SDG_12_Option_12_03_pdf_PT_freigabe_20231119_182402.txt
Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen
12_03 / Reduzierung von Lebensmittelverlusten12_03
Target 12.3Autorinnen:
Obersteiner, Gudrun ( Universität f. Bodenkultur Wien );
Allesch, Astrid ( Universität f. Bodenkultur Wien )
Reviewerinnen:
Dobernig, Karin ( Fachhochschule Wiener Neustadt );
Hundscheid, Laura ( Universität f. Bodenkultur Wien ) Reduzierung von Lebensmittelverlusten
3 Abbildungsverzeichnis
3 Tabellenverzeichnis
4 12_03 .1 Ziele der Option
4 12_03.2 Hintergrund der Option
7 12_03.3 Optionenbeschreibung
7 12_03.3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
9 12_03.3.2 Erwartete Wirkungsweise
9 12_03.3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Option oder ähnlichen
9 12_03.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
9 12_03.3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
10 12_03.3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
11 12_03.3.7 Offene Forschungsfragen
11 LiteraturInhalt
Optionen und Maßnahmen3Abbildungsverzeichnis
Abb. O_12-03_01: Status
zum Lebensmittelabfall –
laufkommen in Österreich.
Quelle: Obersteiner &
Luck (2020).
// Fig. O_12-03_01: Sta-
tus on food waste genera –
tion in Austria.
Source: Obersteiner &
Luck (2020).Tabellenverzeichnis
Tab. O_12-03_01:
Interaktionen mit anderen
SDGs.
Quelle: Eigene Darstel –
lung.
// Tab. O_12-03_01: Inter –
actions with other SDGs.
Source: Own illustration6 10
12_03 / Reduzierung von Lebensmittelverlusten12_03.1 Ziele der Option
Ziel der Option ist eine Reduzierung von Lebens –
mittelabfällen vor allem am Beginn der Wertschöpfungskette an der Schnittstelle
Landwirtschaft/Handel-Gastronomie-Konsument_in sowie am Ende der Wert –
schöpfungskette bei den Konsument_innen. In Anlehnung an die Zielformulierung
im Target 12.3 der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sollte die
Reduktion bei Haushalten einen Zielwert von 50 % erreichen und in der Landwirt –
schaft deutlich sein. Damit zusammenhängend können folgende Punkte gefordert
werden:
–Verminderung von Überproduktionen (z. B. zur Erfüllung von Sicherheitspuffern);
–Steigerung des Angebots an Produkten ohne Mindesthaltbarkeits- oder Ver –
brauchsdatum;
–Vereinfachung der Weitergabe/Spende von Lebensmitteln;
–Verankerung des Themas (Wertschätzung von Lebensmitteln (Herkunft, Res –
sourcenverbrauch, Umweltauswirkungen) / Nutzung von Lebensmitteln (Einkauf,
Lagerung, Kochen…) / Vermeidung von Lebensmittelabfall) in ALLEN Lehrplä –
nen durchgängig über alle Schulstufen als Schwerpunktthema.
Um eine nachhaltige Implementierung von Lebens –
mittelabfallvermeidungsprozessen sicherzustellen, muss der Fokus neben einer
Erhöhung der Wertschätzung für Lebensmittel vor allem in der Forcierung geeigne –
ter Geschäftsmodelle liegen, die beispielsweise in der Option 12_07 beschrieben
werden.
12_03.2 Hintergrund der Option
Das SDG 12 widmet sich der Sicherstellung von nach –
haltigen Konsum- und Produktionsmustern. In acht Zielvorgaben wird genauer er –
läutert, welche Teilaspekte für die Erreichung des SDG 12 zu berücksichtigen sind.
Das Target 12.3 lautet: „Bis 2030 die weltweite Nahrungsmittelverschwendung
pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene halbieren und die entlang der
Produktions- und Lieferkette entstehenden Nahrungsmittelverluste einschließlich
Nachernteverlusten verringern.“ (Vereinte Nationen (UN), 2015, S. 24).
