Option_04_07_20231119_182334.txt

04_07 / Aufbau bzw. Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen für eine demokratische, partizipative
Kultur an österreichischen Schulen zur Förderung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung
Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen1
04_07 / Aufbau bzw. Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen für eine demokratische, partizipative
Kultur an österreichischen Schulen zur Förderung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung 23 04_07 .1 Ziele der Option
3 04_07.2 Hintergrund der Option
6 04_07.3 Optionenbeschreibung
7 04_07.3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
9 04_07.3.2 Erwartete Wirkungsweise und Transformationspotenzial
9 04_07.3.3 Bisherige Erfahrung mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
9 04_07.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
9 04_07.3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
10 04_07.3.6 Offene Forschungsfragen
10 Literatur04_07
Target 4.7Autor_innen:
Georg Blaha (Kirchliche Pädagogische Hochschule
Wien/Krems), Franz Rauch (Universität Klagenfurt),
Thomas Lindenthal (Universität für Bodenkultur
Wien), Thomas Allmer (Universität Innsbruck und
Universität Klagenfurt)Aufbau bzw. Weiterentwicklung
von Rahmenbedingungen für
eine demokratische, partizipative
Kultur an österreichischen Schulen
zur Förderung von Frieden und
nachhaltiger Entwicklung
Inhalt
Optionen und Maßnahmen304_07.1 Ziele der Option
Einbeziehung aller Akteur_innen einer Schule
(Kinder, Jugendliche, Erwachsene) im Sinne der in SDG 04, Target 4.7 beschrie –
benen Ziele wie Frieden, Gewaltlosigkeit und Sachkompetenz für nachhaltige
Entwicklung.
Dadurch sollen Schulkulturen entwickelt bzw. ge –
fördert werden, in denen Demokratie, Partizipation, Frieden, lokale und globale
Verantwortungsethik, langfristiges Denken, ökologisches Bewusstsein und Han –
deln, Gerechtigkeit, Kooperation und Toleranz konsequent auf allen Ebenen des
Schulalltags gelebt werden.
04_07.2 Hintergrund der Option
Die Entwicklung einer dem SDG 04, Target 4.7 ent –
sprechenden Schulkultur erfordert eine klare Willensbekundung seitens der zent –
ralen Schulbehörde, gleichzeitig jedoch auch den erforderlichen Freiraum für die
einzelnen Schulen, aus eigenem Antrieb Schritte in diese Richtung zu entwickeln.
In einem ersten Schritt sollten jene (Modell-) Schulen unterstützt werden, die sich
bereits auf den Weg gemacht haben (siehe Beispiele weiter unten). Darauf aufbau –
end müsste eine breite Kampagne gestartet werden.
Wenn sich in der Schule bei Schüler_innen eine demo –
kratische Haltung entwickeln soll, muss die gesamte Organisation der Schule unter
Einbeziehung von Inhalten in Unterrichtsgegenständen und der Vorbildwirkung des
Verhaltens aller Akteur_innen im Schulalltag – insbesondere der Lehrer_innen – in
den Blick genommen werden. Deshalb ist die Frage ausschlaggebend, in welchen
schulischen Gestaltungsfeldern ein reflektiertes Verhalten von Lehrer_innen ent –
wickelt/gefördert werden kann und welche strukturellen Maßnahmen auf Schul –
organisationsebene unterstützend wirken. Deshalb legt diese Option den Fokus
bewusst auf Organisationsstruktur- und Personalentwicklung und weniger auf die
Unterrichtsentwicklung.
Systemgrenzen
Die einzelne Schule unterliegt einer Reihe struktu –
reller Vorgaben seitens der übergeordneten Schulaufsichtsinstanzen. Zu diesen
Vorgaben gehören schulbehördliche Gesetze, Verordnungen, Erlässe, das Ausmaß
an Beteiligungsmöglichkeiten der verschiedenen Akteur_innengruppen (z.B. Ent –
scheidungskompetenzen der Schulgemeinschaftsausschüsse), die Zuteilung von
Ressourcen, der Ausbildungsstand der zugeteilten Lehrpersonen und die verfüg –
baren Fort- und Weiterbildungsangebote. Innerhalb der einzelnen Schulen sind die
Handlungsspielräume durch die Bestimmungen der Schulautonomie geregelt.
