Option_04_01_20231119_182333.txt

Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen1
04_01 / Etablierung und verstärkte Umsetzung von
systemischen Lernkulturen 2 Inhalt
3 04_01.1 Ziele der Option
3 04_01.2 Hintergrund der Option
4 04_01.3 Optionenbeschreibung
4 04_01.3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
9 04_01.3.2 Erwartete Wirkungsweise
9 04_01.3.3 Bisherige Erfahrung mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
11 04_01.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
11 04_01.3.5 Vergleich mit anderen Optionen, mit denen das Ziel
erreicht werden kann
12 04_01.3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
13 Literatur 04_01
Target 4.7Autor_innen:
Maximilian Muhr (Universität für angewandte Kunst
Wien), Stefanie Preiml (Universität Klagenfurt
/forum n)
Reviewer_innen:
Anna Oberrauch (Pädagogische Hochschule Tirol),
Kirsten von Elverfeldt (Universität Klagenfurt)Etablierung und verstärkte Umsetzung
von systemischen Lernkulturen
Inhalt
Optionen und Maßnahmen304_01.1 Ziele der Option
Da die Agenda 2030 (Vereinte Nationen (UN), 2015)
nur systemisch gedacht und umgesetzt werden kann, ergibt sich ein besonders
umfassender, nicht rein auf SDG 4 oder Target 4.7 beschränkter Anspruch an
Bildung. Der Aufbau und die Förderung von Kompetenzen zum Umgang mit den
Konsequenzen, der in den SDGs abgebildeten gesellschaftlichen Herausforde –
rungen, sollten im Vordergrund stehen. Wesentlich dafür wird sein, die gesamte
Kultur, in der sich Lernen vollzieht (inklusive Teilaspekte wie Lernmethoden
und Lerninhalte), an diese Anforderung anzupassen. Es soll unbedingt gewähr –
leistet werden, dass die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Lernenden im
Bildungssystem Berücksichtigung finden und soziale Ungleichheiten nicht weiter
reproduziert werden. Ziel dieser Option ist, systemische Lernkulturen zu
etablieren und dafür insbesondere systemisches Denken sowie die Anwen –
dung von Methoden des selbstorganisierten Lernens in allen Ebenen des
Bildungssystems zu verankern, um:
–Strukturen und Eigenschaften sozial-ökologischer Systeme und deren Zusam –
menhänge zu nachhaltiger Entwicklung als Basiswissen einzuführen;
–Systemkompetenz und systemgerechtes Handeln als wesentliche Teile davon
zu fördern;
–die Resilienz von Menschen, insbesondere von vulnerablen und marginalisier –
ten Personengruppen, und Gesellschaften gegenüber wiederkehrenden Krisen
zu stärken;
–die Verantwortung auf individueller Ebene sowie der Gesellschaft als Ganzes
für die Auswirkungen ihres Handelns zu erhöhen.
Die vorliegende Option wurde als Grundsatzoption
(Arbeitstitel innerhalb der Arbeitsgruppe von SDG 4) konzipiert und bezieht sich
somit nicht auf eine bestimmte Ebene des Bildungssystems (z. B. auf Ebene
der Hochschule), sondern soll als Leitfaden für die Umsetzung entsprechender
Maßnahmen auf den unterschiedlichen Ebenen des Bildungssystems dienen.
04_01.2 Hintergrund der Option
Nachhaltige Entwicklung ist von hoher Komplexität
und Interdependenz geprägt, dies gilt meist ebenso für die damit verbundenen
Themen und die besondere Herausforderung auf der Ebene der Umsetzung
neuer Lösungsvorschläge. Dieser Komplexität gerecht zu werden, geht mit ent –
sprechenden Anforderungen an Bildungsprozesse und -räume einher. Einer –
seits muss Bildung selbst als nichtlinearer Prozess verstanden und umgesetzt
werden: Sie kann nicht einfach in stetigen, additiven Schritten vermittelt oder
vermehrt werden, sondern durchläuft bedingt planbare, sich bedingende Schlei –
fen und Zyklen. Andererseits muss Bildung in der Lage sein, durch die Ver –
mittlung der Grundlagen des systemischen Denkens ein adäquates Verständ –
nis der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu ermöglichen. Ein
derartiges Verständnis kann als erster Schritt zum Erkennen und Einschätzen
der Handlungsfähigkeit der Lernenden innerhalb der vielen, miteinander ver –
schränkten sozial-ökologischen Systeme unserer Gesellschaft (siehe Maßnah –
me 1: systemgerechtes Handeln) gesehen werden (Bräutigam, 2014, S. 7ff.).
