Option_05_04_20231119_182335.txt

Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und nachhaltige
Entwicklungsziele
Von den Optionen zur Transformation1
05_04 / Flächendeckende Verankerung von gendersensibler Elementarpädagogik05_04Autor:
Maciej Palucki (Technische Universität Wien)
Co-Autorin:
Brigitte Ratzer (Technische Universität Wien)
Reviewerin:
Caroline Weberhofer (Universität Klagenfurt)Flächendeckende Verankerung von gen –
dersensibler Elementarpädagogik
2
3 0 5_04.1. Ziele der Option
3 05_04 .2. Hintergrund der Option
7 0 5_04 .3. Optionenbeschreibung
7 0 5_04 .3.1. Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
8 0 5_04 .3.2. Erwartete Wirkungsweise
8 0 5_04 .3.3. Bisherige Erfahrungen mit dieser Option oder ähnlichen
8 0 5_04 .3.4. Zeithorizont der Wirksamkeit
8 0 5_04 .3.5. Interaktionen mit anderen Optionen
9 LiteraturTarget 5.1
Inhalt
Von den Optionen zur Transformation05_04.1. Ziele der Option
Das Target 5.1 zielt darauf ab alle Formen der Diskri –
minierung von Frauen und Mädchen zu beenden . Diskriminierungen sowie unglei –
ches Empowerment und ungleiche Partizipationsmöglichkeiten beginnen bereits
im Kindesalter. Daher ist es unabdingbar, bereits im Kindergarten geschlechtssen –
sible Pädagogik zu implementieren. Damit sollen in der Gesellschaft verankerte
Geschlechterstereotypen abgebaut und eine Verbesserung der Teilhabechancen
bzw. Berufschancen erzielt werden. Dies kann nur erreicht werden, wenn der
Kindergarten als eigenständige Bildungseinrichtung etabliert und aufgewertet wird
und wenn das Personal eine gute Ausbildung und eine gute Entlohnung erhält. Um
Empowerment und Partizipation aller Kinder zu fördern, sind auch mehr Männer in
der Elementarpädagogik wichtig.
Derzeit sind Kindergärten Ländersache. Es gibt im
Vergleich zwischen, aber auch in den Bundesländern selbst, unterschiedliche Qua –
litätsstandards. Mit einer Kompetenzverlagerung auf die Bundesebene wäre die
Vereinheitlichung von Qualitätsstandards einfacher.
Somit braucht es inhaltliche, strukturelle und personelle Maßnahmen, um die Ziele
der Option zu erreichen.
05_4.2. Hintergrund der Option
Die Teilhabechancen sind in unserer Gesellschaft
nach wie vor ungleich verteilt, Berufe nach wie vor geschlechtsspezifisch se –
gregiert und ungleich bewertet. So arbeiten in systemrelevanten Berufen über –
proportional viele Frauen und Migrant_innen, wie eine Studie des Instituts SORA
im Auftrag der AK zeigt. Besonders groß ist das Ungleichgewicht im Bereich der
Elementarpädagogik: In der Kinderbildung sind 88 % der Beschäftigten Frauen.
Das niedrige Lohnniveau schlägt sich im Gender Pay Gap und Gender Pension
Gap nieder (Schönherr & Zandonella, 2020).
Veränderungsprozesse in Bezug auf Geschlecht
geschehen nicht von selbst. Voraussetzung für Veränderung ist Bewusstheit . Ge-
meint ist damit die Unbewusstheit in Bezug auf Geschlechterverhältnisse und
stereotype Geschlechterzuschreibungen, die Auseinandersetzung mit Geschlech –
terordnung und inwieweit die Gesellschaft diese stets produziert und reproduziert
(Rendtorff, 2017).
Erkenntnissen der Sozialisationsforschung zufolge soll
so früh wie möglich mit einer bewussten emanzipatorischen Erziehung begonnen
werden, um damit Geschlechterstereotype aufzubrechen, um wiederum die Teil –
habechancen aller Kinder für die Zukunft zu vergrößern (Schneider, 1999).
„Der Kindergarten ist die erste Bildungseinrichtung
in unserem Bildungssystem“ (Fassmann, 2020). Dass die ersten Bildungsjahre
eines Kindes entscheidend sind, zeigt auch die empirische Bildungsforschung und
-ökonomie klar auf (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
(BMBWF), 2018).