Schlaglichter auf den aktuellen Forschungsstand
Aktuelle konzeptionelle und forschungsbasierte Pub –
likationen weisen auf die Bedeutung von Führung/ Leadership (Carr, 2016; Har –
greaves & Fink, 2006) und eines „ Whole Institution Approach “ (Mogren, Gericke &
Scherp, 2019; Scott, 2013) für die Umsetzung von fachübergreifenden Inhalten, wie
beispielsweise Bildung für nachhaltige Entwicklung auch bezogen auf das Lernen
von Schüler_innen, hin (Leithwood & Janzi, 2008). Nach einem aktuellen Kon –
zept von Verhelst, Vanhoof, de Boeve Pauw & Van Petegam (2020) und Verhelst,
Vanhoof, Van Petegam (2021) kommt der Führung und den Schulressourcen eine
rahmende Bedeutung zu.
04_07 / Aufbau bzw. Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen für eine demokratische, partizipative
Kultur an österreichischen Schulen zur Förderung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung 4
Weitere Merkmale sind pluralistische Kommunikation,
unterstützende Beziehungen, kollektive Wirksamkeit, Anpassungsfähigkeit, demo –
kratische Entscheidungsfindung und gemeinsame Vision (Verhelst et al., 2020,
Verhelst et al., 2021).
Die einzelnen Komponenten des Konzeptes werden
anschließend kurz umrissen. Nachhaltige Führung erfordert vor allem eine lang –
fristige Strategie für die Einzelschule. Bei Schulressourcen geht es primär um
Zeitmanagement, berufliche Struktur und physische Struktur einer Schule (Ge –
bäudegestaltung, Außenanlagen). Ein entsprechendes Zeitmanagement kann zur
Förderung pluralistischer, interdisziplinärer und integrierter Lehr- und Lernmetho –
den genutzt werden. Lehrer_innenteams können bewusst vielfältig und fachüber –
greifend zusammengesetzt werden.
Einrichtungen wie Solaranlagen oder ein grüner Spiel –
platz bieten konkrete Lernfelder für die Schulangehörigen. Pluralistische Kommu –
nikation zeichnet sich durch die Wahrnehmung unterschiedlicher Standpunkte,
Dialogbereitschaft, Empathie und Offenheit für kritische Stimmen aus.
Durch unterstützende Beziehungen können Kooperati –
onsbereitschaft zwischen Kolleg_innen bis hin zu externen Partner_innen gefördert
werden und unterstützen bei der Bewältigung von Problemen bzgl. der Umsetzung
von Bildungsprozessen für Nachhaltige Entwicklung. Auch zwischen Schulen
tragen unterstützende Beziehungen durch externe Supervision, kollegiales Lernen,
eine Plattform für Wissensaustausch und gesteigerte Motivation dazu bei, Einbli –
cke in unterschiedliche Arbeitsweisen zu ermöglichen. Netzwerke zwischen Schul –
leiter_innen können wesentliche Impulse für einzelne Schulen bieten. In einem 1 Abb. O_4-7_1: Conceptual
framework of an ESD-effective
school.
Source: Verhelst et al. 2020, S.7
(Konzeptiver Rahmen für eine
BNE-Effektive Schule. Quelle:
Verhelst et al. 2020, S.7)
Optionen und Maßnahmen5weiteren Radius wird die Bedeutung von Netzwerken mit externen Partner_innen
wie (lokalen) Gemeinschaften, Eltern, Beratungsdiensten und externen Expert_in –
nen hervorgehoben.
