SDG_11_Option_11_09_pdf_20231119_182400.txt

Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen1
11_09 / Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftlichen Prozessen 11_09
Target 11.6Autor_innen:
Allesch, Astrid (Universität für Bodenkultur) ; Bockreis,
Anke ( Universität Innsbruck ); Huber-Humer, Marion
(Universität für Bodenkultur)
Reviewer_innen:
Flamme, Sabine (Fachhochschule Münster );
Kraft, Eckhard ( Bauhau-Universität Weimar );
Widmann, Renatus ( Universität Duisburg Essen );Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftli –
chen Prozessen
2
3 Abbildungsverzeichnis
3 Tabellenverzeichnis
4 11_09 .1 Ziele der Option
4 11_09.2 Hintergrund der Option
6 11_09.3 Optionenbeschreibung
6 11_09.3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
12 11_09.3.2 Erwartete Wirkweise
13 11_09.3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
14 11_09.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
14 11_09.3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
15 11_09.3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
15 11_09.3.7 Offene Forschungsfragen
17 LiteraturInhalt
Optionen und Maßnahmen3Abbildungsverzeichnis
Abb. O_11-09_01: Sys-
tembild – Materialfluss –
analyse österreichische
Abfallwirtschaft. Eigene
Darstellung (2021).
// Fig. O_11-09_01: Sys-
tem image – material flow
analysis of the Austrian
waste management. Own
illustration (2021).12 5
7
10Tabellenverzeichnis
Tab. O_11- 09_01: Zusam –
mensetzung des gemisch –
ten Siedlungsabfalls.
Quelle: BMK (2020).
// Tab. O_11-09_01: Com –
position of mixed munici –
pal solid waste. Source:
BMK (2020).
Tab. O_11- 09_02: Maß –
nahmenkombination:
Getrennte und verwer –
tungs-orientierte Abfall –
sammlung etablieren.
Eigene Darstellung (2021).
// Tab. O_11-09_02:
Combination of actions:
establish separate and
recycling-oriented waste
collection systems. Own
illustration (2021).
Tab. O_11- 09_03: Maß –
nahmenkombination:
Emissionen aus der Ab –
fallbehandlung reduzie –
ren. Eigene Darstellung
(2021).
// Tab. O_11-09_03: Com –
bination of actions: reduce
short-term and long-term
emissions from waste
treatment. Own illustration
(2021).
11_09 / Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftlichen Prozessen 11_09.1 Ziele der Option
Nachhaltige Abfallwirtschaft als Bestandteil des Res –
sourcenmanagements bedarf klarer Ziele und Prioritäten. Während der Umgang
mit Abfällen in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ein erhebliches Gesund –
heitsrisiko darstellt, haben Industrieländer hygienische Ziele der Abfallwirtschaft
gesetzlich vorgegeben und weitestgehend erreicht (Friege & Dornack, 2019). Die
österreichische Abfallwirtschaft befindet sich auf einem hohen Niveau mit modernen
Verwertungs- und Entsorgungsstrukturen. In einigen Bereichen zeigt sich aber auch,
dass es innerhalb der österreichischen Abfallwirtschaft noch Optimierungspotentiale
gibt (Brunner et al. 2015). Das Ziel dieser Option besteht darin, die österreichische
Abfallwirtschaft hinsichtlich ihrer Ressourcenschonung, Umweltschutz und Nachhal –
tigkeit zu verbessern, um die Umweltbelastung pro Kopf zu senken.
11_09.2 Hintergrund der Option
Das Abfallaufkommen Österreichs lag im Jahr 2018
bei rund 66,47 Millionen Tonnen. Dieses beinhaltet ein Aufkommen an Primärabfäl –
len von 63,50 Millionen Tonnen sowie 2,97 Millionen Tonnen an Sekundärabfällen,
die aus der Behandlung von Primärabfällen resultieren (Bundesministerium für
Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), 2020).