In der Europäischen Union (EU) werden jährlich etwa
88 Millionen Tonnen an Lebensmittelabfällen verursacht; dies entspricht einem
monetären Wert von rund 143 Milliarden Euro (Stenmarck, Jensen, Quested &
Moates, 2016). Mit etwa 47 Millionen Tonnen fällt der größte Anteil in privaten
Haushalten an. Insgesamt 70 % der Abfälle werden durch Haushalte, Gastronomie
und Handel verursacht. Die EU hat sich im Kreislaufwirtschaftspaket zur Reduktion
von Lebensmittelabfällen verpflichtet und möchte somit auch den UN-Nachhaltig –
keitszielen (SDGs) folgen.
Auch in Österreich ist die Problematik der Lebens –
mittelverschwendung ein relevantes Thema. Allein die in Haushalten anfallende
Menge an großteils vermeidbaren Lebensmittelabfällen wird für Österreich auf über
500.000 Tonnen pro Jahr geschätzt (Obersteiner & Luck, 2020), wenn man Ab –
fälle, die im Kanal oder Biomüll landen, mitberücksichtigt. Der Begriff vermeidbare
Lebensmittelabfälle umfasst jene Lebensmittelabfälle, die zum Zeitpunkt ihrer Ent –
sorgung noch uneingeschränkt genießbar sind oder die bei rechtzeitiger Verwen –
dung genießbar gewesen wären, welche jedoch aus verschiedenen Gründen nicht
marktgängig sind (landwirtschaftliche Produktion, (Weiter-)Verarbeitung, Distribu –
tion, Groß- und Einzelhandel) bzw. aus unterschiedlichen Gründen nicht gegessen
4
Optionen und Maßnahmen(Großküchen- und Gastronomiebetriebe, Konsument) und daher entsorgt werden.
Insgesamt zeigen die Zahlen für Österreich, Deutschland und die Europäische
Union , dass Haushalte für rund 50 % aller Lebensmittelabfälle verantwortlich sind.
Die Gründe, weshalb Lebensmittel in Haushalten entsorgt werden, sind vielfältig
und können nicht auf einzelne Verhaltensweisen bzw. Einflussfaktoren reduziert
werden (Schwödt & Obersteiner, 2019). Obwohl in der wissenschaftlichen Literatur
die Einflussfaktoren auf das Lebensmittelabfallaufkommen in Haushalten bereits
gut beschrieben sind (u. a. Quested, Marsh, Stunell & Parry, 2013; Canali et al.,
2014; van Geffen, van Herpen & van Trijp, 2016 Scherhaufer, 2019, Roodhuyzen,
Luning, Fogliano & Steenbekkers, 2017) ist immer noch zu wenig über die Hinter –
gründe bekannt, warum Menschen Lebensmittel wegwerfen, bzw. vor allem was
die Hinderungsgründe sind, Lebensmittel rechtzeitig zu essen oder zu verwerten.
Nicht zu vernachlässigen sind daneben die Lebens –
mittelabfälle aus der Gastronomie, die ebenfalls primär durch den Gast verursacht
werden, beziehungsweise von Konsument_innen vermieden werden können. So
machen z. B. Tellerreste in der Gastronomie fast ein Viertel der gesamten Lebens –
mittelabfälle aus. Ähnlich ist es bei den Großküchen. Bei Hotels schlagen vor allem
Buffetreste zu Buche und im Catering ist es das nicht servierte Essen, welches
den größten Anteil am Lebensmittelabfallaufkommen hat. In allen Fällen können
die Konsument_innen durch ihr Verhalten Lebensmittelabfälle vermeiden. Sei es
durch das Bestellen kleiner Portionen im Restaurant oder durch das Mitnehmen
von Speisen im Restaurant oder beim Catering. Auch die rechtzeitige Bekanntgabe
einer Verhinderung, an einem Event teilzunehmen, kann helfen, Lebensmittelabfäl –
le zu vermeiden. Gleichzeitig können aber entsprechende strukturelle Änderungen
in der Gastronomie (Angebot kleinerer Portionen oder Doggy-Bags o. Ä.) die Kon –
sument_innen beim Vermeiden von Lebensmittelabfällen unterstützen.
Der aktuelle Status zum Lebensmittelabfallaufkommen
in Österreich kann nachfolgender Grafik O_12-03_01 entnommen werden. Die
Zahlen beziehen sich, sofern eine differenzierte Erfassung möglich ist, auf ver –
meidbare Lebensmittelabfälle. Dies trifft jedenfalls für Abfälle aus Haushalten und
Abfälle aus der Außer-Haus-Verpflegung zu, wo Zubereitungsreste von vermeidba –
ren Lebensmittelabfällen jeweils getrennt erfasst wurden.