Die aktuelle gesellschaftliche Situation rund um das
Coronavirus verdeutlicht die Relevanz systemischen Denkens, beispielsweise
wenn die Auswirkungen auf das global verstrickte Wirtschafts system (siehe
04_01 / Etablierung und verstärkte Umsetzung von
systemischen Lernkulturen 4Maßnahme 1: Interdependenz, Resilienz) oder der mögliche Zusammenbruch
einzelner nationaler Gesundheits systeme aufgrund unzureichender Testver –
fahren (siehe Maßnahme 1: Unsicherheit) und dem exponentiellen Wachstum
der Infektionsrate (siehe Maßnahme 1: Nichtlinearität/Komplexität) im Fokus
stehen. Dasselbe gilt jedoch auch für die weitaus längerfristige Klimakrise, de –
ren zum Teil neu entstehenden Mechanismen (siehe Maßnahme 1: Emergenz)
voraussichtlich nach der Überschreitung gewisser Kipppunkte ( Tipping Points )
zu irreversiblen und nur noch bedingt beeinflussbaren Entwicklungen (siehe
Maßnahme 1: Dynamische Stabilität) im Erdklimasystem führen werden. Bildung
im 21. Jahrhundert geschieht immer und überall vor dem Hintergrund solcher
Herausforderungen. Somit ist es ihre Aufgabe, zur Entwicklung eines kritischen
Bewusstseins für diese Herausforderungen beizutragen und Werkzeuge für
entsprechendes systemisches Handeln zu liefern. Lernprozesse als nichtlineare
Prozesse sind dabei wesentlich, denn diese sind im großen Maße abhängig von
den Lernenden selbst sowie der Umwelt, in der sie stattfinden: „Systemisches
Denken ist vernetztes Denken, es erfolgt autopoïetisch [siehe Maßnahme 1]
und selbstreferentiell, aber auch kontextabhängig und situativ. Es ist ebenso
biografisch geprägt wie milieuabhängig“ (Siebert, 2012, S. 123). Das persönliche
Umfeld der Lernenden, bereits Erlebtes sowie das Umfeld aller weiteren Teilneh –
mer_innen eines Lernsettings inklusive der Lehrenden beeinflussen die Lern –
erfahrung. Präkonzepte – laut Zimmermann (2016, S. 63) handelt es sich dabei
um „grundlegende Auffassungen, Erklärungshypothesen und Theorien […], die
Lernende bereits besitzen, bevor sie im Unterricht mit fachwissenschaftlichen Er –
kenntnissen konfrontiert werden“ – tragen ebenso zur Lernerfahrung bei wie die
Fähigkeit der Lernenden an eben jene Präkonzepte anderer anschließen bzw.
diese auch kritisch bewerten zu können. Einige Erkenntnisse, insbesondere aus
dem Bereich konstruktivistischer Lerntheorien (beispielsweise Arnold & Lermen,
2009, S. 32), werden in Folge zur Erarbeitung der Maßnahmen herangezogen.

04_01 .3 Optionenbeschreibung
04_01 .3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
Die Option setzt sich aus den folgenden Maßnahmen
zusammen, die nun näher erläutert werden:
1. Verstärkte Integration von systemischem Denken in allen Ebenen
des Bildungssystems
2. Förderung von selbstorganisiertem Lernen in allen Ebenen des
Bildungssystems
3. Etablierung von systemischen Lernkulturen in allen Ebenen des
Bildungssystems
Maßnahmenbündel 1
„Verstärkte Integration von systemischem Den –
ken in allen Ebenen des Bildungssystems“
Systemisches Denken hat im Laufe des 20. Jahr –
hunderts in den unterschiedlichsten Wissenschaftsdisziplinen an Bedeutung
gewonnen, so z. B. in der Physik (Quantenphysik), Psychologie (Gestaltpsycho –
logie) und Biologie (Ökologie), um letztlich in den eigenen (Trans-)Disziplinen
Kybernetik und später Systemtheorie(n ) zu gipfeln (Capra, 1996, S. 29ff.). Vor –
aussetzungen für systemisches Denken und Handeln sind die Vermittlung und
Optionen und Maßnahmen5Reflexion zentraler Aspekte der Systemtheorie als konkretes Lernziel in allen
Ebenen des Bildungssystems. Dazu zählen die grundlegenden Systemelemen –
te (Bestände und Flüsse), die Begriffe Systemgrenzen und Systemziele sowie
in Systemen häufig zu beobachtende Mechanismen wie positive und negative
Rückkopplungen. Ebenso wichtig ist, dass Bildung ein Bewusstsein für gewisse
Eigenschaften von Systemen schafft wie z. B.:
–Interdependenz: Indirekt sind alle Systemelemente miteinander verbunden und
beeinflussen einander;
–Nichtlinearität/Komplexität: Veränderungen einzelner Systemelemente führen
selten zu entsprechend linearen Veränderungen anderer Systemelemente;
–Emergenz: Durch das Zusammenspiel von Systemelementen können neue
Muster und Strukturen entstehen, die nicht unmittelbar auf die einzelnen
Systemelemente rückführbar sind (im Sinne der Aristotel‘schen Formel „Das
Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“ );
–Autopoïesis: Systeme haben die Eigenschaft, sich selbst aus sich selbst durch
die eigenen Operationen des Systems (wieder-)herzustellen, bei gleichzeiti –
gem materiell-energetischen Austausch mit ihrer Umwelt (also autonom, aber
nicht autark);
–dynamische Stabilität: Systeme verändern sich kontinuierlich in Wechselwir –
kung mit anderen Systemen und der Umwelt, aufgrund dieser Veränderungen
gibt es eine dynamische Stabilität;
–Resilienz: Systeme weisen Widerstands- und Anpassungsfähigkeit gegenüber
sich verändernden Umweltbedingungen auf (Folke, 2006, S. 259);
–Unsicherheit: Aufgrund ihrer Komplexität und der operativ notwendigen Ver –
einfachungen der Realität unterliegen Vorhersagen und Berechnungen von
Systementwicklungen einem gewissen Grad an Unsicherheit.
