option 11_02
beschriebenen Maßnahmen ist ein Ziel die Schaffung von klar definierten Ver –
antwortungsbereichen, in denen einerseits der Schutz aus Grundrechten, Be –
willigungspflichten etc. als Gewährleistungsschranke besteht und andererseits
Bereiche der Eigenverantwortung.
Ziel ist, eine klare Abgrenzung zu ermöglichen, welche
Bereiche in der Verantwortung von Staat und Behörden liegen und welche Berei –
che wiederum in der Eigenverantwortung der einzelnen Bürger_innen. Dies bedarf
einer verbesserten Normierung in der Rechtsordnung.
11_08.2 Hintergrund der Option
Um ein integriertes Katastrophenpräventions-Konzept
unter Einbeziehung verschiedener Akteur_innen (Staat/Privat/Versicherungen) und
verschiedener Instrumente (Schutzmaßnahmen, privater Objektschutz, Manage –
ment) umsetzen zu können, wird eine klare Aufgabenverteilung zwischen den
einzelnen Akteur_innen benötigt.
Ist der Schaden bereits eingetreten, so besteht die
Forderung nach sachgerechter Verteilung der Schäden/Risiken. Eine Fremdhaf –
tung für höhere Gewalt ist in der Regel ausgeschlossen. Es kann jedoch beispiels –
weise zu Amtshaftung von Gemeinden kommen, wenn bei Baubewilligungen das
Naturkatastrophenrisiko nicht berücksichtigt wird. Es hat sich eine Judikatur zu
Amtshaftungsansprüchen im Naturkatastrophenrecht herausgebildet, die für die
Rechtsträger_innen zu berücksichtigen ist. Inwiefern es einen Rechtsanspruch auf
Schutz vor Naturkatastrophen gibt, lässt sich nicht generalisieren.
Zudem wäre eine Reform des § 1312 Allgemeines
Bürgerliches Gesetzbuch wünschenswert, welcher ein Haftungsprivileg für
Helfer_innen bzw. Retter_innen statuieren könnte.
Neben diesen Pflichten des Staates können aber
auch Bereiche bestehen, in denen Einzelne die Verantwortung tragen müssen. Um
deren Existenz nicht zu gefährden, besteht die Forderung nach besserer Versiche –
rung/Versicherbarkeit (Kerschner, 2008). Bisher besteht eine geringere Versiche –
rungsbereitschaft, jedoch könnte die Versicherbarkeit einzelner Risiken deutlich er –
höht werden z. B. durch Selbstbehalte, Rückversicherungen etc. Sinnvoll wäre vor
allem ein umfassendes, Europäische Union (EU)-rechts-konformes Modell, welches
mittel- und langfristig eine Versicherungspflicht für Private und auch Unterneh –
mer_innen einführen sollte. Wichtig ist dabei eine breite Streuung der versicherten
Gefahren, eine existenzsichernde Mindestdeckungssumme und eine differenzierte
Prämiengestaltung.
3
11_08 / Schaffung klar definierter Verantwortungsbereiche zwischen staatlicher Gewährleistungs- und
Eigenverantwortung 11_08.3 Optionenbeschreibung
11_08 .3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
Eine sachgerechte Verteilung von Schäden und
Risiken kann nicht alleine Aufgabe des Staates sein. Vielmehr kommt es darauf
an, inwiefern der Staat im Rahmen von einschlägigen Bewilligungspflichten (Bau –
recht, Wasserrecht usw.) den Schutz vor Naturkatastrophen gewährleisten kann.
Dies richtet sich vor allem nach dem Schutzzweck der einschlägigen Normen. Der
Oberste Gerichtshof (OGH) hat in zahlreichen Haftungscausen in den Baubewilli –
gungspflichten, Festlegungen in Flächenwidmungsplänen, Instandhaltungspflich –
ten im Wasserrechtsgesetz (§ 50), in forstrechtlichen Gefahrenschutzplänen (§ 11
Forstgesetz) einen naturkatastrophenrelevanten Schutzzweck festgemacht und
daraus Amtshaftungsansprüche abgeleitet.1
Idee ist, dass nicht der Staat für alle Starkwetterereig –
nisse, Naturkatastrophen, Auswirkungen des Klimawandels und die dabei entste –
henden Schäden verantwortlich gemacht werden kann. Denkt man beispielsweise
an Sturm oder Erdbeben, so könnte es in der Verantwortung der Einzelnen liegen,
die Bauten wetterfest zu planen und zu gestalten. Hierfür bedarf es eines effekti –
ven Rechtsrahmens.