Die Umsetzung von Vermeidungsmaßnahmen erfolgt
in Österreich bereits in vielfältiger Art und Weise. Die Erhebung konkreter Daten
zu vermiedenen Abfällen und somit der Nachweis der Zielerreichung ist jedoch
schwierig, da es zu Überlagerungen wie z. B. gute oder schlechte wirtschaftli –
che Entwicklung oder witterungsbedingte Beeinflussung der Ernte kommen kann.
Konkrete Daten können aber z. B. vom Handel über die Menge an gespendeten
Produkten oder in der Gastronomie durch direkte Vorher-Nachher Vergleiche nach
Umsetzung von Maßnahmen erhoben werden.
Wesentlich scheint, dass zu einer effizienten Lebens –
mittelabfallvermeidung immer die gesamte Versorgungskette zu betrachten ist. Es
geht nicht nur um die Vermeidung im eigenen Bereich, sondern um die Berück –
sichtigung von Optionen zur Lebensmittelabfallvermeidung in anderen Bereichen
der Wertschöpfungskette. So können die Konsument_innen nicht nur im eigenen
Haushalt Lebensmittelabfälle vermeiden, sondern durch den bewussten Einkauf
von z. B. nicht der Norm entsprechenden Produkten die Landwirtschaft, durch Be –
stellen kleiner Portionen die Gastronomie oder durch bewussten Griff zu Produkten
mit knappem Mindesthaltbarkeitsdatum den Handel bei der Lebensmittelabfall –
vermeidung unterstützen. Das kann aber nur funktionieren, wenn entsprechende
Rahmenbedingungen (z. B. über den Preis oder das Marketing, aber vor allem
5
12_03 / Reduzierung von Lebensmittelverlustendurch ein entsprechendes Angebot) geschaffen werden. Eine Einschränkung der
Marketingmaßnahmen zu mengengebundenen Sonderangeboten bei Lebensmit –
teln (z. B. Kauf drei – Zahl zwei oder günstigere Großpackungen) wird von einzel –
nen Supermarktketten in Österreich bereits umgesetzt und kann verhindern, dass
zu viele Lebensmittel eingekauft werden.
Abb. O_12-03_01 : Status zum
Lebensmittelabfalllaufkommen in
Österreich. Quelle: Obersteiner &
Luck (2020). // Fig. O_12-03_01 : Status on
food waste generation in Austria.
Source: Obersteiner & Luck
(2020).
6
Optionen und Maßnahmen12_03.3 Optionenbeschreibung
12_03.3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
Entlang der Wertschöpfungskette werden in Öster –
reich intensive Maßnahmen zur Lebensmittelabfallvermeidung vor allem in den
Bereichen Gastronomie und Handel bereits umgesetzt. Die Option 12_03 – Redu –
zierung von Lebensmittelabfällen fokussiert daher auf den weitaus relevantesten
Bereich bei Konsument_innen sowie auf den bisher eher vernachlässigten Bereich
in der Landwirtschaft. Im Folgenden werden die relevanten Maßnahmen auf Ebene
der einzelnen Sektoren dargestellt (Obersteiner, Sacher & Urbanova, 2019).
Maßnahmenbündel 1 ,Nahrungsmittelverluste in
der Landwirtschaft und Produktion reduzieren‘
Neue Studien zeigen, dass die Primärproduktion für
etwa 10 % aller Lebensmittelabfälle der EU-28 verantwortlich ist (Stenmark et
al., 2016). Bei genauerer, weltweiter Betrachtung des Primärsektors wird deutlich,
dass es sich vor allem um Getreide, Wurzeln und Knollen sowie Obst und Gemüse
handelt (Gustavsson, Cederberg, Sonesson & Emanuelsson, 2011). Bis zur Jahr –
tausendwende wurden Lebensmittelabfälle aus der Primärproduktion zum Großteil
an Nutztiere verfüttert, vor allem an Schweine und Geflügel. Mit dem 2001 in Kraft
getretenen Verfütterungsverbot für tierische Erzeugnisse wurde diese Möglichkeit
der Verwertung eingeschränkt.