Durch demokratische Entscheidungsfindung soll
sowohl die Einbindung von Lehrenden als auch von Schüler_innen in Leitungs –
entscheidungen ermöglicht werden. Durch demokratische und verteilte Entschei –
dungsfindung werden auch unterschiedliche Sichtweisen, kritisches Denken und
Reflexion gefördert – was auch der im SDG 4, Target 4.7 geforderten Kultur des
Friedens und der Gewaltlosigkeit entspricht. Eine gemeinsame Vision ist für eine
integrierte und schulweit wirksame Schulpolitik unabdingbar (Verhelst et al., 2020;
Verhelst et al. 2021).
In einer qualitativen Studie beschreibt Diana Grund –
mann (2017), wie Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung im
schulpädagogischen Konzept verortet werden kann. Sie nennt drei zentrale Hand –
lungsfelder einer an Nachhaltigkeit orientierten Schulentwicklung: das Lehren und
Lernen, das Schulgelände und den Schulalltag. Darüber hinaus werden sechs
Strategien identifiziert, die diese Schulen nutzen, um Nachhaltigkeit strukturell zu
verankern
„a) Leitbilder, Profile, Schulprogramme und Schulcurricula;
b) Wettbewerbe und Projekte;
c) Öko- und Nachhaltigkeitsaudits;
d) Personalmanagement;
e) Steuergruppen und „BNE-Teams“;
f) Kooperationen mit außerschulischen Partner_innen.“
(Grundmann, 2017, S. 87).
Netzwerke sind im Bildungsbereich vor allem aus
strukturellen Gründen zunehmend attraktiv geworden: Die zentralen Verwaltungs –
strukturen konzentrieren sich verstärkt auf Kontextsteuerung, deren Funktionen
werden gleichzeitig dezentralisiert. Da nun mehr Verantwortung auf die Ebene der
Schule verlegt wird, entsteht eine Lücke, weshalb intermediäre Strukturen gefragt
sind, die Kompetenzen verknüpfen und bündeln. Mit intermediären Strukturen
sind Organisationsstrukturen gemeint, die zwischen den zentralen Strukturen (z.B.
Bildungsministerium) und den verschiedenen involvierten regionalen und lokalen
Operationseinheiten (z.B. Schulen, Universitäten, Landesbehörden usw.) vermit –
teln. Diese Lücke zu füllen ist die Schlüsselfunktion von Netzwerken (Czerwanski,
Hameyer & Rolff, 2002).
Schulnetzwerke unterstützen als kollektive Organi –
sationsformen die Verankerung von nachhaltigen Entwicklungen an Schulen und
spielen bei der Vorbereitung und Institutionalisierung von BNE und Umweltbildung
an Schulen eine wichtige Rolle (Rauch & Radmann, 2020).
Dalin (1999) nennt vier Funktionen,
die Netzwerke im Bildungsbereich erfüllen:
–Informationsfunktion: Netzwerke ermöglichen einen direkten Austausch von
Praxiswissen für Unterricht und Schule. Dieses Wissen wird als hoch relevant
für die Weiterentwicklung von Praxis angesehen. Darüber hinaus können
auch gezielt Brücken zwischen Praxis und Wissenschaft gebaut werden;
–Lernfunktion: Durch diesen Austausch werden reziprokes Lernen und Kompe –
tenzentwicklung (Professionalisierungsprozesse) gefördert;
–Politische Funktion: Kooperationen sowie die Schnittstellenposition zur Schul –
verwaltung erhöhen die Durchsetzungskraft von Anliegen;
–Psychologische Funktion: Durch vertrauensvollen Austausch werden Perso –
04_07 / Aufbau bzw. Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen für eine demokratische, partizipative
Kultur an österreichischen Schulen zur Förderung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung 6nen gestärkt.