Je eher also mit der gendersensiblen Pädagogik be
gonnen wird, desto effektiver sind die Ergebnisse.
Unter Geschlechterstereotypen versteht man kognitive
Strukturen, die sozial geteiltes Wissen über die charakteristischen Merkmale von
Frauen und Männern enthalten (Ashmore & Del Boca, 1979; Eckes, 1997). Anders
als etwa Stereotype über Menschen unterschiedlicher ethnischer oder nationaler
31
Herkunft haben Geschlechterstereotype sowohl deskriptive (z. B. Frauen sind
emotional und helfend; Männer sind zielstrebig und nach Macht strebend) als auch
präskriptive (Frauen sollen emphatisch sein, Männer sollen dominant sein) Anteile
(Fiske & Stevens, 1993). Letztere dienen einer Zuordnung, wie Frauen und Männer
idealweiser oder normativ (nicht) sein sollten (Eagly, 1987).
Wenn diese Annahmen nicht bestätigt werden, äußert
sich die Reaktion oftmals in Ablehnung, Sanktion und Konfusion (Prentice &
Carranza, 2003). Anders formuliert: „Geschlechterstereotype sind in hohem Maße
änderungsresistent“ (Eckes, 2010, S.178).
Mit einer geschlechtssensiblen Erziehung und Päda –
gogik wird die Ausprägung von Geschlechterstereotypen verhindert und damit wer –
den einerseits die Interessen der Kinder nicht geschlechtsspezifisch beschränkt
und andererseits die Teilhabechancen für die Zukunft vergrößert.
Dabei ist es wesentlich, die gendersensible Päda –
gogik intersektional zu denken (Walgenbach, 2012). Unter Intersektionalität wird
verstanden, dass soziale Kategorien wie Gender, aber auch Ethnizität, Nationalität
oder soziale Herkunft nicht isoliert voneinander konzeptualisiert werden können,
sondern in ihren Verschränkungen, den Intersektionalitäten, analysiert werden
müssen. Geschlecht ist eine zentrale soziale Kategorie, die verwoben mit anderen
Kategorien (der sozialen Ungleichheiten) zu betrachten ist. Je nach Zugehörigkeit
und Verschränkung kann es zu Mehrfachdiskriminierung, Exklusion und damit zu
ungleichen Teilhabechancen kommen.
Während das Kind im Alter bis zu zwei Jahren noch
kein konstantes Verständnis des eigenen Geschlechts hat und glaubt, dass es sein
Geschlecht beliebig austauschen kann, befindet sich die kognitive Entwicklung des
Kindes im Alter von drei bis sechs Jahren auf der Stufe eines rigiden Geschlech –
terrollenkonzepts (Kasüschke, 2004).
Zentral sind neben den Inhalten der Gender-Pädagogik
im Kindergarten auch ein Anstieg des Anteils der männlichen Kindergartenpädago –
gen mit dem langfristigen Ziel einer Geschlechterparität bei Elementarpädagog_in –
nen. Zwar machen immer mehr Männer die Ausbildung zum Kinderpädagogen,
der Anteil der Männer jedoch in der Elementarpädagogik stagniert seit den 1980er
Jahren und liegt bei Krippen und Kleinkindeinrichtungen bzw. Kindergärten bei 2 %
(Der Standard, 2021).
Unter der Prämisse, dass für alle Kinder im Kindergar –
ten Frauen die primären Bezugspersonen sind, stellt Nancy Chodorow (1985) die
These auf, dass dies für männliche und weibliche Kinder unterschiedliche Folgen
hat: Mädchen erleben ihr weibliches Role Model , die Elementarpädagogin, im Kin –
dergarten hautnah und können sich damit identifizieren. Buben hingegen suchen
ihren Weg in der Ablösung und entwickeln ihr psychisches Männerbild im selbst –
erzeugten Gegenentwurf. Mit dieser Rollenverteilung wird der weibliche Sozial –
charakter in seiner Primärzuständigkeit immer wieder neu reproduziert (Chodorow,
1985).
Ein höherer Männeranteil in der Elementarpäda –
gogik ist deshalb von Relevanz. Beginnen Burschen bzw. Männer eine solche
Ausbildung, wird ihnen oftmals mit Vorurteilen und Misstrauen begegnet. Dieses
erscheint in drei Formen: die diffus-stereotype Annahme mit den Burschen oder
Männern stimme etwas nicht , die stereotype Annahme die Burschen bzw. Männer
seien schwul und der faktenfreie Verdacht, diese Burschen bzw. Männer seien
pädophil bzw. potentiell pädophil (Aigner & Rohrmann, 2012). Umso wichtiger ist
der Abbau von Geschlechterstereotypen.