Gründe
–Die Produkte werden aufgrund der Erntetechnik oder aus ökonomischen Grün –
den nicht geerntet;
–Produkte werden auf dem Feld, im Lager bzw. während des Transportes oder der
Verarbeitung beschädigt;
–Der Markt ist gesättigt aufgrund von Überproduktion oder neuen Ernährungs –
trends;
–Das Produkt entspricht nicht Marketing- oder Hygiene-Standards oder den Vor –
stellungen der Konsument_innen.
Einzelmaßnahmen
–Forcierung von Ernte und Nutzung von aktuell nicht genutzten Lebensmit –
teln
Beispiele: Etablieren von neuen Absatzkanälen für nicht marktfähige Pro dukte,
z. B. für nicht marktkonformes Gemüse, ohne vorherige Verarbeitung; Forcie –
rung der Direktvermarktung an Gastronomiebetriebe oder die Konsument_in –
nen; Erlaubnis zur Nachernte für Privatpersonen oder Organisationen u. a. für
sozialökonomische Betriebe;
–Einsatz von Lebensmittelabfällen und organischen Nebenprodukten für die
Weiterverarbeitung und Verfütterung
Beispiele: Entwicklung und Prozessierung von (neuen) Produkten aus bisheri –
gen Abfällen v. a. bei Überproduktionen; Wertsteigerung durch Prozessierung;
Haltbarmachung von Lebensmitteln; Beeinflussung der aktuellen EU-Gesetz –
gebung;
–Schaffung von verbesserten Rahmenbedingungen für die Entwicklung
neuer Produkte aus biogenen Rohstoffen bzw. Abfällen
Beispiele: Beeinflussung der aktuellen EU-Gesetzgebung;
–Ausbau und Schaffung von Absatzmärkten für einwandfreie, aber nicht der
Norm entsprechenden Lebensmitteln bzw. Produkten:
7
12_03 / Reduzierung von LebensmittelverlustenBeispiele: Aufbau von Netzwerken und Kooperationen zur Schaffung von ge –
meinsamen Vermarktungskanälen.
Maßahmenbündel 2: ,Lebensmittelabfälle bei
Konsument_innen reduzieren‘
Sowohl Studien aus Österreich als auch Ergebnisse
auf europäischer Ebene zeigen, dass über 50 % der anfallenden Lebensmittelab –
fälle erst am Ende der Wertschöpfungskette durch Konsument_innen verursacht
werden. Bei einer österreichischen Umfrage von über 2000 Teilnehmer_innen ga –
ben 18 % an, regelmäßig bis zu 10 % ihres Einkaufes an Lebensmitteln entsorgen
zu müssen. Bei weiteren 5 % waren es sogar zwischen 20 und 30 % des Einkaufes
(Obersteiner & Luck, 2020).
Gründe
Als Hauptursachen wurden neben der fehlenden
Motivation und Möglichkeiten (z. B. genug Platz im Kühlschrank) auch fehlendes
Wissen bzw. fehlende Kenntnisse identifiziert (van Geffen, van Herpen & van Trijp,
2016). Motivation bedeutet in dem Zusammenhang die Einstellung bzw. Haltung
bezogen auf Lebensmittelabfälle, das Bewusstsein gegenüber Lebensmittelab –
fällen und die auf Individuen wirkenden sozialen Normen. Das fehlende Wissen
betrifft u. a. die fehlenden Kenntnisse zur Haltbarmachung oder zur richtigen
Lagerung, aber auch die richtige Einschätzung des Mindesthaltbarkeitsdatums
(MHD) oder die ausreichenden Kochkenntnisse zu einer einfachen Verwertung von
Resten.
Einzelmaßnahmen
Im Idealfall wird den Konsument_innen ein Repertoire
an Möglichkeiten geboten, um selbst entscheiden zu können, an welcher Stelle
diese gerne ansetzen möchten. Konsument_innen sollen dabei nicht überfordert
werden, indem sie das Gefühl bekommen, dass sie sehr viele verschiedene Be –
reiche ihres Lebens komplett verändern müssen, um einen Unterschied zu erzielen
– dies führt womöglich eher dazu, dass das Thema gar nicht in Angriff genommen
wird.