04_07.3 Optionenbeschreibung
Vorbemerkungen zu Maßnahmenempfehlungen
Wenn Reforminitiativen vorhanden sind, werden
diese häufig von Einzelpersonen oder aktiven Gruppen getragen. Als Beispiele
für österreichweite Netzwerke und Programme im Sinne von SDG 4, Target 4.7
können beispielsweise folgende genannt werden: UNESCO-Schulen (95 Schu –
len), Schulen im Aufbruch (46 Schulen), ÖKOLOG (616 Schulen). Einen Einblick
in die Ziele, Strukturen und Maßnahmen bieten die jeweiligen Homepages:
–UNESCO-Schulen: https://www.unesco.at/bildung/unesco-schulen (Österrei –
chische UNESCO-Kommission, 2021);
–Schulen im Aufbruch: https://www.schule-im-aufbruch.at/ (Schule im Auf –
bruch, 2021);
–Ökolog-Schulen: https://www.oekolog.at / (Ökolog, 2021).
Darüber hinaus gibt es an einzelnen Schulen lang –
jährige Projekte und Maßnahmen zu Demokratie und Mitbestimmung von Schü –
ler_innen, z.B. das gelebte Konzept der Modellschule Graz
(http://www.modellschule.at/cms/ Modellschule Graz, 2021).
Schulentwicklungsprozesse bedeuten für die be –
troffenen Lehrenden einen wesentlichen Mehraufwand. Sich darauf einzulassen
erfordert die nachvollziehbare Vermittlung eines Mehrwertes bzw. ausreichende
Anreize seitens der Schulbehörde – hier herrscht Handlungsbedarf, um auch
bei weniger innovationsfreudigen Lehrenden eine entsprechende Beteiligungs –
bereitschaft zu erreichen.
Auch wenn z.B. Schulen im Aufbruch das Vorhan –
densein eines großen Freiraums für Schulentwicklungsideen betonen – die der –
zeit geltenden Schulautonomiebestimmungen gleichen eher einer Direktions –
autonomie – fehlt es an insbesondere pädagogischer Entscheidungsautonomie
im Sinne eines demokratischen Gestaltungsprozesses unter weitgehender
Einbeziehung von Lehrenden, Schüler_innen, Eltern und Verwaltungspersonal.
Gewaltfreie Bewältigung von Konflikten erfordert
unterstützende Fachkompetenz – sowohl präventiv in Form standortbezogener
Qualifizierungsmaßnahmen für alle Akteur_innen einer Schule (z.B. als Schulin –
terne Lehrerfortbildung – SCHILF) als auch bei Bedarf in Konfliktfällen (vor Ort
abrufbare Mediationsressourcen). Eine gewaltfreie Schulkultur ist das Ergebnis
langfristiger sozialer Lernprozesse aller Akteur_innen einer Schule – und diese
erfordern externe Unterstützungsressourcen.
Von einem Teil der schulischen Akteur_innen wird
das Fehlen eines Orientierungsrahmens zur SDG 4, Target 4.7-Implementierung
bemängelt (Steindl, 2019).
Aus Sicht der Autor_innen ist die aktuelle Schulkul –
tur zu stark durch fehlende Demokratie, zu geringe Lehrfreiräume für Lehrer_in –
nen und Lernfreiräume für Schüler_innen, eine zu starke Fehlerorientierung in
Bewertungssystemen, Fokussierung auf Nützlichkeitsdenken und Leistungs –
druck, zu wenig Raum für Kreativität und soziales Lernen und geringe Begeg –
nungsräume zwischen Eltern, Lehrer_Innen und Schüler_Innen gekennzeichnet.
Nachstehend werden Vorschläge angeführt, wie die
Kultur einer Schule im Sinne des SDG 4.7 weiterentwickelt werden kann:
Optionen und Maßnahmen71. Kultur der partizipativen Schule , d.h. Förderung der Einbeziehung mög –
lichst vieler schulischer Akteur_innen in Entscheidungsprozesse im Sinne
einer demokratischen Schulkultur;
2. Kultur der Toleranz, der Gewaltlosigkeit und Friedenskompetenz , des
Mitdenkens globaler Zusammenhänge im Sinne der Global Citizenship
Education, der Achtung und Wertschätzung von kultureller Vielfalt und des
Erkennens der Chancen dieser Vielfalt;
3. Kultur der nachhaltigen Lebensweise/des nachhaltigen Lebensstils in
einer neuen Schulkultur, die einen achtsamen Umgang mit der Natur lebt und
daher Nachhaltigkeit in ökologischen Bereich vorlebt (in der öffentlichen
Beschaffung, in den Schulprojekten, Verstärkung lebensweltlicher Nachhaltig –
keits-Themen im Unterricht, Exkursionen, in einem Schulgarten, in der Mobili –
tät, Mülltrennung etc.) und so bewusstseinsstiftend wirkt;
4. Kultur geteilter und partizipativer Leadership , die die bisher genannten
Punkte ermöglicht, z.B. pädagogische Schulkulturentwicklung, Distributed
Leadership , partizipative und kooperative Leitung, transformatives Leadership
(zur Förderung transformativen Lernens);
5. Zentrale , die Schulkultur prägende Gestaltungs- und Veränderungsfelder
sind die Konflikt-, Mitbestimmungs-, Kommunikations-, Feedback- und Verein –
barungskultur einer Schule. Auf diese muss sich der Schulkulturentwicklungs –
prozess – neben der Aneignung nachhaltiger Sachkompetenz – konzentrieren.
Die Vermittlung/Aneignung einer Grundhaltung
an/von Erwachsenen und Schüler_innen, die auch handlungsleitend wirkt, steht
im Vordergrund (Krammer, 2008). Diese Haltung zeichnet sich durch die Fähig –
keit und Bereitschaft aus, im eigenen Entscheiden und Tun die anderen , also
die Auswirkungen, die mein Handeln auf meine Mitmenschen und die Umwelt
hat – von lokal bis global – mitzudenken und mein Handeln daran auszurich –
ten. Dazu gehören auch die Demokratiekompetenzen, wie jene vom Europarat
(Zentrum Polis, 2021) formuliert: https://www.politik-lernen.at/site/grundlagen/
demokratiekompetenzen/referenzrahmen/article/109536.html .
Es ist zu erwarten, dass ein Teil der Schulen
zunächst keine proaktiven Schritte setzen wird, was zum Teil mit einem be –
fürchteten zusätzlichen Arbeitsaufwand begründet wird. Zu erwarten ist auch,
dass es in einem Teil der Schulen zur Konfrontation eines relevanten Teils des
Lehrendenkollegiums mit der Schulleitung kommen wird – auch mit wechselnden
Positionen auf beiden Seiten.
Bei einem Teil der Schulen ist mit einer grundsätzlichen Verweigerungshaltung
zu rechnen; auch diese Schulen mit auf dem Weg zu nehmen wird eine beson –
dere Herausforderung darstellen.
04_07 .3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
Schulbehördliche Maßnahmen:
a) Die Umsetzung einzelner Unterziele aus den Sustainable Development Goals
ist als Schulqualitätskriterium in die Kriterienliste im Qualitätsrahmen für
Schulen (QMS) des BMBWF aufzunehmen, um die Wertigkeit eines diesbe –
züglichen Engagements von Schulen neben all den anderen Qualitätskriterien
hervorzuheben;
b) Entwicklung von Anreizen durch die Schulbehörde, um Schulentwicklungsak –
tivitäten in Richtung SDG 4, Target 4.7 zu fördern;
04_07 / Aufbau bzw. Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen für eine demokratische, partizipative
Kultur an österreichischen Schulen zur Förderung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung 8c) Ausweitung der personellen Kapazitäten zur Schulentwicklungsberatung/-be –
gleitung und Förderung und Unterstützung von (virtuellen) Vernetzungsmaß –
nahmen zwischen Schulen mit unterschiedlichen Schulkulturentwicklungs –
ständen und Ausweitung von Unterstützungsstrukturen – weil Schulen nicht
allein gelassen werden dürfen;
d) Ausweitung der Schulautonomie in Richtung pädagogischer Autonomie
und Verlagerung der Entscheidungskompetenzen von der Direktion zu allen
Akteur_innen einer Schule. Ausweitung diesbezüglicher Unterstützungs –
systeme und Netzwerke;
e) Förderung und personelle Ausstattung für Strukturen zur gewaltfreien Kon –
fliktbearbeitung zwischen allen schulischen Akteur_innen (Mediations –
teams auch für Lehrende und Nichtlehrpersonal);
f) Team-Teaching und kleinere Klassen bzw. ausnahmslose Einhaltung der
Klassenschüler_innenhöchstzahl 25 für ein verbessertes Betreuungsverhält –
nis;
g) Wege und Maßnahmen eines etappenweisen Umbaus der etablierten
Schulstrukturen hin zu neuen Strukturen, die motivationsbasiertes, angst –
freies, sinnstiftendes Lernen ermöglichen und auf die SDGs ausgerichtet
sind;
h) Eine öffentliche Debatte über die Ziele des Bildungswesens jenseits des
verengten Blickwinkels der Qualifizierung von Arbeitskräften als Beitrag der
Bildung zu Verantwortung, Demokratie und (weltweiter) sozialer Gerechtigkeit
anstoßen. Dementsprechend sollten die Traditionen der Schulkultur kritisch
überprüft werden und im Hinblick auf die Anforderungen der BNE bzw. des
SDG 4, Target 4.7 eine Überarbeitung angedacht werden;
Maßnahmen in der Aus-, Fort-,
und Weiterbildung
i) In der Lehrendenbildung sind flächendeckend Schulentwicklungsprozesse
als strukturelle Maßnahme hervorzuheben und an Fallbeispielen deren ideal –
typischer Verlauf darzustellen. Weiters sind SCHILF- bzw. SCHÜLF-Angebote
zur gewaltfreien Konfliktbewältigung für alle erwachsenen Akteur_innen einer
Schule anzubieten;
j) Dialoge anregen und Vernetzung zwischen Schulen, Universitäten und Bil –
dungspolitik herstellen über zukunftsweisende Perspektiven neuer Schul –
kulturen ;
k) Erfahrungen von Good Practice Schulen mit neuen Schulkulturen im
obigen Sinne breit vorstellen und deren Übertragbarkeit in verschiedenen
Dialogformaten und Netzwerken breit diskutieren (auch mit Stakeholdern
der Universitäten/PHs, der Bildungspolitik und der breiten Gesellschaft). Gute
Praxis kann nicht geklont werden, aber über Austauschprozesse kann vonein –
ander gelernt werden und davon können Impulse für die Weiterentwicklung an
Schulstandorten ausgehen;
Schulinterne Strukturmaßnahmen:
l) Demokratisierung der Lebenswelt aller Akteur_innen einer Schule durch
Ausweitung von Mitbestimmungs-/Mitverantwortungsmöglichkeiten im Rahmen
eines standortspezifisch entwickelten Statuts, beginnend mit der Möglichkeit
eines von allen Schulangehörigen gewählten Leitungsteams und Integration in
Schulentwicklungspläne . Ermöglichung der Einführung soziokratischer Struk –
turen im Rahmen einer erweiterten Schulautonomie;
m) Wege und Maßnahmen entwickeln zur breiten Öffnung der Schulen für
Eltern, Lernbegleiter_innen, Vertrauenspersonen, das lokale und regionale
Optionen und Maßnahmen9Umfeld etc;
n) Örtliche, zeitliche und beziehungsorientierte Räume schaffen und dies –
bezügliche Lernprozesse anzustoßen, zu begleiten, zu reflektieren und an den
Anliegen der Lehrer_innen und Interessen der Schüler_innen auszurich –
ten;
o) Entwicklung nachhaltiger Sachkompetenz bei allen Akteur_innen der