4 05_04 / Flächendeckende Verankerung von gendersensibler Elementarpädagogik
Von den Optionen zur TransformationGrundsatzerlass: Abbau von
Geschlechtsstereotypen
Der Abbau von Geschlechtsstereotypen ist auch im
Grundsatzerlass des BMBWF (2018) verankert. Der Erlass bietet „Schulen einen
Rahmen für die Umsetzung des Unterrichtsprinzip „Reflexive Geschlechtspädago –
gik und Gleichstellung …“ Das Unterrichtsprinzip soll dazu beitragen, einen profes –
sionellen und reflektierten Umgang mit der Dimension des Geschlechts in der von
heterogenen Lebenswelten geprägten Schule zu entwickeln und zwar auf Grund –
lage des verfassungsmäßig verankerten Gleichstellungs- und Antidiskriminierungs –
auftrags“ (BMBWF, 2018, S. 3). Die staatlichen Einrichtungen haben demnach die
Verpflichtung, durch geeignete und präventive Maßnahmen auch im Bildungsbe –
reich die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, insbesondere auch durch den
Abbau von kulturell tradierten Geschlechtsstereotypen und patriarchalen Rollen –
zuweisungen.
Das Unterrichtsprinzip soll demnach dazu beitragen (BMBWF, 2018):
–Vorurteile abzubauen;
–Geschlechterstereotype Zuweisungen zu überwinden;
–Vorurteile gegenüber Buben, die sich für Ausbildungen im sozialen, Erziehungs-
und Gesundheitsbereich interessieren, abzubauen;
–Vorhandene Potenziale von Mädchen und Frauen im MINT-Bereich (Mathematik,
Informatik, Naturwissenschaften, Technik) besser zu aktivieren;
–Differenziertes Denken zu entwickeln auch im Verständnis der Vielfalt der Ge –
schlechter und Geschlechteridentitäten;
–Geschlechtersegregationen in Bildung, Arbeitswelt und Gesellschaft zu minimie –
ren und damit Teilhabechancen von Manchen zu verbessern;
–Zu einem höheren Maß an Selbstbestimmung der eigenen Gesundheit im Sinne
der WHO und der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG 5) zu befähigen.
Im Folgenden werden Good-Practice- Beispiele für
Elementarpädagogik in Europa vorgestellt, ehe auf den Kontext Österreich ein –
gegangen wird.
Kontext Island
Das Hjalli -Modell wird in 14 Kindergärten und drei
Grundschulen des Landes angewandt. Das Ziel ist ein healthy and powerful gen-
der self image für alle Geschlechter. Damit finden in den Klassen keine Rollenver –
teilungen statt. Mit dieser wird – in gemischten Klassen – der weibliche Sozial –
charakter in seiner Primärzuständigkeit immer wieder neu reproduziert (Chodorow,
1985). Obwohl beim Hjalli -Modell Mädchen und Jungen für den überwiegenden
Teil eines Tages nach Geschlechtern getrennt werden, liegt der Fokus auf dem
Gemeinsamen: Beiden wird gleichberechtigter Zugang zu Räumen, Material und
Aufmerksamkeit der Pädagog_innen gesichert. Die Geschlechtertrennung ist
dem Modell zufolge nicht der entscheidende Faktor, sondern die geschlechts –
sensible Pädagogik: Es werden kompensatorische Angebote gemacht, mit denen
geschlechtstypischen Einschränkungen entgegengewirkt werden soll. Mädchen
erhalten mehr Individualtraining , in dessen Mittelpunkt Wagemut, Unabhängigkeit,
Positivität und Selbstbewusstsein ( daring ) stehen; Jungen erhalten mehr Sozialtrai –
ning mit den Schwerpunkten Wertschätzung, Kommunikation, Nächstenliebe und
Solidarität ( caring ). Die Geschlechtertrennung ist nicht das Ziel, sondern der Weg
zum Ziel eines gleichberechtigten und respektvollen Umgangs der Geschlechter,
wie es heißt. Gründerin Marget Pála Ólafsdóttir beschreibt als Erfolg, dass Mäd –
chen nach der Ausbildung mehr aus sich herausgehen, selbstbewusster sind und
ihre Stimme finden. Jungen seien danach fürsorglicher und ruhiger. Das Hjalli -Mo-
5
dell wurde auch nach Norwegen und Schweden exportiert.