–Ausweitung der Liste von Produkten, die kein MHD benötigen mit gleich –
zeitiger Bewusstseinsbildungsoffensive zu MHD und Verbrauchsdaten
Beispiele: Informationen und Verkostungen zu Produkten mit kurzen MHD im
Einzelhandel;
–Förderung von Informations- und Bildungskampagnen über Ernährung und
Lebensmittelverschwendung in der Bevölkerung und in Bildungseinrich –
tungen
Beispiel: Durchgängige schulstufenübergreifende Integration der Thematik in
die unterschiedlichen Lehrpläne. (Wieder)Einführung eines Gegenstandes zu
Kochen und Hauswirtschaftslehre in allen Bildungszweigen;
–Aktionen gegen Lebensmittelverschwendung
Beispiel: Einführung von Aktionstagen, österreichisches/europäisches Jahr
gegen Lebensmittelverschwendung.
Maßahmenbündel 3: Datenbasis verbessern
Obwohl die Datenlage zum Aufkommen von Lebens –
mittelabfällen in Österreich vergleichsweise schon relativ gut ist, sind immer noch
Lücken zu verzeichnen. Das betrifft im Bereich der Landwirtschaft z. B. Tierhaltung
und Ackerbau, wo Daten bisher völlig fehlen, oder im Bereich der Gastronomie
eine Erhöhung der analysierten Betriebe bzw. wiederkehrende Analysen, oder im
Bereich der Konsument_innen die Berücksichtigung von Lebensmittelabfällen, die
in der Biotonne landen. Nur durch eine verbesserte Datenbasis können die Gründe
8
Optionen und Maßnahmenfür das Lebensmittelabfallaufkommen optimal analysiert werden und maßgeschnei –
derte Vermeidungsmaßnahmen entwickelt werden.
12_03 .3.2 Erwartete Wirkungsweise
Die Umsetzung der verschiedenen Maßnahmenbün –
del sowohl im operativen als auch im Rahmen von Bewusstseinsbildung soll zu
einer neuen Wertschätzung von Lebensmitteln führen. Die breite Thematisierung
der Problematik über unterschiedliche Bildungs- und Ausbildungskanäle soll das
Thema bewusst machen und Lebensmittelabfallvermeidung attraktiv machen. Men –
schen sollen in Zukunft stolz darauf sein, Lebensmittelabfälle vermieden zu haben
und jede dahingehende Aktivität als erstrebenswerte Leistung empfinden. Ein
zweiter zu erwartender Effekt erfolgt durch die Wissensvermittlung. In vielen Fällen
sind Unkenntnis (z. B. zur optimalen Lagerung oder Haltbarmachung), falsch ver –
standene Hygienestandards oder fehlende Fertigkeit (das Kochwissen ist verloren
gegangen) Hauptursachen für Lebensmittelabfall vor allem im Haushaltsbereich.
In der Landwirtschaft und der Produktion geht es vor
allem um die generelle Thematisierung der Problematik sowie die Unterstützung
bei der Bildung entsprechender Verwertungs- und Vermarktungsnetzwerke.
12_03.3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Op –
tion oder ähnlichen Optionen
Zahlreiche Einzelbeispiele haben gezeigt, dass eine
Umstellung möglich und von langfristigem Erfolg gekrönt ist. Unter anderem konnte
in den Europäischen Projekten FUSIONS1, REFRESH2 und STREFOWA3 in zahlrei –
chen Fallstudien der Erfolg unterschiedlicher Maßnahmen in Fallbeispielen belegt
werden.
12_03 .3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
langfristig
Setzung erster Maßnahmen können und sollten rasch
umgesetzt werden (u. a. Bildung und Bewusstseinsbildung), weitreichende System –
änderungen und Änderungen des Konsumverhaltens sind aufgrund der System –
komplexität und Änderungsresistenz nur auf langfristige Sicht möglich.