Schule (soziale Nachhaltigkeit und ihre Verbindung zur ökologischen und öko –
nomischen Nachhaltigkeit, z.B. lebensweltliche Themen, Verantwortung als
Prinzip des Wirtschaftens und miteinander Lebens, langfristiges Denken und
seine Verbindung mit langfristigen Prozessen/Veränderungen in der Natur, Be –
deutung von Vielfalt, Bedeutung von Toleranz und Beispiele von kooperativen
Wirtschaftsmodellen);
04_07 .3.2 Erwartete Wirkungsweise und Trans –
formationspotenzial
Veränderte Verhaltensweisen jeder/jedes einzelnen
Schulangehörigen werden sichtbar an:
–einem veränderten Kommunikationsverhalten aller Akteur_innen (weniger Ge –
walt in der Sprache, mehr ICH-Botschaften etc.);
–an einem offeneren und konstruktiven Feedback;
–an einer steigenden Zahl von Vereinbarungen zwischen Lehrenden und Schü –
ler_innen, aber auch zwischen allen anderen Akteur_innen;
–an der Entwicklung einer Streit-, Diskussions- und Aushandlungskultur nicht
nur zwischen Schüler_innen, sondern mit allen erwachsenen Akteur_innen
der Schule;
–am Entstehen von Klassenräten und Schulparlamenten;
–und infolge vermehrter Mitbestimmungsmöglichkeiten auch an einer sinken –
den Zahl von Konflikten.
04_07 .3.3 Bisherige Erfahrung mit dieser Option
oder ähnlichen Optionen
Erfahrungen und Ergebnisse von Evaluations- und
Begleitforschungsmaßnehmen liegen zu einzelnen österreichweiten Initiati –
ven vor, wie z.B. zu den eingangs erwähnten Beispielen Schule im Aufbruch ,
UNESCO Schulen, ÖKOLOG Programm. Diese Ergebnisse können wie folgt
grob zusammengefasst werden. Die bisher vorliegenden Studien weisen darauf
hin, dass partizipative Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse, Zusammenarbeit
und Teamentwicklung, Einbeziehung der Schulleitung sowie Unterstützung
durch Netzwerke tragfähige Kriterien für die Gestaltung einer nachhaltigen
Schulentwicklung und Schulkultur sind (Rauch & Pfaffenwimmer, 2020). Es sind
damit aber auch zahlreiche Spannungsfelder und Herausforderungen verbunden,
die aus den obigen Ausführungen sichtbar werden.
04_07 .3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
Veränderungen in der Schulkultur werden im Rah –
men eines (extern begleiteten) Schulentwicklungsprozesses in einer einzelnen
Schule mittelfristig wirksam – eine entsprechende Breitenwirkung im gesamten
Schulsystem ist erst längerfristig zu erwarten.
04_07 / Aufbau bzw. Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen für eine demokratische, partizipative
Kultur an österreichischen Schulen zur Förderung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung 1004_07 .3.5 Vergleich mit anderen Optionen, mit
denen das Ziel erreicht werden kann
Es bestehen vor allem Bezüge zur Option 04_18
„Entwicklung einer demokratischen Schulkultur auf Organisations-, Unterrichts-,
und interpersoneller Ebene“. Vereinzelt bieten aber alle Optionen von SDG 4
mehr oder weniger einzelne Anknüpfungspunkte.
04_07 .3.6. Offene Forschungsfragen
Durchführung einer empirischen Studie zur Umset –
zung der SDGs und speziell von Unterziel 4.7. Leitfragen wären etwa:
–Was „liefert“ unser System bereits? Was schaffen wir (noch) nicht;
–Welche Gründe hindern uns, das zu schaffen, wo sind die Probleme? (Fehlen
strukturelle, kulturelle, persönliche usw. Voraussetzungen?);
–Was kann auf der Ebene von Strukturen getan werden, was muss anders an –
gegangen werden;
–Gibt es Sonderbereiche, vordringliche Aufgaben, die sofort angegangen wer –
den müssen;
–Ein prüfender umgekehrter Blick: vor welchen Problemen steht unser Bil –
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