SDG_06_Option_06_11_VG_20231119_182355.txt

Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen1
06_11 / Förderung von Transformationsprozessen durch Co-Design und Co-Creation06_11
Target 6.bAutor_innen:
Fuchs-Hanusch, Daniela ( Technische Universität
Graz ); Regelsberger, Martin ( Technisches Büro )Förderung von Transformationsprozessen
durch Co-Design und Co-Creation
2
3 Tabellenverzeichnis
4 06_11 .1 Ziele der Option
4 0 6_11.2 Hintergrund der Option
5 06_11.3 Optionenbeschreibung
5 06_11.3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
6 06_11.3.2 Erwartete Wirkungsweise
8 06_11.3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Option oder ähnlichen
8 06_11.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
9 06_11.3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
9 06_11.3.6 Interaktionen mit anderen SDGs
10 06_11.3.7 Offene Fragestellungen
11 LiteraturInhalt
Optionen und Maßnahmen3Tabellenverzeichnis
Tab. O_6-11_ 1 : Beschrei –
bung der Wirkung der Op –
tion 6.11 auf die Targets
des SDG 6.
// Tab. O_6-11_ 1 : De-
scription of the impacts of
Option 6.11 on the Targets
of SDG 6.7
06_11 / Förderung von Transformationsprozessen durch Co-Design und Co-Creation06_11.1 Ziele der Option
Die Option zielt auf die Erreichung aller Targets von
SDG 6 ab, indem die notwendigen Transformationen nicht von einer kleinen Grup –
pe aus Entscheidungsträger_innen und Planer_innen entworfen, verordnet und um –
gesetzt werden, sondern die vorhandene Weisheit der Vielen (Surowiecki, 2004)
mobilisiert wird. Nach Surowiecki (2004) sind f ür die Aufgaben der Gesellschaft
der Zukunft Expert_innen und (Meinungs-) Führer_innen eher das Auslaufmodell.
Surowiecki belegt die Weitsicht, Intelligenz und Effektivität großer Gruppen und
macht einsichtig, dass und warum ganz normale Leute in der Lage sind, sich in
einer Gemeinschaft erfolgreich zu organisieren und sich selbst zu verwalten.
Schon die Entwicklung von Lösungsansätzen soll ge –
meinschaftlich in einer möglichst diversen und breiten Gruppe von Stakeholder_in –
nen geschehen (auch als Co-Design bzw. Co-Creation bezeichnet) und damit die
Umsetzung wesentlich erleichtern und beschleunigen.
06_11.2 Hintergrund der Option
Prinzipiell ist der Ansatz Co-Design und Co-Creation
für jede Transformation hilfreich (Schönhuth & Jerrentrup, 2019). Im SDG 6 geht
es beispielsweise um die Einführung von Konzepten und Praktiken von schlecht
beleumundeten bzw. mit Tabus belegten Inhalten, wie kreislauforientierte Konzepte
zur Effizienzsteigerung in der Wassernutzung. Partizipatorische Ansätze ermög –
lichen ein Aufbrechen solcher Tabus.
Die aktuelle Praxis in der Wasserwirtschaft mobili –
siert bislang nur geringfügig zur Transformation. Zudem erfolgen Planungen wie
beispielsweise die Entwicklung kreislauforientierter siedlungswasserwirtschaft –
licher Lösungen in Stadterweiterungsgebieten oft ohne Einbindung der betroffenen
Personengruppen, da die Verantwortung für Lösungen meist einer Gruppe von
Expert_innen übertragen wird.
Veränderungsdruck:
–Die bestehenden Strukturen der Planung und Entscheidungsfindung bedingen
gewisse Lösungen. Um neue Lösungen zu ermöglichen, müssen auch die Pla –
nungs- und Umsetzungsprozesse geändert werden;
–Die Akzeptanz notwendiger Transformationen, welche die Nutzer_innen von
Infrastruktur direkt betreffen, ist nur unter Beteiligung dieser Nutzer_innen am
Entwicklungsprozess möglich (Scherhaufer, Höltinger, Salak, Schauppenlehner &
Schmidt, 2017);
–Die Notwendigkeit, alle Bevölkerungsgruppen und die Wirtschaft in Planungen
zu berücksichtigen, was durch die Planung von Fachleuten nicht ausreichend
erreicht wird;
–Klimawandel, Ressourcenverknappung und Problemstoffe: hydrologische Verän –
derungen – Dargebot & Abfluss (Neunteufel, Schmidt & Perfler, 2017), CO2-Emis –
41 https://www.susana.org/en/Was du mir sagst, vergesse ich …
Was du mir zeigst,
daran erinnere ich mich …
Was du mich tun lässt, verstehe ich.