12_03 .3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
–Option 2_02: Reduktion der Fehlernährung (Mangelernährung, Überernährung)
und Unterernährung auch im globalen Kontext;
–Option 2_03: Deutliche Reduktion der vermeidbaren Lebensmittelabfälle;
–Option 2_06: Nachhaltige Regionalentwicklung – Nachhaltigkeits-Perspektiven
für den ländlichen Raum;
–Option 2_09: Lokales Wissen im Bereich nachhaltiger und regionaler/standortan –
gepasster Landwirtschaft erhalten, austauschen und weiterentwickeln;
–Option 4_03: Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung im Bundes –
länderübergreifenden BildungsRahmenPlan für elementare Bildungseinrichtun –
gen in Österreich;
–Option 4_04: Verankerung von Konzepten einer Bildung für nachhaltige Entwick –
lung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Pädagog_innen in der Elementar –
1 http://www.eu-fusions.org
2 http://www.refreshcoe.eu
3 http://www.reducefoodwaste.eu
9
12_03 / Reduzierung von Lebensmittelverlustenpädagogik;
–Option 4_10: Bildungskonzepte für Nachhaltigkeit in allen Studienplänen an Uni –
versitäten und Hochschulen verankern;
–Option 9_03: Förderung nachhaltigkeits- und kreislauforientierter Forschung &
Entwicklung;
–Option 12_04: Änderung des Abfallregimes (Beginn und Ende der Abfalleigen –
schaft) zur Verstärkung der Kreislaufwirtschaft.
12_03 .3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
–Option2_02 Reduktion der Fehlernährung (Man –
gelernährung, Überernährung) und Unterernäh –
rung auch im globalen Kontext
–Option2_03 Deutliche Reduktion der vermeid –
baren Lebensmittelabfälle
–Option2_06 Nachhaltige Regionalentwicklung –
Nachhaltigkeits-Perspektiven für den ländlichen
Raum
–Option2_09 Lokales Wissen im Bereich regio –
naler/standortangepasster Landwirtschaft erhal –
ten, austauschen und weiterentwickeln
–Option4_03 Verankerung von Bildung für
nachhaltige Entwicklung im Bundesländerüber –
greifenden BildungsRahmenPlan für elementare
Bildungseinrichtungen in Österreich
–Option4_04 Verankerung von Bildungskonzep –
ten für nachhaltige Entwicklung in der Aus- Fort-
und Weiterbildung der Pädagog_innen in der
Elementarpädagogik
–Option4_10 Bildungskonzepte für Nachhaltig –
keit in allen Studienplänen an Universitäten und
Hochschulen verankern
–Option 9_03: Förderung nachhaltigkeits- und
kreislauforientierter Forschung & Entwicklung
–Option11_09 Schutz der Umwelt bei abfallwirt –
schaftlichen Prozessen
–Option 12_04: Änderung des Abfallregimes
(Beginn und Ende der Abfalleigenschaft) zur Ver –
stärkung der Kreislaufwirtschaft
Tab. O_12-03_01: Interaktionen
mit anderen SDGs. Quelle: Eigene
Darstellung. // Tab. O_12-03_01: Interactions
with other SDGs. Source: Own
illustration.
10Interaktionen SDG
Optionen und Maßnahmen12_03 .3.7 Offene Fragestellungen
Es ist immer noch recht wenig über die Hintergründe
bekannt, warum Menschen Lebensmittel wegwerfen bzw. rechtzeitig zu essen oder
zu verwerten.
Eine nachhaltige Reduktion des Lebensmittelabfallauf –
kommens erfordert eine Änderung der Verhaltensweisen der Menschen. Konven –
tionelle Ansätze zur Beeinflussung von Verhaltensweisen setzen auf Sensibilisie –
rungskampagnen und finanzielle Anreize. Neue Erkenntnisse aus den Sozial- und
Verhaltenswissenschaften deuten jedoch darauf hin, dass es möglich ist, die
„menschlichen“ Faktoren (kognitive und soziale) zu nutzen, um nachhaltiges Ver –
halten zu fördern. Die potenzielle Nutzung verhaltensbezogener, sozialer und kultu –
reller Erkenntnisse für die Gestaltung von Interventionen, um eine entsprechende
Vermeidung von Lebensmittelabfällen voranzutreiben, sollte im Fokus zukünftiger
Forschung stehen.
Zusätzlicher Forschungsbedarf besteht auch im Hin –
blick darauf, die Hinderungsgründe dafür, Lebensmittel rechtzeitig zu essen oder
zu verwerten, zielgruppenspezifisch zu ermitteln.
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11
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