Die Behandlung sämtlicher Abfälle teilte sich 2018 wie folgt auf und erfolgt in über
3.000 Behandlungsanlagen (BMK, 2020).
−45 % wurden stofflich verwertet (rezykliert und verfüllt);
−7 % wurden in Anlagen, die der Abfallverbrennungsverordnung unterliegen, ther –
misch behandelt;
−43 % wurden deponiert;
−5 % der Abfälle wurden in sonstiger Art behandelt (mechanisch-biologische Ab –
fallbehandlung, chemisch-physikalische Behandlung …).
Von den rund 4,4 Millionen Tonnen Siedlungsabfällen
aus Haushalten und ähnlichen Einrichtungen wurden 1,7 Millionen Tonnen oder
39 % als gemischter Siedlungsabfall (Restmüll) und Sperrmüll über die öffentliche
Müllabfuhr einer Behandlung zugeführt. 2,7 Millionen Tonnen oder 61 % des ge –
samten Aufkommens konnten über die getrennte Sammlung erfasst werden (BMK,
2020). 2018 wurden mit rund 52 % der rund 4,4 Mio. t Siedlungsabfälle aus Haus –
halten und ähnlichen Einrichtungen einer stofflichen Verwertung zugeführt. Rund
43 % wurden thermisch und rund 5 % mechanisch-biologisch behandelt (BMK,
2020).
Abfallsammlung
Die Sammlung von Abfällen ist eine weithin sichtbare
und wichtige kommunale Dienstleistung, die mit hohen Ausgaben verbunden ist.
Bei der heutigen Abfallsammlung wird grundsätzlich nach Hol- und Bringsystemen
unterschieden. Bei Bringsystemen muss der Abfall- und Wertstofferzeuger seine
Abfälle zum Sammelbehälter bringen (z.  B. Altstoffsammelinseln, Mistplätze). Die
Holsysteme zeichnen sich durch die Abholung der Abfälle bei den Haushalten oder
Gewerbegrundstücken aus (Gallenkemper, Dornbusch & Santjer, 2017). In Abhän –
gigkeit der Abfalleigenschaften, der jeweiligen Anforderungen an die Behandlung
und der gebotenen Services fallen unterschiedliche Kosten für die Sammlung/
den Transport sowie die Behandlung der Abfälle an. Zur Festsetzung der Gebüh –
ren werden verschiedene Modelle angewandt, wobei zumeist Behältergrößen und
Frequenz der Entleerung der Sammelbehälter ausschlaggebend sind. Für Abfälle,
4
Optionen und Maßnahmenderen Sammlung und Behandlung weder über kommunale Gebühren noch über
Gelder der Inverkehrsetzer_innen finanziert werden, hat der Abfallverursacher
für die Kosten durch direkte Bezahlung aufzukommen. Dies trifft in erster Linie
auf Abfälle aus Gewerbe und Industrie zu. Für Privathaushalte ist dieser Bereich
kaum vorhanden (Ausnahmen sind beispielsweise fallweise Altreifen oder Abfälle
aus Bautätigkeiten, wenn bestimmte Mengengrenzen überschritten werden) (BMK,
2020).
Um die Rohstoffversorgung langfristig sichern zu
können, ist die Nutzung von Sekundärrohstoffen ohne Alternative. Die Nutzung von
Abfällen wird politisch häufig mit der Ressourceneinsparung ohne Rücksicht auf
die Wertigkeit der jeweiligen Ressourcen durch pauschale Recyclingquoten gleich –
gesetzt, ohne auf den damit verbundenen ökologischen und ökonomischen Auf –
wand und die notwendige Qualitäten von Sekundärrohstoffen zu achten. Vielmehr
sollten Qualitäten im Vordergrund stehen. Dafür stellt die getrennte Sammlung von
Wertstoffen aus Siedlungsabfällen neben ihrer möglichst nicht umweltbelastenden
Verwertung eine entscheidende Stellschraube dar (Friege & Dornack, 2019). Die
Zusammensetzung des Siedlungsabfalls aus Haushalten und ähnlichen Einrich –
tungen in Österreich (siehe Table 1) zeigt, dass noch verwertbare Ressourcen
abgetrennt werden können.
5Fraktion Anteil [%]
Kunststoff 17,6
Organik 17,8
Papier 14,0
Hygenieartikel 9,6
Glas 4,9
Textilien und Schuhe 9,8
Metalle 4,7
Sonstiges 21,7
Tab. O_11-09_01:
Zusammensetzung des
gemischten Siedlungsabfalls.