Konfuzius
Optionen und Maßnahmensionen bei der Produktion von Stickstoffdünger, N2O-Produktion in Kläranlagen;
–neu wahrgenommene Problemstoffe (Spurenstoffe, Mikroplastik …) (Eggen, Hol –
lender, Joss, Schärer & Stamm, 2014; Lechner et al., 2014; Steffen et al., 2015);
–Die zukünftige Notwendigkeit Schwarmintelligenz zu nutzen.
06_11.3 Optionenbeschreibung
06_11 .3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
Partizipation gehört zu den zentralen Grundlagen
einer Demokratie, bezieht Bürger_innen in Planungs- und Entscheidungsprozesse
ein und beruht immer auf Freiwilligkeit. Politik und Verwaltung sollten Partizipa –
tionsinteressen und -bereitschaft durch breite Partizipationsangebote unterstützen
und fördern. Partizipationszwecke können sowohl das Initiieren, Vorbereiten und
Treffen von Entscheidungen als auch die Teilhabe an deren Ausführung und Ge –
lingen sein (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, 2012).
Um die in den Optionen des SDG 6 definierten Trans –
formationsprozesse erfolgreich zu initiieren und umzusetzen sind Methoden zur
gemeinsamen Entwicklung dieser Prozesse unter Einbindung aller betroffenen
Personengruppen einzusetzen. Diese Methoden haben sich in siedlungswasser –
wirtschaftlichen Projekten in der EZA bereits vielfach bewährt1.
Das Einsetzen von Bürger_innenräten, Planungs –
zellen, Zukunftsräten, Nachbarschafts- oder auch Kinderparlamenten etc. ermög –
lichen oftmals die Ausarbeitung und Umsetzung von Lösungswegen wo klassische
Planungsweisen bereits an ihre Grenzen gestoßen sind (Büro für Zukunftsfragen,
2014).
Die Methoden zur Einbindung von Stakeholder_innen –
interessen in Planungsprozesse sind dabei vielfältig. Es können ganz einfache
Methoden wie Umfragen, Begehungen des Planungsareals mit den Betroffenen
eingesetzt werden. Möglich sind auch Planspiele bzw. sogenannte Serious Games,
die spielerisch dazu anregen, darüber zu reflektieren, welche Konsequenzen Ent –
scheidungen mittel- bzw. langfristig haben können. Darüber hinaus bekommen die
spielenden Planer_innen dadurch die Effekte von Transformationsprozessen an –
schaulich präsentiert (Centre for Systems Solutions, 2018). Planspiele eignen sich
auch besonders, um junge Menschen mit einem Thema vertraut zu machen.
Eine weitere Methode zur Stakeholder_innenein –
bindung in Planungs- oder Transformationsprozesse ist die Nutzung der Multi –
kriteriellen Entscheidungsanalyse (MCDA) um die für alle beteiligten beste
Planungsalternative unter Berücksichtigung vielfältiger und oft konträrer Stakehol –
der_inneninteressen objektiv abzuleiten.
Wesentlich für den Erfolg von Co-Design bzw. Co-
Creation Projekten ist der Einsatz von Mediator_innen bzw. Moderator_innen,
welche durch den Prozess führen. Um die oben erwähnten Methoden zu erlernen
ist für die Kommune, die meist nicht damit vertraut ist, mitzugestalten bzw. Ent –
scheidungen zu treffen, ein Lernprozess notwendig. Dazu eignen sich Methoden
wie World Cafés, Open Space Technology , gemeinsame Kunst, Theater, Zukunfts –
werkstätten – um Ideen gemeinsam zu entwickeln.
51 https://www.susana.org/en/
06_11 / Förderung von Transformationsprozessen durch Co-Design und Co-CreationWeitere methodische Ansätze, die Co-Creation
fördern und Stakeholder_innen motivieren an Transformationsprozessen teilzuneh –
men, sind Soziokratie, systemisches Konsensieren, Wettbewerbe sowie Auszeich –
nungen.
Folgende Maßnahmen sind zu treffen, damit diese
Werkzeuge und Verfahren zur Anwendung kommen. Die Beiziehung von ausgebil –
deten Fachkräften für die Begleitung der Prozesse ist dabei unumgänglich.
–Erstellen eines Verzeichnisses von Moderator_innen mit Erfahrung in der Beglei –
tung von Transformationsprozessen im Co-Design/Co-Creation ;
–Einrichtung von Ausbildungsprogrammen für Moderator_innen im Kontext zu Co-
Design/Co-Creation für Transformation ;
–Aufnahme gemeinschaftlicher Prozesse (Lösungs-, Entscheidungsfindung, Co-
Design/Co-Creation etc.) in die Ausbildung zukünftiger Pädagog_innen, Wasser –
wirtschafter_innen sowie Unternehmensberater_innen;
–Verstärkter Einsatz gemeinschaftlicher Prozesse (Lösungs-, Entscheidungsfin –
dung, Co-Design/Co-Creation etc.) als pädagogische Konzepte in der primären
und sekundären Bildung;
–Co-Design/Co-Creation Prozesse als Voraussetzung für Förderungen von Was –
serwirtschaftsprojekten;
–Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen in Kommunen durch Abhaltung
von Informationsveranstaltungen und Einsetzen von Partizipationsbeauftragten;
–Abhaltung von Informationsveranstaltungen, um Potentiale und Ansätze von
Co-Creation zur Förderung einer nachhaltigen Wasserwirtschaft zu vermit –
teln;
–Rahmenbedingungen (z. B. Partizipationsbeauftragte) schaffen, um Anregun –
gen von Stakeholder_innen aktiv aufzugreifen und in einen Co-Creation -Pro-
zess zu integrieren.
Potenzielle Konflikte und Systemwiderstände (Lang et al., 2012):
–Je nachdem, welche Rolle die Wissenschaft einnimmt, kann die derzeitige Funk –
tionslogik des wissenschaftlichen Systems als Barriere identifiziert werden;
–Barrieren können außerdem sein: fehlende/mangelnde Ressourcen (Zeit, Geld
etc.);
–Unregelmäßige Partizipation -> Aufrechterhalten der Motivation, sich einzubrin –
gen;
–Konflikte zwischen Wissenschaftler_innen und gesellschaftlichen Akteur_innen
(unterschiedliche Vorstellungen, Erwartungshaltungen, Fehlen einer gemeinsa –
men Sprache etc.).
6
Optionen und Maßnahmen7
6-2Einführung dezentraler, ressourcenorientierter Sanitärsysteme, eine Umstellung,
die nur unter Einbindung aller Stakeholder_innen (Behörden, Planer_innen, Was –
ser- und Abwasserbetriebe, Nutzer_innen der Sanitärsysteme und der gewonne –
nen Stoffe) möglich ist.
6-4Steigerung der Wassereffizienz in den Sektoren Landwirtschaft, Kommune und
öffentliche Versorgung erforderlich, zunehmender Wasserressourcendruck in
Teilen Österreichs führen zu Konkurrenz bei Wassernutzung – zur Vermeidung
von Konflikten sowie zur nachhaltigen Nutzung der österreichischen Wasser –
ressourcen sind gemeinschaftliche und sektorenübergreifende Projekte und
Prozesse nötig.
6-5IWRM ist prinzipiell eine Aufgabe die nur unter Beteiligung aller Stakeholder_in –
nen zu bewältigen ist. Dafür sind die hier beschriebenen Ansätze sehr hilfreich.

6-6Bei der Wiederherstellung wasserverbundener Ökosysteme, die für manche
Stakeholder_innen auch mit einem Verzicht auf Flächen einhergeht, können par –
tizipative Prozessen ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Konsensfindung sein.
6-aIn Projekten der EZA geht es definitionsgemäß um Transformation, weshalb der
Ansatz der Beteiligung aller Stakeholder_innen eine Grundvoraussetzung der
Projekte ist. Die dort gemachten Erfahrungen können also helfen, den Ansatz
auch auf Österreich möglichst reibungslos zu übertragen.
6-bPartizipative Prozesse sowie transdisziplinäre Ansätze, wie sie in dieser Option
beschrieben werden sind notwendig, um 6-b zu realisieren.
Tab. O_6-11_ 1 : Beschreibung der
Wirkung der Option 6.11 auf die
Targets des SDG 6. // Tab. O_6-11_ 1 : Description of
the impacts of Option 6.11 on the
Targets of SDG 6Wirkung Target
06_11 / Förderung von Transformationsprozessen durch Co-Design und Co-Creation06_11 .3.2 Erwartete Wirkungsweise
Transformationsprozesse können nur unter Beteiligung aller Betroffenen von An –
fang an, schon ab der Planung, erfolgreich sein.
06_11 .3.3 Bisherige Erfahrungen
mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
Internationale sowie nationale Projekte zeigen, dass
Partizipation die Nachhaltigkeit von Projekten in der Siedlungswasserwirtschaft
durch eine stärkere Identifikation sowie das Gefühl der Eigentümer_innenschaft
an der entstandenen Infrastruktur fördert (Das, 2014; Marks & Davis, 2012). Der
Gewässerbewirtschaftungsplan bespricht die Beteiligung des Gemeinwesens (Sta –
keholder_innen – Wer sind die Akteur_innen?) als wichtige Maßnahme – z. B. IRIS
– aber in der Umsetzung sind noch Defizite erkennbar – siehe Wasserfußabdruck.
Die Neue Leipzig-Charta bietet einen politischen
Rahmen, um die europäischen und internationalen Abkommen ( Agenda 2030 etc.)
auf städtischer Ebene zu berücksichtigen und umzusetzen (eu2020.de, 2020). In
den Leitlinien der Neuen Leipzig-Charta werden zudem fünf Prinzipien gute urbane
Governance angeführt: die Gemeinwohlorientierung, der integrierte Ansatz, Beteili –
gung und Koproduktion, die Mehrebenenkooperation und der ortsbezogene Ansatz.
Im Kontext des Water-Food-Energy Nexus haben
beispielsweise Cabello, Romero, Musicki, Guimares Pereira und Peate (2021)
Quantitative Storytelling (QST) als einen Partizipationsprozess nachweislich erfolg –
reich eingesetzt. Sie schlossen aus ihrer Studie in Teneriffa, dass das Potenzial
von QST in der Fähigkeit der Methode liegt, (a) verschiedene Wissensquellen, ein –
schließlich lokalen Wissens, zu bündeln; (b) sowohl qualitative als auch quantitati –
ve Informationen über die nachhaltige Nutzung lokaler Ressourcen zu kombinieren
und (c) gemeinsam Ideen zu wünschenswerten und tragfähigen sozio-technischen
Wegen zu entwickeln.
Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Partizipation sind
die in Vorarlberg eingesetzten Bürgerräte. Diese nützen erfolgreich die Schwarm –
intelligenz ganz unterschiedlicher Beteiligter, was die Tragfähigkeit und Umsetzbar –
keit der erarbeiteten Lösungen erhöht (Oppold, 2016). In diese Richtung geht auch
die Soziokratie, die alle Betroffenen in die Ideenentwicklung und Entscheidungs –
findung bis zur fertigen Umsetzung von Veränderungsprozessen über ein von ihr
erarbeitetes Verfahren einbindet (Eckstein, 2016).
Das Verfahren des Transition Pathway bietet einen
vollständigen Ansatz für die Transformation einer großen Gruppe von Menschen,
einer ganzen Gemeinde zum Beispiel.
Anknüpfungspunkte findet man auch unter dem
Schlagwort Citizen Science2 oder im Reallabor-Netzwerk Reallabore3.
06_11 .3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
Zu den kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen zählt
das Erstellen eines Verzeichnisses von Moderator_innen mit Erfahrung in der
Begleitung von Transformationsprozessen im Co-Design/Co-Creation . Dieses
Verzeichnis ist die Grundlage für eine erfolgreiche Förderung von Transforma –
tionsprozessen in der (Siedlungs-)wasserwirtschaft durch Co-Creation -Projekte.
Zusätzlich sind bereits kurzfristig Informationsveranstaltungen mit einem breiten
82 https://www.citizen-science.at/
3 https://www.reallabor-netzwerk.de/
Optionen und MaßnahmenTeilnehmer_innenkreis (Behörden, Bevölkerung, Gemeindebund etc..) abzuhalten,
um Potentiale und Ansätze von Co-Creation zur Förderung einer nachhaltigen
Wasserwirtschaft zu vermitteln.
Darauf aufbauend kann die Festlegung von Co-Creati –
on-Prozessen als Voraussetzung für Förderungen von Wasserwirtschaftsprojekten
umgesetzt werden (kurz- bis mittelfristig).
In den Kommunen sind mittelfristig Rahmenbedingun –
gen (z. B. Partizipationsbeauftragte) zu schaffen, um Anregungen von Stakehol –
der_innen aktiv aufzugreifen und in einen Co-Creation -Prozess zu integrieren, die
Bereitschaft dazu kann ebenfalls über die oben angeführten Informationsveranstal –
tungen initiiert werden.
Mittelfristig müssen Ausbildungsprogramme für Mo –
derator_innen im Kontext zu Co-Design/Co-Creation speziell für die Förderung
von Transformationsprozessen eingerichtet werden. Zusätzlich sind gemeinschaft –
liche Prozesse zur Lösungs-, Entscheidungsfindung aber auch bei der Umsetzung
von Projekten unterschiedlicher Art in die Ausbildung zukünftiger Pädagog_innen,
Wasserwirtschafter_innen sowie Unternehmensberater_innen mittelfristig aufzu –
nehmen, um langfristig einen selbstverständlichen Umgang mit gemeinschaft –
lichen Prozessen auf möglichst vielen Ebenen und in möglichst vielen Berufen zu
erreichen.
Die Basis dafür bildet auch der verstärkte Einsatz
gemeinschaftlicher Prozesse (Lösungs-, Entscheidungsfindung, Co-Design/Co-
Creation etc.) als pädagogische Konzepte in der primären und sekundären Bildung.
Dies ist ebenfalls mittelfristig umzusetzen, um langfristig die gewünschte Wirkung
zu erreichen.
Langfristig sollten Evaluierungsmethoden entwi –
ckelt und eingesetzt werden, die es erlauben, den Erfolg von gemeinschaftlichen
Prozessen hinsichtlich deren Potential zur Nachhaltigkeitstransformation bzw. zur
Realisierung von SDG Targets zu messen.
06_11 .3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
Auch in SDG 11 wurden bereits Dokumente zur ver –
stärkten Nutzung transdisziplinärer Ansätze formuliert. In SDG 11_5 Zwischenräu –
me für gemeinschaftlich-inklusive Quartiersgestaltung (urban commoning) ist das
Thema Einbindung der Betroffenen/Nutzer_innen einen zentralen Punkt. Zusätzlich
wird in Option 11.11 Common Space: Quartiersorientierte Alltagsökonomie und Ko-
Produktion inklusiver Grünräume das Thema Transdisziplinarität behandelt.
06_11 .3.6 Interaktionen mit anderen SDGs
Im Zusammenhang mit der verbesserten Einbindung
des Gemeinwesens steht nicht so sehr die Wechselwirkung dieser Option mit an –
deren SDGs im Vordergrund, sondern die Tatsache, dass letztlich die Erreichung
aller SDGs eine fundamentale gesellschaftliche Transformation verlangt, die in
allen Bereichen von Konzeption, Planung, Entscheidungsfindung, Durchführung
und Nutzung stattfinden muss. Ein wichtiger Aspekt dieser Transformation, der für
alle SDGs zu erwarten ist, betrifft die verbesserte Einbindung des Gemeinwesens
in den Prozess von Planung bis Nutzung der veränderten Einrichtungen und des
Wandels der Lebensgewohnheiten.