In einem Expert_innen-Gespräch, das im Oktober
2020 mit Elementarpädagog_innen des Kindergartens Degengasse in Wien-Ot –
takring geführt wurde, zeigte sich, dass der Ansatz der temporären Trennung der
Geschlechter und der damit verbundenen Schwerpunktsetzung auf Individual-
bzw. auf Sozialtraining positiv rezipiert wurde. Es wurde in dem Interview darauf
hingewiesen, dass die Trennung der Geschlechter (nach dem Hjalli -Modell) eine
temporäre sein muss, zum Beispiel nur am Vor- oder Nachmittag.
Kontext Schweden
In Schweden existiert mit Egalia ein weiteres gender –
sensibles Kindergartenmodell. Dieses Modell zielt nach Eigendefinition auf die
Entwicklung von Fertigkeiten, Wissen und Gefühlen unabhängig vom Geschlecht
ab. Anders als Hjalli wird die Binärität der Geschlechter dadurch aufgelöst, dass
auf geschlechtsspezifische Bezeichnungen wie Jungen/Buben oder Mädchen und
die damit verbundenen Pronomen verzichtet wird. Stattdessen wird von Kindern
gesprochen, auf individueller Ebene werden diese ausschließlich mit dem Namen
angesprochen. Der Kindergarten, der sich an Kinder von eins bis sechs Jahren
richtet, sieht sich als Ort ohne Rollenklischees und ohne Geschlechterbinarität.
Die normkritische pädagogische Einrichtung Egalia ist von der Schwedischen Fö –
deration für LGBTIQ-Rechte zertifiziert (Martinsson, 2020).
Kontext Wien/Österreich
Elementarpädagogik ist in Österreich Angelegenheit
der Länder. In der Bundeshauptstadt Wien gibt es Modellprojekte und Standards
für geschlechtssensible Pädagogik in städtischen Kindergärten. Das Konzept des
Gendersensiblen Kindergartens besteht aus vier Säulen: Personalkonzept, Raum –
konzept, Planung & Reflexion und Elternarbeit. Es gibt im Konzept auch Maß –
nahmen und Aktivitäten, die von einem Geschlecht eher gemieden werden; durch
gezielte Angebote werden diese in geschlechtsgetrennten Gruppen gefördert
(eine Anknüpfung an das isländische Modell). Festgehalten wird von der Abteilung
Kindergärten der Stadt Wien (MA 10) hier auch, dass das Betreuungspersonal den
Kindern unterschiedliche Rollenbilder vorlebt und dass eine bewusstere Bücher-
und Liederauswahl sowie Flexibilität beim Spielzeug wichtig seien.
Politischer Diskurs
Im Gegensatz zu Schulen, die im Zuständigkeitsbe –
reich des Bundes sind, befinden sich Kindergärten, wie bereits an voriger Stelle
erwähnt, in Länderkompetenz. Im Elementarpädagogik-Diskurs sprechen sich die
Sozialpartner_innen und die Industriellenvereinigung für bundesweit einheitliche
Rahmenbedingungen und die Verlagerung der Kompetenzen zum Bund aus (AK
Wien, 2018). Neustart Schule (2020), eine von der Industriellenvereinigung gegrün –
dete Initiative, fordert Neustrukturierungen im Bildungsbereich und verortet mas-
siven Reformbedarf in der Elementarbildung bei Kompetenzen und Rahmenbedin –
gungen: Die bis dato je nach Bundesland unterschiedliche Ausbildungsstandards,
Betreuungsschlüssel und verschiedene Gehaltssysteme sollen vereinheitlicht
werden. In Struktur und Personal soll wesentlich mehr investiert werden, lautet die
Forderung der Initiative.
6 05_04 / Flächendeckende Verankerung von gendersensibler Elementarpädagogik
Von den Optionen zur Transformation05_04.3 Optionenbeschreibung
05_04.3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
Die Option enthält folgendes Maßnahmenbündel
für gendersensible Elementarpädagogik:
–Elementarpädagogik: Änderung der Kompetenz von Länder- auf Bundesebene.