Um die Kompetenz des systemischen Denkens ( Sys-
temkompetenz ) zu entwickeln, reicht der alleinige Erwerb derartigen Wissens
nicht aus. Nach dem Kompetenzmodell von Bräutigam (2014, S. 84) bedarf es
auch unterschiedlicher Fähigkeiten der Systemmodellierung, z. B. Systemdefi –
nitionen, zu verstehen und anzuwenden, um Erklärungen und Prognosen liefern
sowie entsprechende Eingriffe in Systeme planen zu können. Auch Rempfler
und Uphues (2012, S. 11) weisen in ihrem Modell für Systemkompetenz in der
Geographie darauf hin, dass neben der Vermittlung von theoretischem System –
wissen die Notwendigkeit der Anwendung dieses Wissens (in dafür geeigneten
Lernsettings) besteht. Um systemisches Denken erfolgreich zu fördern, sollen
demnach auch die beiden Dimensionen „systemgerechte Handlungsabsicht“
(„system-adequate intention to act“ ) und „systemgerechtes Handeln“ ( „sys-
tem-adequate action“ ) Eingang in Lehrpläne und Curricula finden (Rempfler &
Uphues, 2012, S. 11; siehe auch Ossimitz in Leinfelder, 2020, S. 87). Während
hinsichtlich der Handlungsabsicht z. B. das Treffen von Vorhersagen von Ver –
änderungen in (sozial-ökologischen) Systemen sowie deren Überprüfung, auch
in virtuellen Modellen, geübt werden kann (Rempfler & Uphues, 2012, S. 12;
siehe auch Fanta, Bräutigam & Riess, 2019), bedarf es für das Kultivieren und
Erlernen von systemgerechtem Handeln realweltliche Problemstellungen und
entsprechende Lernsettings.
Einem umfassenden Verständnis von Systemkom –
petenz zufolge bietet sich demnach eine Mischung aus klassischer Vermittlung
von Systemwissen (z. B. über Vortragsreihen und/oder schriftliches Unterrichts –
material), interaktiver Lernmethoden (z. B. partizipatives Definieren von Syste –
men und Subsystemen) und der Förderung kontinuierlicher Reflexionsprozesse
04_01 / Etablierung und verstärkte Umsetzung von
systemischen Lernkulturen 6der Lernenden (siehe Maßnahme 2) sowie des Ermöglichens, systemgerechtes
Handeln in der Praxis umzusetzen, z. B. im Rahmen von projektorientiertem
Lernen, an (Kay & Foster, 1999, S. 168ff.). Da der Umgang mit Komplexität ein
kontinuierlicher Lernprozess ist (Kagan, 2011, S. 101), gilt dies im Sinne des
lebenslangen Lernens für alle Ebenen des Bildungssystems –differenziert nach
den jeweiligen Altersstufen und Lebensrealitäten der Lernenden. Dabei ist
mit unterschiedlichen Barrieren (z. B. Widerwillen von Lehrenden) und Sys –
temwiderständen (z. B. Pfadabhängigkeiten in unterschiedlichen Ebenen des
Bildungssystems) zu rechnen. Hinsichtlich des Transformationspotentials dieser
Maßnahme lässt sich argumentieren, dass ein (gemeinsames) Grundverständ –
nis von Systemen unmittelbare Voraussetzung für transformative Lösungen ist
und das sowohl in Wissenschaft (Wiek, Ness, Schweizer-Ries, Brand & Farioli,
2012, S. 6), Wirtschaft (Raworth, 2017, S. 137ff.) als auch Kunst und Kultur (Ka –
gan, 2011, S. 399ff.).
Konkrete Schritte zur Integration von systemischem
Denken in allen Ebenen des Bildungssystems lauten:
–Evaluierung bestehender Lehrpläne und Curricula hinsichtlich systemischen
Denkens;
–verstärkte Integration von systemischem Denken in dafür geeignete und
bereits etablierte Formate, z. B. kontinuierlicher Projektunterricht (siehe auch
Option 04_06: Projektorientierung);
–verstärkte Vermittlung von Systemzusammenhängen an realweltlichen Pro –
blemstellungen mit hohem Komplexitätsgrad, z. B. anhand der SDGs (siehe
auch Option 04_06: Projektorientierung).
Maßnahmenbündel 2: „Förderung von selbst –
organisiertem Lernen in allen Ebenen des Bil –
dungssystems“
Um einen systemischen Umgang mit den großen
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu fördern, muss Bildung im Sinne
eines „neuen Vertrags zwischen Wissenschaft und Gesellschaft“ ( „science’s
new social contract with society“ , Gibbons, 1999) in der Lage sein, einzel –
ne Disziplinen, Unterrichtsfächer und Wissensformen zu durchbrechen, zu
überbrücken und neu zu vereinen. Dabei reicht es angesichts der Komplexität
gesellschaftlicher Problemstellungen nicht aus, die Fülle an zum Teil bereits
zur Verfügung stehendem spezialisierten Wissen in „multidisziplinären Paketen“
(“multi-disciplinary packages” , Kagan, 2011, S. 94) zu kombinieren. Vielmehr
muss der Fokus einer Bildung für nachhaltige Entwicklung auf inter- und trans –
disziplinären Ansätzen, Prozessen und Methoden liegen (Kay & Foster, 1999, S.
165; Clark & Button, 2011). Dafür bieten sich Methoden des selbstorganisierten
Lernens und insbesondere deren Integration in das projektorientierte Lernen an,
bei dem das Ziel nicht die Analyse (im Sinne von griech. análysis , ‘Auflösung’)
von Problemen aus einzelnen disziplinären Perspektiven ist, sondern die integ –
rative Synthese (im Sinne von griech. sýnthesis, ‘Verknüpfung’) von Wissensbe –
ständen (siehe auch Option 04_06: Projektorientierung). Wie auch im systemi –
schen Denken lautet der Schlüsselbegriff für derartige Lernmethoden Kontext
(Capra, 1996, S. 30): Sowohl der fachliche Kontext des Lerninhalts als auch der
persönliche Kontext der Lernenden sind bei ihrer Auswahl und Anwendung zu
berücksichtigen.
„Wissen und Lerninhalte können aus konstruktivisti –
scher Sicht nur von den Lernenden selbstständig geschaffen werden“ (Arnold
& Lermen, 2009, S. 40). Selbstorganisiertes Lernen – auch „selbstreguliertes
Optionen und Maßnahmen7Lernen“ oder „selbstgesteuertes Lernen“ (Traub, 2012, S. 18) genannt – orien –
tiert sich an den Lernenden, insbesondere an ihrer Motivation und Bereitschaft,
sich eigenständig Wissen zu erarbeiten und Kompetenzen zu entwickeln
sowie diese Prozesse zu reflektieren (Traub, 2012, S. 33). Voraussetzungen
für selbstorganisiertes Lernen sind u. a. „die Offenheit und der Facettenreich –
tum von Lernarrangements, die bevorzugte Anwendung von Lerner- [sic!] bzw.
Aktivitätsmethoden [sowie] die bewusste und gezielte Förderung der Selbster –
schließungskompetenzen […]” (Arnold & Lermen, 2009, S. 28). Weitere wesent –
liche Teile des selbstorganisierten Lernens sind die kontinuierliche Reflexion
des eigenen Lernprozesses sowie der Lernprozesse in Gruppen ( „Kooperatives
Lernen“ und „Lernen in sozialen Kontexten“ ) (Traub, 2012, S. 33). Die regel –
mäßige Förderung derartiger Prozesse ist Voraussetzung dafür, dass Lernende
ihr individuelles Handeln und dessen Wirkungen, aber auch kollektive bzw.
gesellschaftliche Handlungsmuster hinterfragen können. Hierbei ist ein be –
sonderes Augenmerk auf die Formate und Lernsettings zu legen, in denen sich
diese Reflexionen vollziehen. Demnach ist beispielsweise sinnvoll, Reflexionen
über den eigenen Naturbezug oder gesellschaftliche Naturverhältnisse in einer
entsprechenden natürlichen Umgebung anzustoßen (siehe auch Option SDG
15_14: Bildungsinitiative Naturschutz und Biodiversität).
Konkrete Schritte zur Förderung des selbstorgani –
sierten Lernens in allen Ebenen des Bildungssystems lauten:
–Schaffen entsprechender Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
Beispiele: Transformation von Schulen oder Hochschulen zu „lernenden Orga –
nisationen“ (Senge, 2006; Senge, Cambron-McCabe, Lucas, Smith & Dutton,
2012), die flexibel auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren
können; Aus- und Weiterbildung von Lehrenden als Begleiter_innen, Men –
tor_innen oder Organisator_innen des Lernumfelds und der Lernbedingungen
(Arnold & Lermen, 2009, S. 38) (siehe auch Option SDG 04_06: Projektorien –
tierung);
–Auswahl von Lernorten und -räumen, die zur Ermöglichung des selbst –
organisierten Lernens nötig sind
Beispiele: Erweiterung um öffentliche Räume und Freiräume; Lernen räum –
lich und inhaltlich ungebunden an Institutionen wie Schule und Universität;
lebenslanges Lernen (siehe auch Option SDG 08_07: Bildung ist die neue
Arbeit und Option SDG 04_02: Ästhetische Bildung).
Maßnahmenbündel 3: „Etablierung von systemi –
schen Lernkulturen in allen Ebenen des Bil –
dungssystems“
Das Transformationspotential systemischen Den –
kens und Handelns im Allgemeinen und der Etablierung systemischer Lern –
kulturen im Besonderen bezieht sich vorwiegend auf gesellschaftliche Heraus –
forderungen wie den globalen Wandel unserer Umwelt, die Klimakrise und die
strukturelle Diskriminierung von Menschen aufgrund unterschiedlicher kate –
gorialer Zuschreibungen (Geschlecht, Herkunft etc.). Letztere begründen u. a.
das Motto „Leave no one behind” der Agenda 2030 (UN, 2015) (siehe Texte zu
SDG 1 und SDG 10). Im österreichischen Bildungssystem besteht diesbezüglich
Handlungsbedarf, da Bildung immer noch vererbt wird (siehe auch Präambel
SDG 4). Das Etablieren systemischer Lernkulturen soll allen Lernenden einen
gleichberechtigten Zugang zu Bildung sichern und damit die Resilienz von Men –
schen und Gesellschaften gegenüber wiederkehrenden Krisen stärken.
04_01 / Etablierung und verstärkte Umsetzung von
systemischen Lernkulturen 8„Mit dem Begriff ‚Lernkultur‘ wird zunächst einmal
der ganzheitliche Bezug auf die Besonderheiten des Lernens und dessen ge –
sellschaftlicher Organisation in den Blick gerückt. Dieses Verständnis umfasst
die grundlegenden normativen Orientierungen, Rollenmuster und Verhaltens –
weisen” einer Gesellschaft (Arnold & Lermen, 2009, S. 29). In direkter Folge
wird unter systemischen Lernkulturen in der vorliegenden Option ein System
aus selbstreflexiven Perspektiven, auf die Art und Weise wie wir lernen, ver –
standen. Dabei stehen nicht nur Ausgangsbedingungen für neue Lernprozesse
im Fokus, vielmehr wird die Reflexion über die eigene Lernkultur selbst zentra –
ler Teil des Lernprozesses. Systemische Lernkulturen bauen somit insofern auf
den von Arnold und Lermen (2009, S. 39) beschriebenen konstruktivistischen
Lernkulturen auf, als dass sie die Identitätsfindung der Lernenden unterstützen,
selbstreguliertes Lernen ermöglichen und den Lernenden eine eigenständige
Rolle zusprechen. In diesem Zusammenhang sind systemische Lernkulturen
außerdem geprägt durch:
–Die „Aufhebung der Trennung von Lehren und Lernen” (Arnold & Lermen,
2009, S. 34), wodurch auch das klassisch-hierarchische Verhältnis zwischen
Lehrenden und Lernenden nicht abgeschafft, aber transformiert wird. In
systemischen Lernkulturen nehmen Lehrende die Rolle von Facilitators bzw.
Ermöglicher_innen (Begriffe in Anlehnung an die Ermöglichungsdidaktik von
Arnold & Schön, 2019) des Lernprozesses der Lernenden ein und lernen dabei
selbst kontinuierlich.
–Die Ermöglichung von Reflexionsprozessen über gesellschaftliche Hand –
lungsmuster und Machtverhältnisse sowie die Wirkungen des eigenen Han –
delns auf die Umwelt. Die Sichtbarmachung von Ungleichheiten sensibilisiert
dabei für Hürden des Zugangs zu Bildung, Ressourcen und Aufstiegsmöglich –
keiten im Sinne von Leave no one behind .
–Die offene Thematisierung von Unsicherheiten – nicht zuletzt aufgrund von
Komplexität – als Nährboden für zukünftiges, eigenmotiviertes Handeln (de
Haan, 2008, S. 36).
Um systemische Lernkulturen zu etablieren, ist eine
grundlegende Veränderung des gesamten Bildungssystems in absehbarer Zeit
notwendig. Systemische Lernkulturen zielen darauf ab, lernende Menschen auf
eine dynamische und sich kontinuierlich verändernde (Um-) Welt vorzubereiten.
Aus diesem Grund müssen auch Bildungsinstitutionen als soziale und lernfähi –
ge Organisationen verstanden werden. „Stark hierarchische und auf Inputsteue –
rung ausgerichtete Modelle [sind] zur Bewältigung der komplexer werdenden
Anforderungen von Schulen [und weiteren Bildungsinstitutionen] des 21. Jahr –
hunderts nur noch bedingt geeignet” (Boller, 2009, S. 71).
Mögliche Widerstände gegen die Etablierung sys –
temischer Lernkulturen sind – ähnlich wie bei Schulentwicklungsprozessen – zu
erwarten. Diese können u. a. „[…] die zeitlichen und organisatorischen Rahmen –
bedingungen sowie […] die Beteiligung und Spielräume der Akteure” (Altrichter
& Posch in Boller, 2009, S. 80f.) betreffen. So werden am Beispiel Schule von
beteiligten Lehrkräften unter anderem Zeitdruck, die „Arbeit in der Freizeit, zu
Hause und ohne zeitliche Entschädigung [und] die unterschiedliche und oft
lückenhafte Partizipationsbereitschaft” , der am Schulentwicklungsprozess Betei –
ligten und nicht verbindliche Arbeitsergebnisse als Probleme genannt (Altrichter
& Posch in Boller, 2009, S. 80f.). Da systemische Lernkulturen langfristig von
Optionen und Maßnahmen9einer grundlegenden Systemveränderung abhängig sind, ist auch mit strukturel –
len Barrieren zu rechnen.
Konkrete Schritte zur Etablierung systemischer
Lernkulturen in allen Ebenen des Bildungssystems lauten:
–Schaffung langfristiger und kontinuierlicher Konzepte für Projektunter –
richt in allen Ebenen des Bildungssystems ( siehe auch Option 04_06:
Projektorientierung);
–Aus- und Weiterbildung von Lehrenden als Begleiter_innen, Mentor_in –
nen oder Organisator_innen des Lernumfelds und der Lernbedingungen
(Arnold & Lermen, 2009, S. 38),
in Verbindung damit: Förderung interkultureller Lehrer_innenteams und Lern –
begleiter_innen durch die Beschäftigung von Lehrenden mit Migrationshinter –
grund, um besonders Lernende mit Migrationshintergrund zu unterstützen
(Stichworte Vorbildwirkung und Vertrauensverhältnis);
–Umsetzung von Maßnahme 1 (systemisches Denken) und Maßnahme 2
(selbstorganisiertes Lernen) der vorliegenden Option.
04_01 .3. Erwartete Wirkungsweise
Um Alternativen zu unserer derzeitigen atomisti –
schen, materialistischen und individualistischen „Kultur der Nicht-Nachhaltig –
keit” zu finden, ist ein systemischer Blick unabdingbar (Kagan, 2011, S. 481).
Systemkompetenz stellt daher eine der Kernkompetenzen für nachhaltige
Entwicklung dar (Fanta et al., 2019; Rieckmann, 2018; Wiek, Withycombe &
Redman, 2011). Eine Verbesserung dieser Kompetenz bei Lernenden ist durch
die Förderung systemischen Denkens (Maßnahme 1) ebenso wie durch den
Einsatz entsprechender Lernmethoden (Maßnahme 2) zu erwarten. Ein Grund –
verständnis von Systemen ist zudem Voraussetzung für die Identifikation zen –
traler Hebelpunkte ( Leverage Points ) in Systemen und der darauf basierenden
Gestaltung entsprechender Interventionen (Meadows, 1999; Abson et al., 2017;
Fischer & Riechers, 2019). Die Umsetzung von Maßnahme 1 und Maßnahme 2
der vorliegenden Option ist förderlich für das gewissermaßen überspannende
Ziel von Maßnahme 3; systemische Lernkulturen in allen Ebenen des Bildungs –
systems zu etablieren. Gelingt dies, so ist ein Beitrag zum möglichen Abbau
von Ungleichheiten und Diskriminierung (siehe auch Texte SDG 1, SDG 5 und
SDG 10) im Bildungssystem zu erwarten und außerdem wird somit zum Leitmo –
tiv der Agenda 2030 Leave no one behind (UN, 2015) beigetragen.
04_01 .3.3 Bisherige Erfahrung mit dieser Option
oder ähnlichen Optionen
Da sich die vorliegende Option gemäß ihrer Natur
als Grundsatzoption nicht auf bestimmte Ebenen des Bildungssystems bezieht,
sondern vielmehr allgemeinere Handlungsempfehlungen für das gesamte
Bildungssystem beinhaltet, ist ein direkter Vergleich mit anderen Initiativen
und Optionen schwierig zu ziehen. Selbstverständlich gibt es unterschiedliche
Anwendungsfelder, Disziplinen und Konzepte, die einen relevanten Zusammen –
hang mit den beschriebenen Maßnahmen aufweisen. Im Bereich des Forschen –
den Lernens ist z. B. die Science Center Didaktik angesiedelt, die insbeson –
dere „[…] wissenschaftliche Themen und/oder technische Phänomene oder
Zusammenhänge interaktiv erlebbar und verständlich“ machen möchte (Strei –
cher, Hossein & Schütz, 2011, S. 19). Science Center sind nicht explizit dem
Bildungssystem zuzuordnen, da diese beispielsweise auch Teil von Museen,
04_01 / Etablierung und verstärkte Umsetzung von
systemischen Lernkulturen 10Kunstausstellungen oder auch Technikparks sind, sie verfolgen laut Streicher et
al. (2011, S. 19) aber „[…] das Ziel, Wissenschaft auf leicht zugängliche Weise
unmittelbar erlebbar und begreifbar zu machen“ . Gemäß dieser Definition kann
das Educational Lab des Lakeside Park Klagenfurt im Umfeld der Universität
als Beispiel eines Science Centers genannt werden.