Ein gezielter Wandel zu nachhaltigerem Verhalten und
zu nachhaltigen Systemen und Einrichtungen, wie ihn die SDGs voraussetzen, ist
9
06_11 / Förderung von Transformationsprozessen durch Co-Design und Co-Creationnur gemeinsam möglich. Neben den expliziten Zielen in SDG 16, starke Institu –
tionen einzurichten, und in SDG 17, Partner_innenschaften zu schaffen, ist dies
eigentlich ein Querschnittsthema aller SDGs, wenn auch gerade SDG 6, das relativ
heikle Themen wie die Sanitärversorgung behandelt, die Einbindung besonders
nötig hat.
Die Erfahrung aus EZA-Projekten zu Sanitärversor –
gung (Lüthi, Morel, Tilley & Ulrich, 2011) hat bisher schon gezeigt, dass Trans –
formationen gerade auf dem Gebiet der Sanitärversorgung, selbst wenn sie von
einem für alle untragbaren Zustand zu modernen und bequemen Einrichtungen
führen, nicht erfolgreich sind, weil sie nicht genutzt werden, oder nicht richtig ge –
nutzt werden und damit schnell unansehnlich werden. Einer der Hauptgründe dafür
ist dann meist, dass entscheidende Aspekte der Lebensrealität der Betroffenen
ignoriert werden, weil diese nie angesprochen wurden. Dies wiederum liegt daran,
dass gerade Details der Sanitärversorgung nicht leicht öffentlich oder mit fremden
Planer_innen zu besprechen sind (van der Geest, 2007). Dies ist nur ein Beispiel,
warum es im Wasserbereich besonders wichtig ist, alle Stakeholder_innen in den
gesamten Transformationsprozess einzubinden.
Letztlich gilt für eine nachhaltige Wasserwirtschaft
(SDG 6) gleiches, wie es das Konzept der 2000-Watt-Gesellschaft für den
Energiebereich (SDG 7) postuliert: „ Die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft sollen
durch ein bewusstes Konsumverhalten (Suffizienz), eine höhere Energieeffizienz
und die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien erreicht werden “ (Ener –
gieSchweiz, o.J.). Das Konsumverhalten ist ohne Einbindung aller Konsument_in –
nen, das sind Einzelpersonen, Betriebe und Verwaltungen als konsumierende
Organisationen, in die Entwicklung von akzeptierten Lösungen nicht zu ändern.
Ansätze, die eine wirksame Einbindung der Nutzer_in –
nen in Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse erlauben, sind im Allgemeinen
nicht auf einen Einsatzbereich beschränkt. Wenn diese Ansätze für ein Ziel ent –
wickelt wurden, können sie mit wenig Anpassung auch für andere Ziele verwendet
werden. Letztlich kann auch zunehmend eine über alle SDGs integrierte Herange –
hensweise im Zusammenwirken aller Stakeholder_innen gewählt werden.
Dies f ördert das Selbstbewusst sein und die Selbst –
wirksamkeit der Bevölkerung (SDG 4, SDG 5, SDG 10, SDG 16).
06_11 .3.7 Offene Fragestellungen
–Werkzeuge und Formate für Co-Creation -Prozesse, die tatsächlich wirksam zu
Umsetzungen führen und auf die unterschiedlichen Zielgruppen zugeschnitten
sind;
–Messung/Evaluierung der Wirksamkeit von transdisziplinären/partizipativen Pro –
zessen;
–Einbindung von Co-Creation in die Lehre, so dass auch dabei schon solche Pro –
zesse eingesetzt werden;
–Co-Creation auf unterschiedlichen Ebenen bearbeiten: Gebäude-, Stadtquartier-,
Stadt- und Bundesebene, welche Stakeholder_innen sind auf den unterschied –
lichen Ebenen in die partizipativen und transdisziplinären Prozesse einzubinden,
um (wasserwirtschaftlich) nachhaltige Systeme zu entwickeln und umzusetzen
und einen Bedarf für die nötigen Transformationsprozesse zu erzeugen und mög –
liche Widerstände dagegen klein zu halten und bestmöglich zu überwinden;
–Entwicklung von Formaten und Strukturen für transsektorales Arbeiten auf Bau –
stellen, in Stadt- und Landesverwaltungen und auf ministerieller Ebene.
10
Optionen und Maßnahmen11Literatur
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