Die Bereiche der Eigenverantwortung, in welchen
die Risiken bei den Bürger_innen liegen und diese durch Selbstvorsorge (auch
gestärkt durch Organisationen wie den Zivilschutzverband und die Freiwillige
Feuerwehr) oder (Pflicht-)Versicherungen das Risiko zu minimieren oder vermei –
den versuchen müssen, sollen für den einzelnen Bürger/die einzelne Bürgerin klar
definiert sein. Derzeit ist dies schlichtweg nicht der Fall.
Angesichts des hohen Schadenspotentials und der
nicht zu unterschätzenden Eintrittswahrscheinlichkeit von Naturkatastrophen
kommt vor dem Hintergrund des bestehenden Haftungsrechts einer sachgerechten
Aufteilung des Risikos große Bedeutung zu. Diese Option soll einen pragmati –
schen und gangbaren Weg zur Balance zwischen staatlicher Gewährleistungs- und
Eigenverantwortung aufzeigen.
Konkret sollte es also zu einer klaren Teilung der Ver –
antwortung für Schäden bei Naturkatastrophen zwischen Staat und Bürger_innen
kommen. Dies bedarf einer klaren Festlegung in den Gesetzen, aber auch der För –
derung der Selbstvorsorge der einzelnen Bürger_innen. Damit kann das erhöhte
Risiko (wie bei Starkwetterereignissen) besser und gerechter verteilt werden.
11_08 .3.2 Erwartete Wirkweise
Erwartete, langfristige Wirkungsweise ist eine klare
Aufgabenverteilung und die Möglichkeit zur Kooperation. Erwartet wird neben der
rechtlichen Verteilung von Risiken und Schäden auch ein verstärktes Bewusstsein
der Bevölkerung für ihre Eigenverantwortung.
11_08 .3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser
Option oder ähnlichen Optionen
41 Zu weiteren einschlägigen Bestimmungen (Schutzgesetzen) siehe Handbuch Naturkatastrophenrecht
(Kerschner, 2008).
Optionen und MaßnahmenBisher sind die Verantwortungsbereiche nicht genau
definiert. Fragen der Haftung und Schadenstragung ergeben sich oftmals erst
nach dem Eintritt der Naturkatastrophe.
11_08 .3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
kurzfristig
Einheitliche Regelung führt zu Übersichtlichkeit
und Rechtssicherheit.
mittelfristig und langfristig
Klare Verantwortungsbereiche und Bewusstsein
der Bevölkerung schaffen.
11_08 .3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
Target 11.5. – Option 11_07 Bewusstsein für Renaturie –
rung schaffen stellt wie Option 11_06 Bereinigung der Kompetenzzersplitterung auf
die Prävention von Naturkatastrophen ab, jedoch mehr auf individueller Ebene.
Grundsätzlich muss angemerkt werden, dass das Pri –
mat des passiven Naturkatastrophenschutzes, also die Vermeidung des Eintrittes,
immer im Vordergrund stehen sollte. Option 11_08 beschäftigt sich jedoch zudem
mit den Verantwortlichkeiten – einerseits der Prävention, als auch nach Eintritt.
11_08.3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
Alle drei Optionen (Option 11_06, 11_07 und 11_08)
des Targets 11.5 sind unserer Ansicht nach notwendig, um ein integriertes und
nachhaltiges Naturkatastrophenschutzrecht zu etablieren.
11_08.3.7 Offene Forschungsfragen
−Versicherbarkeit bei wiederkehrenden und vermehrt auftretenden Starkwetter –
ereignissen.
5Literatur
Kerschner, F. (2008). Hand –
buch Naturkatastrophenrecht.
Wien: Manz.

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar