SDG_11_Option_11_01_20231119_182359.txt

Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen1
11_01 / Förderung ganzheitlicher und vielfältiger Wohnkonzepte 11_01
Target 11.1Autorin:
Jany, Andrea (Universität Graz)Förderung ganzheitlicher und vielfältiger
Wohnkonzepte
2
3 11_01 .1 Ziele der Option
3 11_01.2 Hintergrund der Option
5 11_01.3 Optionenbeschreibung
5 11_01.3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
9 11_01.3.2 Erwartete Wirkungsweise
10 11_01.3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
11 11_01.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
11 11_01.3.5 Offene Forschungsfragen
12 LiteraturInhalt
Optionen und Maßnahmen311_01 .1 Ziele der Option
Wohnen ist nach Definition der United Nations (UN)
ein Menschenrecht sowie in vielen Staaten ein Grundrecht. In Österreich ist dieser
Status jedoch nicht gegeben, sodass es formal nicht zu den Grundbedürfnissen
der Existenz zählt, ebenso kann es individuell nicht eingeklagt werden. Gleichzei –
tig prägt Wohnen wesentlich die räumlichen und sozialen Strukturen auf unter –
schiedlichen Maßstabsebenen, da es die Hauptnutzung und Hauptfunktion mit
82 % des Gebäudebestands in Österreich darstellt (Statistik Austria, 2019; eigene
Berechnung: 2.191.280 Gesamtgebäudebestand, 1.973.979 Wohnungsgebäudebe –
stand). Mangelt es an angemessenem, sicherem und bezahlbarem Wohnraum, so
mangelt es in Städten und Siedlungen auch an Inklusion, Gerechtigkeit, Gesund –
heit, Sicherheit sowie grundlegender Existenzsicherung. Die Option „Förderung
ganzheitlicher und vielfältiger Wohnkonzepte“ setzt sich zum Ziel, solche Wohn –
raumformen in Österreich zu begünstigen, die auf das komplexe Geflecht von
öffentlichen Interessen, Anforderungen der Landnutzung, sozialen und räumlichen
Qualitäten sowie auf die Bedürfnisse der Bevölkerung eingeht; hierbei tragfähige,
nachhaltige Konzepte entwickelt, sowie diese zur Absicherung wissenschaftlich
begründet und evaluiert. Wesentlicher Bestandteil dieser zukunftsfähigen Wohn –
konzepte sind der aktuelle Wohnungsbestand und dessen Sanierung. In Form von
Pilotprojekten sollen mittels partizipativer Prozesse neue Konzepte und Ansätze
erprobt werden. In Form von Ko-Kreation mit den vielfältigen gesellschaftlichen
Gruppen kann somit dem komplexen Geflecht im Wohnbau begegnet werden und
es können durch Begleitforschung Erkenntnisse und Schlüsse für die Zukunft
gezogen werden. Die Option fokussiert auf den gegenwärtigen Wohngebäude –
bestand, da dieser im Sinne eines nachhaltigen Wohnens einen bedeutsamen
Beitrag leisten kann. Diese Ausrichtung konzentriert sich auf die Verbesserung der
derzeitigen Wohngebäudesubstanz hin zu einem sozialen, ökologischen und öko –
nomisch nachhaltigen Wohnraum mit resilientem Charakter.
11_01.2 Hintergrund der Option
Wohnraum besitzt eine elementare Bedeutung auf
individueller, gesellschaftlicher, räumlicher und wirtschaftlicher Ebene. Menschen
sind bestrebt, sich eigenständig mit Wohnraum zu versorgen. Wo und wie man
wohnt, wirkt sich auf die Gesellschaft u.a. über Lage, finanzielle Ausstattung, Aus –
handlungsprozesse, Zugänglichkeit aus; und produziert hiermit räumliche Situatio –
nen, welche unterschiedlich organisiert und belebt werden können. Konkret beruht
die Option „Förderung ganzheitlicher und vielfältiger Wohnkonzepte“ auf fünf
gegenwärtigen Herausforderungen in Österreich.
Die erste Herausforderung wird in der aktuellen ge –
ringen Sanierungsrate gesehen, welche wiederum mit der notwendigen Dekarbo –
nisierung und Energieeffizienz des Wohnungssektors zusammenhängt und einen
wesentlichen Beitrag zur Klimaneutralität leisten könnte (Amann, 2019a; Forum
Wohnbaupolitik, 2020). Aktuell weisen fast 40 % des österreichischen Wohnungs –
bestandes einen unzureichenden thermischen Standard auf. Dies entspricht 1,9
Mio. Wohneinheiten bzw. 1,4 Mio. Hauptwohnsitzwohnungen. Bis 2024 müssten
durchschnittlich 2,6 %, ab 2025 jährlich 3,2 % des derzeitigen Wohnungsbestands
umfassend saniert werden, um bis 2040 das Ziel einer vollständigen Sanierung
des Wohnbaus in Österreich laut aktuellem Regierungsprogramm zu erreichen. Ein
besonders hoher thermischer Sanierungsbedarf besteht in den Bestandssegmen –
11_01 / Förderung ganzheitlicher und vielfältiger Wohnkonzepte ten der privaten Mietwohnungen und Gemeindewohnungen (Institut für Immobilien,
Bauen und Wohnen GmbH [IIBW] & Umweltbundesamt, 2020). Die Sanierungsrate
in Österreich ist jedoch seit 2010 um ein Viertel zurückgegangen (IIBW & Umwelt –
bundesamt, 2020).
Die zweite Herausforderung stellt die zunehmende
Kommodifizierung des Wohnraums in Österreich dar. Die Kommodifizierung, als
ein profitgetriebener Handel mit Wohnraum zu verstehen, entsteht durch die zu –
nehmende Nutzung von Wohnraum als Kapitalanlage und Altersvorsorge und zieht
in städtischen Agglomerationen eine steigende Wohnkostenbelastung nach sich
(Umweltbundesamt, 2020). Hierdurch kann es zu Überbelag kommen, was be –
deutet, die Wohnfläche pro Kopf fällt zu gering aus, wovon derzeit besonders stark
Mehrpersonenhaushalte mit drei oder mehr Kindern sowie Gemeindewohnungen
und private Hauptmietwohnungen betroffen sind (Statistik Austria, 2019).
Die dritte Herausforderung bilden die derzeit stark
fragmentierten Zuständigkeiten auf Entscheidungs- und Wissensebenen für die
Schaffung und den Bezug von Wohnraum in Österreich. Die Zuständigkeiten und
Entscheidungen in Bund, Länder und Gemeinden auf gesetzlicher, verwaltungs –
technischer, förderungstechnischer und forschender Ebene lassen derzeit kaum
ein vollständiges Bild des österreichischen Wohnbaus zu. Die neun Bundesländer
entscheiden im Wohnbausektor weitgehend autonom. Wohnbauförderungen sind
nach der österreichischen bundesstaatlichen Kompetenzverteilung auf Landesebe –
ne geregelt. Baugenehmigungsverfahren werden auf kommunaler Ebene vollzogen.
Im Förderbereich zu den Themen Energie und Umwelt stimmen sich Bundes- und
Länderstellen ab. Mindeststandards für den Wohnbau (z.B. Grünflächenfaktor,
Versiegelungsfaktor, Energieeffizienzstandards, etc.) werden maßgeblich durch
die Bauordnungen der Bundesländer vorgegeben. Nationale oder internationale
politische Ziele wirken zeitverzögert und indirekt in der Praxis (Kranzl, Müller &
Büchele, 2018).
Die vierte Herausforderung stellt die stark differenzier –
te räumliche Entwicklung des Wohnraums dar. Sind zum einen ländliche Regionen
vermehrt von Abwanderung und Leerstand betroffen, so führt zum anderen in den
urbanen Regionen der Zuzug zu steigenden Preisen und Wohnraumverknappung.
Auswirkungen auf die Preise in den urbanen Regionen können aber auch durch
bewusst gehaltene Leerstände vermutet werden. Der Leerstand und dessen Ver –
änderung stellen eine wichtige Kennzahl für den gesamtösterreichischen Woh –
nungsmarkt dar. Eine vollständige und übergreifende Erhebung österreichweit
(Schneider, 2019) sowie eine allgemeingültige Definition liegen derzeit nicht vor
(IIBW, 2018).
Die fünfte Herausforderung sind Gesundheitsbelas –
tungen: Gemeint sind sowohl die psychische als auch die physische Gesundheit
bezogen auf den Wohnraum. Steigende urbane Dichte, verringerte Grün- und Frei –
räume, Kontaktarmut durch geringen Austausch im Wohnumfeld können u.a. zu
psychischen Belastungen, wie z.B. Vereinsamung, führen (Schuler, Tuch, Buscher
& Camenzind, 2016). Belastungen der physischen Gesundheit durch Lärm-, Luft-
und Umweltverschmutzungen treten zusätzlich verstärkt in städtischen Bereichen
auf. Besonders betroffen hiervon sind Menschen in Wien, generell in Gemeinde –
wohnungen und mit einer niedrigen Erwerbsintensität (Statistik Austria, 2019).
Derzeit finden Aspekte der psychischen Gesundheit keinen expliziten Eingang in
Vorschriften, Regelungen bzw. Indikatoren.
4
Optionen und Maßnahmen11_01.3 Optionenbeschreibung
11_01.3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
In der Umsetzung des Ziels, österreichische Städte
und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu gestalten,
stellen Wohngebäude einen zentralen Bestandteil dar. Das übergeordnete Ziel der
Entwicklung von zukunftsfähigen Wohn-, Versorgungs- und Arbeitsmodellen für
alle Bevölkerungsgruppen, die neben einer Sicherung der Daseinsvorsorge mit ge –
ringen ökologischen Belastungen auf eine Erhöhung der Lebensqualität und durch
gesicherte Versorgung die Resilienz zu erhöhen, zielen, soll unterstützt werden.
Aus den fünf Herausforderungen in Österreich im
Themenfeld Wohnen werden folgende Maßnahmen abgeleitet: (1) die verstärkte
Förderung des Wohnbaubestandes, (2) ein Unterstützungsprogramm zur Umset –
zung von Cohousing Modellen im Bestand, (3) die Einrichtung einer Koordinations –
stelle für Österreich für die Maßnahmen 1 und 2. Eine gebündelte Umsetzung aller
drei Maßnahmen wird dringend empfohlen, um die positiven Wirkungen für den
gesamten Wohnbau zu verstärken.
(1) Die verstärkte Förderung des Wohnbaubestandes
durch den Bund zielt auf die Herausforderungen der geringen Sanierungsrate, der
fragmentierten Zuständigkeiten sowie der differenzierten räumlichen Entwicklun –
gen. Ziel muss die Anhebung der Sanierungsrate sowie die Attraktivierung und
Aktivierung von Leerständen sein. Die Etablierung eines Förderprogramms auf
Bundesebene im Abgleich mit den zuständigen Wohnbauförderstellen der Bun –
desländer erzielt eine positive Wirkung auf den gesamten Gebäudebestand und
dessen Erfordernissen zur Dekarbonisierung. In der Umsetzung gilt es für die
verschiedenen Marktsegmente unterschiedliche Zugänge zu entwickeln. So kann
beispielweise die erforderliche Sanierung von privaten Mietwohnungen durch eine
verkürzte Absetzung von Sanierungskosten oder alternativ mit Investitionspr ämien
unterstützt werden (Amann, 2019a). Menschen mit geringem Lohn kann alternativ
die Inanspruchnahme einer Negativsteuer angeboten werden. Mit dem verstärk –
ten Blick auf den Bestand und somit auf die Sanierungen wird eine Verschiebung
im fachlich-technischen wie auch im handwerklichen Bereich des Baugewerbes
einsetzen, samt adäquater Instrumente der Umschulung sowie diesbezüglicher
Fördermechanismen ebenso wie eine Verlagerung der Wirtschaftsleistung. Dies
erfordert auch bessere Entlohnung und eine höhere Anerkennung des sozialen
Status von Bauarbeiter_innen (Amann, 2019a, 2019b). Im Bereich des Wohnungs –
eigentums unter dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kann die bisher nicht
geregelte Höhe der Rücklagen vereinheitlicht und in Anlehnung an den Erhaltungs-
und Verbesserungsbeitrag (EVB) im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG)
mit 0,5–2 €/m2 geregelt werden. Ein positiver Effekt kann eine hierdurch einsetzen –
de Mobilisierung leerstehender Wohnungen sein. Zusätzlich wird eine verbesserte
Quorumregelung für die ordentliche Verwaltung erzielt, z.B. durch eine zu zwei
Dritteln gültige Anwesenheit und eine einfache Mehrheit für schnellere Abstim –
mungen und Umsetzungen von Sanierungen. Werden im Zuge von Sanierungen
Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt, sollten diese nicht von einer Minderheit
beanspruchbar sein, wenn die Höhe der vorhandenen Rücklage die Kosten deckt
(Amann, 2019a).
(2) Die Kombination der verstärkten Förderung von
Gebäudesanierungen mit einem Unterstützungsprogramm zur Umsetzung von
5
11_01 / Förderung ganzheitlicher und vielfältiger Wohnkonzepte Cohousing-Modellen stellt den zwar punktuellen, jedoch inklusiven Zugang zu er –
schwinglichen Wohnräumen mit vielfältigen und ganzheitlichen Konzepten sicher.
In der wissenschaftlichen Literatur und in den Medien haben sich unterschiedliche
Termini für alternative Wohnkonzepte etabliert. Baugruppen, Cohousing, Ökodörfer,
gemeinschaftliches Wohnen, intentionales Wohnen und partizipativer Wohnbau
sind einige der gegenwärtigen Begrifflichkeiten. Sie alle zielen in unterschiedlicher
Intensität auf erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten für das eigene Wohnumfeld
mit inklusiver Flächengerechtigkeit und Zugänglichkeit ab (Fromm, 2012; Jany,
2019; Lang, Carriou & Czischke, 2020; Tummers, 2016; Vestbro, 2010). Durch den
unterschiedlichen Grad der Mitgestaltung und Zusammenarbeit der zukünftigen
Bewohner_innenschaft innerhalb der Wohnprojekte entsteht ein individueller und
inklusiver Lebensraum. Gleichzeitig stellen Cohousingprojekte eine vielfältige
Mischung von ganzheitlichen Ansätzen dar, welche auf die örtlichen Gegebenhei –
ten und Bedürfnisse der zukünftigen Bewohner_innenschaft angepasst reagieren,
etwa durch partizipative Prozesse und soziokratische Verwaltungselemente (Krok –
fors, 2012). Themen wie die Mobilität, Lebensmittelversorgung und Sorgepraktiken,
hier als gegenseitige Unterstützung im Alltag, stehen in Ergänzung zu Raum- und
Flächenverteilungen meist im Fokus der Wohnkonzepte. Eine Verringerung von
Gesundheitsbelastungen, wie z.B. psychische Belastungen durch Einsamkeit, kann
im Zuge gemeinschaftlicher Projekte erwartet werden. Jedes Projekt entwickelt
durch den Prozess eine Einzigartigkeit (Tummers, 2016). Daher sollten für das
Unterstützungsprogramm partizipative Prozesse zur Förderung der Inklusion jed –
weder Menschen mit verschiedener Herkunft, Orientierung, Identität und Status
sowie gesundheitsfördernde Betrachtungen eine übergeordnete Rolle spielen. Die
Multifunktionalität der räumlichen Ausprägung mit solidarischen Organisations –
strukturen der Wohnprojekte ist anzustreben. Ergänzend sollte die ökologische
Dimension betrachtet werden. Bei notwendigem punktuellem Rückbau in der
Gebäudesubstanz sollte der Rückfluss in den Baustoffkreislauf z.B. in Form von
recycelten Baustofflagern umgesetzt werden. Bei der Baustoffwahl im Zuge der
thermischen Sanierung sowie bei Austausch und Ergänzung von Bauteilen, sollte
auf ökologische Baustoffe zurückgegriffen werden (Allesch et al., 2019; Kral et al.,
2018). Im Zuge der Umsetzung würde an die geförderten Pilotprojekte ein hoher
qualitativer Anspruch gelegt werden, da Wohnbausanierung und Baukultur nicht
im Widerspruch zueinanderstehen müssen, sondern sich gegenseitig bestärken
können. Die Identifizierung von geeigneten Leerständen für Pilotprojekte kann
dazu beitragen, die räumliche Verteilung von bestehendem Wohnraum punktuell
kleinmaßstäblich zu erfassen. Ebenso können etwa Verdrängung sowie Segre –
gation, als indirekte Folgen von gezieltem urbanen Leerstand, durch steigende
Immobilienpreise und die damit verbundene Ungleichheit und Schwächung der
sozialen Inklusion und Armut, abgemildert werden (Weißermel & Wehrhahn 2020).
Dieser Aspekt spricht die Herausforderung der zunehmenden Kommodifizierung
von Wohnraum in Österreich an.
Die notwendige Finanzierung der Cohousing-Modelle
kann zum einen auf nicht rückzahlbaren und direkten Förderzuschüssen unter Ein –
haltung von noch zu entwickelten Kriterien basieren. Zum anderen könnte für die
benötigte Finanzierung z. B. der Zugang zu Bankgarantien für erforderliche Kredit –
sicherheiten erleichtert oder günstige Finanzierungsmöglichkeiten in Anlehnung an
Bauspardarlehen entwickelt werden. Von Seiten der öffentlichen Hand sollte den
Interessent_innen ein Vorkaufsrecht auf öffentliche Bestandsimmobilien sowie eine
umfassende Beratung für beispielsweise Vertragserrichtung, Prozessgestaltung
oder Finanzierungsmodelle angeboten werden. Ziel der Maßnahme eines Unter –
6
Optionen und Maßnahmenstützungsprogramms zur Umsetzung von Cohousing-Modellen wäre es, Pilotpro –
jekte zu initiieren, welche positive Effekte auf die Aktivierung und Attraktivierung
und somit auch auf die Sanierung des gesamten Gebäudebestandes ausüben.
Um die positiven Effekte zu verstärken, sollten Vernetzungsangebote zwischen
den Projekten etabliert werden. Ein wesentlicher Beitrag des Unterstützungspro –
gramms zur Umsetzung von Cohousing-Modellen sollte der Rückschluss aus den
Wohnprojekten und deren partizipativen Prozessen auf allgemeine Tendenzen in
der Gesellschaft und im Speziellen im Wohnbau darstellen. Die Verflechtung und
der Abgleich mit weiteren Themengebieten wie z.B. Bautechnik, Regionalplanung
und Klimaforschung sind anzustreben. Im Zuge der Etablierung einer sozialen
Nachhaltigkeit im österreichischen Wohnbau sollten z.B. Fragestellungen zur All –
tagstauglichkeit des Wohnraums und des Umfeldes, die Gemeinwohlausrichtung
von Projekten und die Gesamtenergiebilanzierung von Anlagen in das Blickfeld
rücken. Neben der breiten anwendungsbezogenen Ausrichtung dieser Maßnahme
sollte diese Hand in Hand mit einem ebenso wesentlichen Schwerpunkt zur Bereit –
stellung von wohnungspolitischen Grundlagen, wie etwa rechtlichen Reformen und
Finanzierungen, liegen. Neuartige und inklusive Zugänge in ökonomischer, ökolo –
gischer und sozialer Hinsicht können Empfehlungen für den allgemeinen Wohnbau
fördern (Höflehner, Simic & Siebenbrunner, 2019; Jany, 2019; Lang & Stöger, 2018;
Van Bortel & Gruis, 2019). Die Ausschreibung und Förderung der Pilotprojekte
sollte über eine Koordinationsstelle für Österreich abgewickelt werden, um der
aktuellen Fragmentierung bei den Zuständigkeiten begegnen zu können.
(3) Die Maßnahme zur Einrichtung einer Koordina –
tionsstelle für Österreich für ganzheitliche und vielfältige Wohnkonzepte nimmt
Bezug auf die derzeitig stark fragmentierten Zuständigkeiten im Bereich Wohnen
und würde diese im Bereich der Sanierung und Cohousing-Projekte auf Bundes –
ebene in einem Teilbereich bündeln. Zuständigkeiten wären die Abwicklung der
Förderung von Wohngebäudesanierungen und des Unterstützungsprogramms
zur Umsetzung von Cohousing-Projekten in Österreich. Arbeitsinhalte der Ko –
ordinationsstelle sollen zudem die Sammlung von Forschungsergebnissen zu
Cohousing-Pilotprojekten aus dem Unterstützungsprogramm und die Verdichtung
mittels weiterer quantitativer und qualitativer Daten als mögliche Ausgangspunkte
für nachfolgende Förderprogramme und Pilotprojekte sein. Eine niedrigschwellige
Publikationsreihe mit den erreichten Sanierungsraten und den Inhalten des Unter –
stützungsprogramms für Cohousing-Projekte sowie einem Überblick zu den ge –
nehmigten bzw. umgesetzten Pilotprojekten und deren Ergebnissen können einer
Verbreitung und Vertiefung innerhalb der Forschung, Fachexpert_innen und der
Zivilgesellschaft dienlich sein.
Das langfristige und übergeordnete Ziel, jedoch nicht
expliziter Teil dieser Maßnahme, wäre das Zusammenführen der Zuständigkeiten
auf Bundesebene in Form einer nationalen Koordinations- und Monitoringstelle für
das Thema Wohnen in Österreich. Die Vision stellt die Etablierung einer Wohnbau –
forschung, die u.a. ein österreichisches Leitbild des Wohnbaus erarbeitet und die
gesellschaftlichen Bedingungen und Möglichkeiten zur Wohnraumversorgung und
zu nachhaltigen und sozial gerechten Wohnformen untersucht, dar. Eine derartige
Wohnbauforschung muss durch Interdisziplinarität gekennzeichnet sein und der
Komplexität des Wohnens und der Wohnraumversorgung gerecht werden. So kann
zum Beispiel eine gezielte Erhebung und Verknüpfung psychosozialer Krankheits –
fälle mit deren Wohnsituation und -umgebung Aufschluss hinsichtlich Wohntypus,
Wohngegend, Freiraumqualitäten, etc. und deren unmittelbare Verbesserung für
die Betroffenen geben.
7
11_01 / Förderung ganzheitlicher und vielfältiger Wohnkonzepte Die Mittel für die Option zur Förderung ganzheit –
licher und vielfältiger Wohnkonzepte kann aus dem Wohnbauförderungsbeitrag
des Finanzausgleichs durch die (teilweise) Wiedereinführung der Zweckbindung
geschaffen werden. Im Jahr 2018 belief sich die Summe des Wohnbauförderungs –
beitrages an die Länder auf 1,12 Mrd. € (Amann, 2019b). Mit einer Budgetierung
von 3 % des Wohnbauförderungsbeitrages können 2  % für die Koordinationsstelle
in Form von Personal und Infrastruktur sowie 98  % für die Förderung zur Realisie –
rung und Beforschung der Pilotprojekte vorgesehen werden. Nach dem Daten –
stand von 2018 ergäbe sich somit ein Gesamtjahresbudget von 33,6 Mio. €, wovon
für Personal und Infrastruktur 2  % in Höhe von 0,67 Mio. € und 98  % in Höhe
von 32,92 Mio. € für die Umsetzungsprojekte zur Verfügung stehen können. Das
Projektgeld sollte nach einem geeigneten Schlüssel auf die Bundesländer jedoch
mit mindestens drei zu finanzierenden Projekten pro Jahr und Bundesland zugeteilt
werden. Zusammenfassend wäre die Option zur Förderung ganzheitlicher und
vielfältiger Wohnbaukonzepte als Maßnahmenbündel aus der Sanierungsförderung
des Wohnbaubestandes in Kombination mit dem Unterstützungsprogramm für Co –
housing-Modelle im Bestand sowie einer Koordinationsstelle hierfür auf Bundes –
ebene optimal umsetzbar.
a. Beschreibung von potenziellen Konflikten und
Systemwiderständen sowie Barrieren
Potenzielle Konflikte und Systemwiderstände sind seitens der gegenwärtigen
Zuständigkeiten und autonomen Handlungsspielräume der Länder im Bereich
der Wohnbauförderung im Hinblick auf Steuerungsverluste zu erwarten. Derzeit
hat das Thema Sanierung noch immer einen geringen politischen Stellenwert
und damit einhergehend fehlt ein ausreichend konkretisierter politischer Wille
(Amann, 2019a). Bedingt durch strukturelle Hindernisse sind übergeordnete
Strategien im Bereich Sanierung für ein geschlossenes Vorgehen in Österreich
ausständig. Das derzeitige Kompetenzgefüge zur Umsetzung und Implementie –
rung weitreichender Reformen müsste eine koordinierte Vorgehensweise zwi –
schen verschiedenen Ministerien und den einzelnen Ländern herstellen (Amann,
2019a). Zusätzlich müssten hinreichende Argumente gegenüber den Ländern
entwickelt werden, um der teilweisen Zweckwidmung des Wohnbauförderungs –
beitrags zuzustimmen, da die Umsetzung einer Verfassungsrechtsänderung be –
darf, welche multiple Ressourcen benötigt. Des Weiteren wäre ein hoher Druck
seitens des privaten Wohnbausektors zu erwarten, da Bestandsobjekte durch
das Unterstützungsprogramm für Cohousing dem freien Markt entzogen werden
würden.
b. Beschreibung des Transformationspotenzials
Wohngebäude stellen durch den hohen Anteil von 82  % am gesamten Gebäude –
bestand (Statistik Austria, 2019) ein großes Transformationspotenzial dar, um
österreichische Städte und Siedlungen inklusiver, sicherer, widerstandsfähiger
und nachhaltiger zu gestalten. Aktuell wird der Einfluss der gebauten Umwelt auf
die klimatischen Veränderungen als der Wesentlichste diskutiert (Sobek, 2022).
Mit Initiativen und Förderprogrammen zur Transformation der gebauten Umwelt
werden bereits auf europäischer (z.B. New European Bauhaus) sowie nationa –
ler Ebene (z.B. Bauhaus Earth, Renowave) verstärkt Impulse gesetzt. Das New
European Bauhaus, als Plattform 2021 gestartet, ist eine kreative und interdis –
ziplinäre Initiative, die den Europäischen Green Deal und dessen Gebäudesa –
nierungsschwerpunkt mit den Lebensräumen und Erfahrungen der Europäer_in –
8
Optionen und Maßnahmennen verbindet. Der Fokus liegt auf der Verknüpfung ökologischer, sozialer und
ökonomischer Fragenstellungen der gebauten Umwelt. Durch den Abgleich mit
den Bedürfnissen der Menschen, im Einklang mit der Natur und dem inklusiven
Zugang für alle Kulturen, Disziplinen, Geschlechter und Altersgruppen, soll eine
neue Kultur des Planens und Bauens in Europa etabliert werden. In Kombina –
tion mehrerer EU-Finanzierungsinstrumente kommt die Transdisziplinarität der
Initiative zum Tragen, um EU-weit Pilotprojekte zu unterstützen und die Ideen der
Neuen Europäischen Bauhaus-Bewegung im Sinne einer Transformation in die
Realität umsetzen.
Das Bauhaus Earth, als deutsche Initiative im Jahr 2019 gestartet, engagiert
sich im Bausektor und dessen politische Dimension, um diese in kreative Kräfte
für die Erhaltung der Umwelt und zur Erneuerung des Systems im Sinne einer
Transformation zu nutzen. Expert_innen aus den Bereichen Architektur und
Planung, Kunst, Wissenschaft, Verwaltung und Industrie erarbeiten in Forschung,
Demonstrationsprojekten und politischer Lobbyarbeit Grundlagen für Gebäude,
Städte und Landschaften, die förderlich für das Klima und die Menschen sind.
Renowave stellt ein im Jahr 2022 gestartetes österreichisches Innovationslabor
dar, das im Sanierungsbereich für klimaneutrale Gebäude und Quartiere in ganz
Österreich steht. Das Ziel ist ein lebenswert gestalteter und klimaneutraler Ge –
bäudesektor inklusive einem Sanierungsschub für die gesamte Bau- und Immobi –
lienbranche. Die Anknüpfung an die vorhandenen Initiativen, Plattformen und Fi –
nanzierungsinstrumente unter gleichzeitiger Nutzung von Synergieeffekten kann
ein Katalysator für die notwendige Transformation im Wohnbausektor darstellen.
c. Umsetzungsanforderung
Neben ausreichend finanziellen Mitteln für die Sanierungsförderung, dem Unter –
stützungsprogramm für die Cohousing-Projekte sowie der Koordinationsstelle
sollte im Vorfeld die Abstimmung mit allen Bundesländern und hier speziell den
politischen Vertreter_innen und den Verwaltungseinheiten, welche aktuell für die
Wohngebäudesanierungen zuständig sind, erfolgen. Des Weiteren sollte mit den
bereits etablierten Förderstellen (z.B. Klima- und Energiefonds) sowie der neuen
Innovationsplattform Renowave die Umsetzung geregelt werden.
11_01.3.2 Erwartete Wirkungsweise
Die verstärkte Förderung von Gebäudesanierungen
stellt den wichtigsten Hebel im Umgang mit der gebauten Umwelt und zur Er –
reichung der Klimaziele dar. Da die bewohnten Strukturen auch einen sensiblen
Umgang mit der Bewohner_innenschaft notwendig machen, sollte im Zuge einer
kooperativen Sanierung, das heißt unter Einbezug der Bewohner_innen, eine so –
ziale Sanierung erfolgen (Höflehner, Hohmann & Jany, 2022). Durch die verstärkte
Konzentration auf die bereits vorhandenen Gebäuderessourcen durch deren ener –
getische Ertüchtigung und Weiterentwicklung, auch in Funktion und Nutzung, wäre
ein Rückgang des Neubaus zu erwarten. Diese Neuausrichtung im Wohnbausektor
und der damit zusammenhängende Rückgang an weiteren Flächenversiegelungen
enthält positive Auswirkungen auf den Schutz der Biodiversität und Ökosysteme,
da Flächenversiegelungen v.a. für Offenlandökosysteme und die Ernährungssou –
veränität einen wesentlichen Gefährdungsfaktor darstellen.
Die Umsetzung der Cohousing-Pilotprojekte im Rah –
men des Unterstützungsprogramms kann bei der gleichzeitigen Einforderung von
baukulturellen Qualitäten notwendige Impulse für die Bauwirtschaft im Umgang
mit dem Bestand liefern. Neue Herangehensweisen und Aufgabenverteilungen bis
9
11_01 / Förderung ganzheitlicher und vielfältiger Wohnkonzepte hin zur Umschulung der gegenwärtigen Arbeitskräfte sollten einsetzen, wobei auch
hier eine gezielte Unterstützung notwendig ist (Amann, 2019a). Mittel- bis langfris –
tig ist dadurch die Steigerung der Sanierungsrate zu erwarten.
Zur Überprüfung der Wirkungsweise wäre ein Moni –
toring für die allgemeinen Sanierungsprojekte sowie die Cohousing-Projekte mit
bspw. Ansätzen der partizipativen Gestaltung, neuer rechtlicher Organisationsfor –
men etc., umzusetzen. Des Weiteren wären Indikatoren zur Messung von Gesund –
heitsbelastungen im Sinne von psychischer und physischer Gesundheit bezogen
auf den Wohnraum zu entwickeln. Die Bündelung der Fragestellungen, Erkennt –
nisse und Ausrichtung des Wohnbaus in Österreich lassen eine positive Wirkung
auf den Wohnbausektor erwarten, da speziell die gegenwärtig stark fragmentierten
Zuständigkeiten kaum eine Transformation in Richtung eines leistbaren und den
sozialen Zusammenhalt fördernden Wohnbaus für ganz Österreich zulassen. Die
Koordination zur Entwicklung eines „Leitbildes für Wohnbau“ für Gesamtösterreich
ließe die Betrachtung aller Siedlungsgrößen zu und hätte einen positiven Effekt auf
die Verteilung und die Organisation von leistbarem Wohnraum für alle.
11_01.3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Option
oder ähnlichen Optionen
Bisher liegen unterschiedliche Erfahrungen mit Ansät –
zen wie diesem vor: Förderungen im Bereich der Wohngebäudesanierung werden
aktuell in den österreichischen Bundesländern unterschiedlich umgesetzt, sind
jedoch überall vorhanden. Spätestens seit 2009 forciert die Stadt Wien das Thema
Cohousing bzw. Baugruppen. Mittels Potenzialabschätzung und den notwendigen
Rahmenbedingungen konnte ein Grundverständnis über die Wirkungsweise von
Baugruppen im Rahmen von Stadtentwicklungsprozessen erarbeitet werden. Der
Fokus lag und liegt auf den Wohnungsneubau auf Basis weitgehender gemein –
schaftlicher Bewohner_innenmitbestimmung im Planungsprozess (Temel, Lorbek,
Ptaszynska & Witinger, 2009). Seit Anfang 2022 kommt in Kärnten eine eingeführ –
te Förderung mittels partizipativer Prozesse zur Anwendung. Aktuell liegen hier
bisher noch keine Erfahrungswerte vor.
Eine institutionalisierte Bündelung des österreichi –
schen Wohnbaus lag von 1968 bis 1999 auf Bundesebene vor. In dieser Zeit
bestand ein reger Austausch zwischen den einzelnen Bundesländern und im
Abgleich mit der Bundesebene. Umfangreiche Pilot- und Forschungsprojekte
mit verschiedenen Schwerpunkten kamen zur Umsetzung. Einen nationalen und
internationalen Stellenwert bekam der Wiener Wohnbau unter anderem hierdurch
bis heute. Der steirische Wohnbau, mit zahlreichen partizipativen Wohnbau –
projekten ab Anfang der 1970er Jahre bis Anfang der 1990er Jahre, erhielt hohe
internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung im Bereich der Architektur. Eine
eigens aufgelegte Förderung für partizipativen Wohnbau kam in der Steiermark zur
Anwendung und war als Unterstützung der Wohnbaugenossenschaft zur Umset –
zung von partizipativen Pilotprojekten gedacht (Jany, 2019). In Anlehnung an die
österreichische Wohnbauforschung der Jahre 1968 –1999 angelagert im Bundesmi –
nisterium für Bauten und Technik sowie an aktuellen Überlegungen in Deutschland
(Schönig & Vollmer, 2020) wäre eine Koordinationsstelle zum Thema Wohnen auf
Bundesebene für Österreich dienlich, welche die gesellschaftlichen Bedingungen
und Möglichkeiten zur Wohnraumversorgung ins Zentrum ihres Interesses rückt.
Eine aktuelle Referenz im Bereich der angewandten Forschung stellt der Klima-
und Energiefonds, welcher seit 2007 entscheidende Impulse zur klimagerechten
Ausgestaltung Österreichs umsetzt, dar. Die Plattform Renowave versteht sich als
10
Optionen und Maßnahmenneues Innovationslabor für klimaneutrale Gebäude- und Quartierssanierungen in
ganz Österreich und hat seine Arbeit mit 2022 aufgenommen. Das Ziel ist ein le –
benswert gestalteter und klimaneutraler Gebäudesektor sowie ein Sanierungsturbo
für die Bau- und Immobilienbranche.
11_01.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
Durch die vorgeschlagenen Pilotprojekte im Rahmen
der Cohousing-Projekte könnten nachhaltige Konzepte und Ansätze kurzfristig mit
einem Zeithorizont von bis zu 5 Jahren erprobt werden. Die Einbettung und Ver –
stärkung der gesamten Sanierungsrate im Wohnbau würde mittel- bis langfristig
zu erwarten sein. Einher ginge hierbei die Transformation der Bauwirtschaft
von einem derzeit stark auf Neubau ausgerichteten Sektor hin zu einem Sektor,
welcher verstärkt im Bereich der bestehenden Gebäudestruktur aktiv wäre. Die Ko –
ordinationsstelle ließe zudem eine langfristige Wirkung mittels Diskursgestaltung
und Prozessbegleitung im gesamten Wohnbausektor erwarten. Erste Wirkungen
der Option werden nach Aufnahme der Arbeit der Koordinationsstelle, jedoch
frühestens nach drei Jahren, sichtbar werden. Die mittel- und langfristige Wirkung
erfolgt durch die Sanierungsförderung sowie die Cohousing-Pilotprojekte mit be –
gleitender Forschung. Die Zunahme an Sanierungsprojekten in Kombination mit
der begleitenden Forschung und Dissemination vervielfältigen die positiven Im –
pulse dieser Option.
11_01.3.5 Offene Forschungsfragen
Cohousing-Projekte und deren inklusive Ausrichtung
rücken innerhalb der Wohnbauwirtschaft verstärkt in den Fokus. Die Wirkungs –
weise dieser Projekte ist jedoch bislang unzureichend erforscht. Anhand von
Fallstudien gebauter aktueller Projekte sowie Projekten aus den 1970/80er Jahren
ließen sich Rückschlüsse auf die nachhaltige Ausrichtung erarbeiten. Die inklusi –
ven Zugänge in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht könnten zudem
Empfehlungen für den allgemeinen Wohnbau sein (Höflehner et al., 2019; Jany,
2019; Lang & Stöger, 2018; Van Bortel & Gruis, 2019). Des Weiteren liegen derzeit
keine validen Indikatoren zur Messung von Gesundheitsbelastungen im Sinne von
psychischer Gesundheit bezogen auf den Wohnraum vor (Schuler et al., 2016). Die
wissenschaftliche Erarbeitung dieser Felder würden das übergeordnete Thema der
sozialen Nachhaltigkeit im Wohnbau unterstützen.
Die voranschreitende Kommodifizierung im österrei –
chischen Wohnbau und somit die Frage nach leistbarem Wohnraum zeigt sich u.a.
aus den Rückläufen der geförderten Einheiten und der zunehmenden Wohnkosten –
belastung (Kadi, Banabak & Plank, 2020; Springler, 2018). Leerstände verstärken
diese Entwicklung. Lokal liegen vereinzelt Leerstandserhebungen vor (Institut für
Wohnbauforschung [IWBF], 2020; Salzburger Institut für Raumordnung & Wohnen
[SIR], 2015), eine vollständige und regional übergreifende Erhebung für Österreich
ist ausständig (Schneider, 2019). Eine Erhebung könnte die Notwendigkeit von
Neubautätigkeiten relativieren und den Fokus vermehrt auf den Bestand und des –
sen Aktivierung bzw. Gebäudeertüchtigung sowie auf die Kommodifizierung und
somit auch auf die ökonomische Nachhaltigkeit im Wohnbau lenken.
11
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