Derzeit gibt es keine einheitlichen Qualitätsstandards (selbst für Wien nicht). Aus
diesem Grund soll Elementarpädagogik Bundessache werden, da das die wichti –
ge Vereinheitlichung der Qualitätsstandards vereinfachen würde. Die strukturel –
len Rahmenbedingungen für die Elementarpädagogik, die in Österreich bislang
den Bundesländern obliegt, sollen geändert und vereinheitlicht werden;
–Erweiterung des Grundsatzerlasses des Abbaus von Stereotypen von der Ebene
der Primärpädagogik auf die Elementarpädagogik;
–Aufwertung des Berufs des_der Elementarpädagog_in durch Anhebung der Aus –
bildung auf tertiäres Niveau und damit einhergehend eine bessere Entlohnung
(Querverbindung mit der Option 5.01 Entgeltpolitik). Ein zentraler Schritt ist eine
signifikante Aufstockung des Personals;
–Entwicklung eines Konzepts für gendersensible Pädagogik flächendeckend in al –
len Bundesländern. Dieses soll ein Kombination von Elementen des isländischen
Pädagogik-Modells Hjalli , des schwedischen Modells Egalia und des Konzepts
des Wiener Geschlechtssensiblen Kindergartens enthalten; flächendeckend gen –
dersensible Materialien (Spiele, Bücher, Übungen), genderneutrale Raumkonzep –
te für alle Kindergärten, Genderkompetenz-Workshops für Eltern (Elternarbeit);
–Grundlage, um gendersensible Pädagogik zu transferieren ist eine gendersensi –
ble Haltung, die zentral ist. Dafür braucht es Gender- und Diversitätskompetenz
in der Grundausbildung aller Pädagog_innen und in allen Studienplänen von pä –
dagogischen Studien in Österreich (siehe auch SDG 4 Option 05: Verankerung
von Konzepten einer Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Aus-, Fort- und
Weiterbildung der Pädagog_innen in der Elementarpädagogik );
–Installierung eines zweiten verpflichteten Kindergartenjahres, um die Bildungs –
chancen für alle Kinder – unabhängig von sozialer und ethnischer Herkunft sowie
unabhängig vom Geschlecht – zu vergrößern;
–Initiativen wie in Norwegen, Dänemark, England und Deutschland1, um mehr
Männer für pädagogisches Personal und damit auch als Identifikationspersonen
und Role Models für Buben in den Kindergärten zu gewinnen;
–Eine Öffentlichkeitskampagne der Regierung, um die gesamtgesellschaftliche
Relevanz von Elementarpädagogik als erste Bildungseinrichtung zu verdeutli –
chen.
71 In diesen europäischen Ländern wurden mit einer umfassenden staatlichen Kampagne
männliche Fachkräfte für die Elementarpädagogik adressiert und angeworben. In Norwegen ist
außerdem eine explizite Adressierung männlicher Bewerber_innen gesetzlich verankert. Es wird
außerdem auch gesetzlich geregelt, dass männliche Bewerber_innen bei Stellenausschreibungen
explizit adressiert, werden sich zu bewerben. Die Initiativen haben Wirkung gezeigt: Die höchsten
Anteile männlicher Beschäftigter im Elementarbereich gibt es in Dänemark und Norwegen. Das Ziel
von Norwegen, 20 Prozent männlicher Fachkräfte für diesen Bereich anzuvisieren, ist bislang in
rund zehn Prozent der Kindergärten erreicht (Team Forschungsprojekt Elementar, 2012)
05_04.3.2. Erwartete Wirkungsweise
Die Wirkungsweise der Verankerung von flächen –
deckender, gendersensibler Pädagogik soll die Teilhabe- und Berufschancen der
kommenden Generationen erhöhen, wie auch Kindergärten als pädagogische
Einrichtung für nachhaltige Entwicklung, und damit verbunden auch den Beruf
des_der Elementarpädagog_in, aufwerten.
Damit die Teilhabe- und Berufschancen von jungen
Menschen steigen können, bedarf es einer Reduktion bzw. Minimierung von
geschlechtsspezifischen Überzeugungen und des Stereotype Threat , also der Be –
drohung durch entmutigende Stereotype (Rendtorff, 2017).