Quelle: (BMK 2020). // Tab. O_11-09_01: Composition
of mixed municipal solid waste.
Source: (BMK 2020).
Emissionen aus der Abfallbehandlung
Laut Klimaschutzbericht verursachte der Sektor Ab –
fallwirtschaft (Gesamtabfallaufkommen) im Jahr 2017 Emissionen im Ausmaß von
2,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent und lag somit um 0,04 Millionen Tonnen unter
der sektoralen Höchstmenge nach dem Klimaschutzgesetz. Der Sektor Abfallwirt –
schaft umfasst etwa 3,5 % der österreichischen Treibhausgas-Emissionen. Die
Treibhausgas-Emissionen des Sektors stammen aus der Abfallverbrennung, der
Deponierung, der biologischen Abfallbehandlung (Kompostierung, Vergärung),
der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung sowie der kommunalen Abwas –
11_09 / Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftlichen Prozessen serbehandlung und -entsorgung. Die Abfallverbrennung1 ist aktuell für 48 % der
Treibhausgas-Emissionen des Sektors verantwortlich, Deponien für 39 %. Die bio –
logische Abfallbehandlung (vor allem die Kompostierung) verursachte 6 %, die Ab –
wasserbehandlung und -entsorgung rund 7 % der Treibhausgase in diesem Sektor.
Während die Methan-Emissionen aus Deponien zurückgehen (− 69 % gegenüber
1990), verzeichnen die Treibhausgas-Emissionen aus der Abfallverbrennung mit
anschließender Energiegewinnung einen deutlich ansteigenden Trend (+282 %),
allerdings von einem geringen Ausgangsniveau 1990 ausgehend (Umweltbundes –
amt 2019).
Mit Inkrafttreten der Deponieverordnung hat es we –
sentliche Änderungen hinsichtlich der Deponierung von Abfällen gegeben. Depo –
nien nach dem heutigen Stand können nicht mit alten Deponien (z.  B. Hausmüllde –
ponien) verglichen werden. Hinsichtlich der Umweltauswirkungen weisen aktuelle
Deponien ein hohes technisches Niveau auf. Die Deponierung von Abfällen ist aber
ein deutlicher Eingriff in die Natur und verändert die natürlichen Rahmenbedingun –
gen. Vor allem hinsichtlich geologischer Prozesse (Erosion und Sedimentation) ist
über einen längeren Betrachtungszeitraum (>1.000 Jahre) mit einer Abnahme der
Deponiemächtigkeit und einer Verteilung der abgelagerten Abfälle (und Schadstof –
fe) in die Umgebung zu rechnen (Brunner et al. 2015). Deshalb ist hinsichtlich der
Deponierung von Abfällen ein langer Betrachtungszeitraum (>1.000 Jahre) zu wäh –
len, um Auswirkungen abzubilden. Ein weiteres Risiko stellen Überflutungen von
Deponien da. Im Überschwemmungsfall sind Veränderungen der geohydraulischen
Verhältnisse zu erwarten und als Folge des gelagerten (Schadstoff-) Potentials,
massive Kontaminationen von Grund- und Oberflächenwässern möglich (Laner,
Fellner & Brunner, 2008). Die Ablagerung von schwermetallhaltigen Abfällen stellt
aufgrund möglicher Migration in die Umwelt ein Risiko und somit ein Defizit dar,
welches mit der Reduktion von Schadstoffen in abgelagerten Abfällen verringert
werden könnte. Ein Ziel der Abfallwirtschaft muss also die Reduktion von Schad –
stoffen in abgelagerten Abfällen sein (Brunner et al. 2015). Obwohl Deponien nach
dem heutigen Stand der Technik während des Betriebs durch die eingebauten
Sicherungssysteme grundsätzlich keinen negativen Einfluss auf das Grundwasser
haben sollten, ist nach Abschluss der Deponiebewirtschaftung durch das Versagen
dieser technischen Sicherungssysteme von mittel und langfristigen Sickerwasser –
belastungen auszugehen (Laner, Fellner & Brunner, 2011).