Als weiteres Beispiel auf der Ebene der Hochschule,
bei dem die in der vorliegenden Option vorgeschlagenen Maßnahmen um –
gesetzt wurden, dient die Leuphana Universität Lüneburg (Deutschland). Die
Leuphana will durch Bildung und Forschung „[…] einen Beitrag zur nachhaltigen
Entwicklung der Gesellschaft leisten, zur Förderung von Kompetenzen im Um –
gang mit Komplexität, zum interdisziplinären Problemlösen, zum eigenverant –
wortlichen Lernen, zur Bereitschaft und Fähigkeit der Übernahme gesellschaft –
licher Verantwortung” (Michelsen, 2012, S. 1). Um diese Ziele zu erreichen,
durchlaufen alle Bachelorstudierende unabhängig von der Studienwahl zualler –
erst das Leuphana Semester , in dem sie parallel zu den ersten fachspezifischen
Lehrveranstaltungen in fächerübergreifenden Teams an inter- und transdiszipli –
nären Projekten mit Nachhaltigkeitsbezug arbeiten und die Ergebnisse auf einer
selbstorganisierten Konferenzwoche vor der gesamten Universität präsentieren
(Michelsen, 2012, S. 1). Neben der direkten Einführung in das oben genannte
Forschende Lernen „[…] verfolgt die Universität mit dem Leuphana Semester
das Ziel, die Studierenden nicht nur zum wissenschaftlichen Arbeiten zu befä –
higen, sondern wissenschaftliche (Lern-) Kultur als solche von Anfang an aktiv
mitzuerleben” (Weiser et al., 2019, S. 194).
Hinsichtlich pädagogischer Konzepte, die für die
Erreichung der in dieser Option definierten Ziele förderlich sein können, ist
das Konzept der Gestaltungskompetenz zu nennen. Dieses Konzept möchte
u. a. auf gegenwärtige gesellschaftliche Herausforderungen reagieren und ist
fokussiert auf „Interdisziplinarität, Gerechtigkeit, Probleme gemeinschaftlich
lösen [und] Lernen mit Prognosen und Szenarien […]“ (De Haan, 2008, S. 31).
Es wurde im Rahmen des Programms Transfer 21 in Deutschland entwickelt
und orientiert sich am Referenzrahmen f ür Schl üsselkompetenzen der Organi –
sation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (De Haan,
2008, S. 31). Auch das interdisziplinäre didaktische Konzept Grüne Pädagogik
der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik Wien dient als Beispiel zur
verstärkten Umsetzung systemischer Lernkulturen. Dieses Konzept wurde mit
dem Ziel entwickelt, „Studierende in Lernprozessen Widersprüche, Dilemma –
ta, Irritationen, Mehrdeutigkeit bei der Auseinandersetzung mit komplexen
Problemstellungen erfahren zu lassen, diese zu reflektieren und in eigenen
Unterrichtsplanungen an berufsbildenden Schulen einzubringen […]“ (Forstner-
Ebhart & Lindner, 2020, S. 239).
Weitere Beispiele für die bereits geschehene Um –
setzung (von Teilen) der oben angeführten Maßnahmen in unterschiedlichen
Ebenen des Bildungssystems sind:
Auf Ebene der Hochschule:
–Schumacher College (UK) (Verbindung der grundsätzlich interdisziplinär an –
gelegten Studienprogramme, z. B. M.Sc. Holistic Science, mit Praxiserfahrun –
gen wie ökologischer Landwirtschaft im Rahmen des kommunalen Zusam –
menlebens am Campus);
–Universität für angewandte Kunst Wien (kontinuierliche studienbegleitende
Reflexionen im Rahmen einiger Bachelor- und Masterstudien, z. B. B.Sc.
Cross-Disciplinary Strategies – Applied Studies in Art, Science, Philosophy,
Optionen und Maßnahmen11and Global Challenges ).
Auf Ebene der Erwachsenenbildung:
–Capra Course (USA) (Online-Kurs zur Förderung systemischen Denkens auf
Basis von Fritjof Capras und Pier Luigi Luisis Arbeit zu einer Systems View of
Life);
–Cornell University (USA) (Online-Zertifikatsprogramm zur Förderung systemi –
schen Denkens und Integration in verschiedene Organisationskulturen);
–Massachusetts Institute of Technology (USA) (Kostenloser Onlinekurs zu sys –
temischem Leadership auf Basis von Otto Scharmers Arbeit zur Theorie U ).
04_01 .3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
Aufgrund der unterschiedlichen Teilaspekte der
Maßnahmen der vorliegenden Option ist der Zeithorizont der Wirksamkeit diffe –
renziert zu betrachten.
Kurz- bis mittelfristig
Die Anpassung von Lernmethoden und Lerninhalten
(z. B. in Lehrplänen an Schulen, Curricula an Hochschulen und in der Erwach –
senenbildung) kann grundsätzlich relativ kurzfristig umgesetzt bzw. es können
zumindest Anreize zur kurzfristigen Umsetzung geschaffen werden. Die Wirk –
samkeit dieser Veränderungen ist für einzelne Lernende (und Lehrende) eben –
falls als eher kurzfristig einzustufen, die umfassende Etablierung auf allen Ebe –
nen des Bildungssystems ist hingegen zeitverzögert mittelfristig zu erwarten.
Langfristig
Die Etablierung systemischer Lernkulturen ist kurz –
fristig nur bedingt möglich (z. B. durch die Einführung von Projektunterricht), da
eine langfristige Verankerung schrittweise geschehen muss. Damit eine solche
Verankerung wirksam wird, bedarf es jedoch einer umfassenden Transformation
aller beteiligten Ebenen des Bildungssystems, z. B. der Schulorganisation, der
Personalentwicklung (siehe SDG 4 Optionen zu Aus- und Weiterbildung Leh –
render) und der Bildungsdirektionen.
04_01 .3.5 Vergleich mit anderen Optionen, mit
denen das Ziel erreicht werden kann
Grundsätzlich besteht bei der vorliegenden Option
ein Zusammenhang mit allen Optionen im SDG 4 (und womöglich darüber hin –
aus), die einen systemischen Zugang zu Bildung verfolgen, fördern und fordern.
Besonders hervorzuheben sind die folgenden Optionen:
– Option 04_02: Verankerung von Ästhetischer Bildung in allen Bereichen des
Bildungssystems
-> Zusammenhang zu systemischem Denken generell;
– Option 04_06: Schaffung von projektorientierten Hand –
lungs- und Reflexionsräumen für die Arbeit an realwelt –
lichen Fallbeispielen im Kontext nachhaltiger Entwicklung
-> Zusammenhang mit selbstorganisiertem Lernen;
–Option 04_07: Aufbau bzw. Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen
(Schulautonomie, Unterstützungssysteme und Netzwerke) für den Aufbau
einer demokratischen, partizipativen Kultur an österreichischen Schulen zur
Förderung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung
-> Zusammenhang mit systemischen Lernkulturen;
–Option 04_16: Transdisziplinäre Bildung – Gemeinschaftliches verantwor –
tungsvolles Lernen zwischen Schüler_innen, Lehrer_innen und außerschuli –
04_01 / Etablierung und verstärkte Umsetzung von
systemischen Lernkulturen 12schen Akteur_innen
-> Zusammenhang zu systemischem Denken generell.
04_01 .3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
Da die Agenda 2030 (UN, 2015) nur systemisch ge –
dacht und umgesetzt werden kann, bilden systemisches Denken und Handeln
dafür allgemeine Grundlagen. Die folgenden beispielhaften Schnittstellen er –
heben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
– SDG 4 Hochwertige Bildung: Insbesondere Targets 4.5. und 4.7:
Schnittstellen ergeben sich beispielsweise durch den Fokus von Tar –
get 4.5 auf die Auflösung „geschlechtsspezifische(r) Disparitäten in
der Bildung [und] den gleichberechtigten Zugang der Schwachen in
der Gesellschaft“ (UN, 2015, S. 18) sowie mit Target 4.7, das auf die
Sicherstellung von Kenntnissen und Qualifikationen zur Förderung
nachhaltiger Entwicklung abzielt (systemisches Denken stellt eine
der Kernkompetenzen für nachhaltige Entwicklung dar) (UN, 2015)
-> Zusammenhang zu systemischem Denken generell;
– SDG 10 Weniger Ungleichheiten: Insbesondere Targets 10.1, 10.2 und 10.3:
SDG 10 „reflektiert […] das Leitmotiv der Agenda 2030 ‚Leave no one behind‘,
also den Fokus auf ganzheitliche soziale Inklusion der gesamten Agenda
2030″ (Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich, 2020, S. 62) und stellt
eine wichtige Schnittstelle zu systemischen Lernkulturen dar;
–SDG 17 Partnerschaften zur Erreichung der Ziele: Insbesondere Targets
17.13 bis 17.19, die sich explizit auf systemische Fragen beziehen (z. B. hin –
sichtlich Politikkohärenz und Multi-Akteur_innen-Partnerschaften).
Optionen und Maßnahmen13Literatur
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