Die substantielle Aufwertung der Einrichtungen für
Elementarpädagogik und von Elementarpädagog_innen kann dazu führen, dass
mehr Männer diesen Beruf wählen. Damit kann die geschlechtsspezifische Kinder –
bildung aufgebrochen werden, was wiederum Auswirkungen für Sorgearbeit und
Kindererziehung in Familien haben kann.
05_04.3.3. Bisherige Erfahrungen mit dieser
Option oder ähnlichen Optionen
Siehe Kapitel Hintergrund der Option , Unterkapitel Kontext Island und Kontext
Schweden .
05_04.3.4. Zeithorizont der Wirksamkeit
Kurzfristig
–Steigende Aufmerksamkeit und Interesse an der Elementarpädagogik als eines
der zentralen Berufsfelder der Gegenwart und Zukunft ͢ höhere Anerkennung
in der Gesellschaft? Beruf attraktiver?
–Initiativen für mehr männliches Personal in der Elementarpädagogik können
aufgrund des Konservatismus in Österreich kurzfristig eine Herausforderung dar –
stellen.
Mittelfristig
–Zunahme an männlichen Elementarpädagog_innen und damit eine größere Viel –
falt an den notwendigen Identifikationsfiguren und Role Models für Kinder.2
Langfristig
–Elementarpädagogik wird Bundeskompetenz: Die Folge sind einheitliche Quali –
tätsstandards, die einfacher umsetzbar sind. Damit kommt es zu einer Aufwer –
tung der Elementarpädagogik;
–Substantielle, monetäre und symbolische Aufwertung der Elementarpädagogik
und des Berufs der_des Elementarpädagog_in;
–Abbau von Geschlechterstereotypen in der Gesellschaft und zukünftige Erhö –
hung der Teilhabe- und Partizipationschancen für alle Geschlechter.3

05_04.3.5 . Interaktionen mit anderen Optionen
Es gibt Synergien mit Optionen von SDG 4: Ver –
ankerung von Konzepten einer Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Aus-,
Fort- und Weiterbildung der Pädagog_innen in der Elementarpädagogik (4_04) und
Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung im Bildungsplan für elemen –
8 05_04 / Flächendeckende Verankerung von gendersensibler Elementarpädagogik2 Die Verbesserung der Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit im Bildungswesen ist das
Wirkungsziel 2, Gleichstellungsziel im Bundesvoranschlag der Bundesregierung, UG 30 des
Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung . Dieses Wirkungsziel wird etwa mit der
Stärkung der Gleichstellungsarbeit und der Genderkompetenz in Schule und Pädagog_innenbildung
oder durch systematisches Diversitätsmanagement verfolgt (Republik Österreich, 2020a).
Von den Optionen zur Transformation9Literatur
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Entgeltpolitik (5_01), paritätische Umverteilung von kinderbezogenen Betreuungs-
und Versorgungsaufgaben (5_02) und gender- und diversitätssensible Medienge –
staltung als Kriterium einer Medienförderung (5_03) und den Optionen von SDG 8
Verkürzung der Lebens-Voll-Erwerbsarbeitszeit (8_05) und Umgestaltung von Care
und Care Work (8_06).
3 Die Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist das Wirkungsziel 2,
Gleichstellungsziel im Bundesvoranschlag der Bundesregierung, UG 25 des Bundesministeriums
für Arbeit, Familie und Jugend. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein wichtiges Thema im
aktuellen Regierungsprogramm. Damit Eltern besser am Arbeitsmarkt teilnehmen können und nach
der Familiengründung rasch in den Beruf zurückkehren können, müssen die Rahmenbedingungen
der Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert und der Anteil der Väter, die sich aktiv an der
Familienarbeit beteiligen, erhöht werden. Das Wirkungsziel 2 ist zugleich das Gleichstellungsziel,
weil durch die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch die Gleichstellung von Frauen
und Männern am Arbeitsmarkt unterstützt wird. Angebote der Kinderbildung und -betreuung erfüllen
zudem einen doppelten Zweck und der Ausbau unterstützt neben der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf auch den Zugang zu frühkindlicher Bildung. Damit wird ein Beitrag zum UN-Nachhaltigkeitsziel
4.2, „bis 2030 sicherstellen, dass alle Mädchen und Jungen Zugang zu hochwertiger frühkindlicher
Erziehung, Betreuung und Vorschulbildung erhalten, damit sie auf die Grundschule vorbereitet sind“,
geleistet (Republik Österreich, 2020b).

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