11_09.3 Optionenbeschreibung
11_09.3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
Mit den in dieser Option beschriebenen Maßnahmen –
kombinationen soll die österreichische Abfallwirtschaft optimiert werden, indem die
Abfallsammlung verbessert sowie Emissionen reduziert werden . Im Detail werden
folgende Maßnahmenkombinationen vorgeschlagen:
−Etablierung von getrennter und verwertungs-orientierter Abfallsammlung;
−Reduktion von Emissionen aus der Abfallbehandlung (Betrachtungszeitraum bei
Deponierung bis zu 1.000 Jahre).
61 Hier werden Hausmüll oder hausmüllähnliche Abfälle, Sonderbrennstoffe sowie gefährliche
Abfälle berücksichtigt.
Optionen und MaßnahmenMaßnahmenkombination: Etablierung von getrennter
und verwertungs-orientierter Abfallsammlung
Im Siedlungsabfall sind noch erhebliche Mengen an
recyclingfähigen Wertstoffen enthalten, die durch eine optimierte getrennte Samm –
lung einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden können. Um die Sammlung
zu optimieren, sind Maßnahmen im Bereich der Gebühren und Rücknahmesystem
möglich, die Vereinfachung der Sammlung durch ein einheitliches Sammelsystem
und Attraktivieren der Abfallsammelstellen. Während die Abfallwirtschaft bisher
stark durch ordnungsrechtliche Instrumente geprägt ist, geraten vor allem markt –
basierte Ansätze in den Fokus, wenn durch die Schließung von Stoffkreisläufen
die Effizienz der Ressourcennutzung und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit von
Volkswirtschaften erhöht werden soll. Mögliche Ansatzpunkte wären u.  a. verursa –
chergerechte Abfallgebühren ( pay as you throw ) oder der verstärkte Einsatz von
Pfandsystemen (Wilts, Lucas, von Gries & Zirngiebl, 2014). Für diese Maßnah –
menkombination werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
7Tab. O_11-09_02:
Maßnahmenkombination:
Getrennte und verwertungs-
orientierte Abfallsammlung
etablieren. Eigene Darstellung
(2021). // Tab. O_11-09_02: Combination
of actions: establish separate
and recycling-oriented waste
collection systems. Own
illustration (2021).Maßnahmen Beispiele
Angepasstes
Gebühren –
modell −Pay as you throw (Wirklichkeitsprinzip).
Rücknahme-
Systeme −Einwegpfand für Getränkeverpackungen;
−Mehrwegsysteme für Getränkeverpackungen;
−Mehrwegsysteme für Transportverpackungen;
−Forcierung von Pfandsystemen auf diverse
Produktgruppen (z.  B. Batterien, Akkumula –
toren, Bauteile).
Optimierung
von Abfall –
sammelstel –
len −Steigerung der Anzahl und Benutzerfreund –
lichkeit von Abfallsammelstellen;
−Ausbau der Altstoffsammelzentren;
−Essen-Hauszustellung/Online-Handel in die
Abfallsammlung eingliedern.
Einheitliches
Sammel-
system −Harmonisiertes Modell für die (getrennte)
Sammlung von Abfällen.
11_09 / Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftlichen Prozessen Abfallgebühren könnten sich stärker als bisher am tat –
sächlich anfallenden Abfall orientieren, um damit das Konsumverhalten und auch
die Produktion zu beeinflussen. Dabei können die Gebühren sowohl am Volumen,
am Gewicht oder auch an den verursachten Umweltbelastungen ausgerichtet wer –
den (Wilts, Lucas, von Gries & Zirngiebl, 2014). Das Wirklichkeitsprinzip ( pay as
you throw ) könnte dahingehen gestaltet werden, dass pro Masse an zu entsorgen –
dem gemischten Siedlungsabfall (Restmüll) eine spezifische Gebühr zu entrichten
ist. Für getrennt erfasste Abfälle (z.  B. Altpapier) wäre wiederum die Gebühr emp –
findlich niedriger bzw. kostenlos und würde somit motivieren, verstärkt getrennt
zu sammeln. Für die Umsetzung sind aber auch Kontrollen und Strafmechanis –
men notwendig, um die Verschleppung von Restmüll in andere Sammelsysteme
(z. B. Altpapier) oder in die Umwelt zu vermeiden. Abfälle oder Wertstoffe können
auf unterschiedliche Weise gesammelt werden. Unabhängig von der detaillierten
Ausgestaltung einzelner Sammel- und Rücknahmesysteme kann zwischen drei
Arten zur Sammlung unterschieden werden: Einwegpfand-Systeme, haushaltsna –
he, kollektive Systeme (duale Systeme) oder Mehrweg-Systeme (mit/ohne Pfand).
Pfandsysteme zielen darauf ab, das Recycling von Stoffen durch ökonomische
Instrumente zu erhöhen, und können je nach Sektor unterschiedlich ausgestaltet
werden.
Sind Abfälle erst einmal sortenrein (nach Material –
art z.  B. PET, PP) erfasst, reichen die ökonomischen Anreize, um diese einem
hochwertigen Recycling zuzuführen (Wilts et al., 2014). Zum Beispiel könnte im
Bausektor ein Bauträger eine bestimmte Summe hinterlegen, die erst bei Nachweis
einer entsprechenden Recyclingrate wieder zurückerstattet wird. Um eine ge –
trennte und verwertungsorientierte Sammlung zu forcieren, ist die Einführung von
Pfandsystemen auf unterschiedliche Abfallfraktionen möglich. Für Getränkever –
packungen ist die Einführung eines Einweg-Pfandsystems möglich, welches schon
bereits in zehn europäischen Ländern in verschiedenen Ausprägungen – zum Teil
schon seit vielen Jahren – betrieben wird. In allen Ländern werden hohe Rücklauf –
quoten für Kunststoffgetränkeflaschen weit über 80 % erreicht (Hauer et al., 2020).
Neben Getränkeverpackungen kann auch für Elektrokleingeräte, Akkumulatoren
und Batterien ein Pfandsystem angedacht werden, um die separate Sammlung
dieser Abfälle zu erhöhen (Wilts et al., 2014). Pfandsysteme könnten vor allem für
ressourcenintensive Elektro- und Elektronikprodukte verwendet werden, um einer –
seits Wertstoffe (z.  B. Metalle, seltene Erden) aber oft Schadstoffe (Additive in
Kunststoffen) entsprechend zu behandeln.
Die Ausgestaltung des Sammelsystems ist unter
anderem entscheidend für die Abfallmenge, die erfasst wird. Es spielen die
Positionierung (Entfernung), Benutzerfreundlichkeit und Gestaltung/Funktion der
Sammelbehälter eine bedeutende Rolle. Zum Beispiel könnte eine Optimierung
der Altstoffsammelzentren (Professionalisierung, Ausweitung der Öffnungszeiten,
Erhöhung der gesammelten Fraktionen, Erreichbarkeit auch mit öffentlichen Ver –
kehrsmitteln, etc.) die getrennte Sammlung weiterer Wertstofffraktionen ermög –
lichen und vor allem die Qualität erhöhen (Österreichischer Wasser- und Abfall –
wirtschaftsverband (ÖWAV) – die Junge Abfallwirtschaft, 2020). Einwurf-Öffnungen
bzw. -vorrichtungen in Bezug auf die Abfallform, wie man sie von Altglas- und
Leichtverpackungs-Behältern kennt, könnten auch bei anderen Sammelfraktionen
einen Beitrag zur Verminderung von Fehlwürfen leisten (ÖWAV – die Junge Ab –
fallwirtschaft 2020). Weiters würde ein in Österreich flächendeckend einheitliches
Sammelsystem die getrennte Sammlung gegenüber den Bürger_innen wesentlich
erleichtern, da es aktuell Verwirrung darüber gibt, wo und vor allem warum welche
8
Optionen und MaßnahmenFraktionen getrennt zu sammeln sind. Generell muss das öffentliche Bewusstsein
für Abfallvermeidung und Ressourceneffizienz in der Bevölkerung gestärkt werden.
Maßnahmenkombination: Reduktion von Emissionen
aus der Abfallbehandlung (Zeitraum 1 bis 1.000 Jahre)
Mit dieser Maßnahmenkombination werden aus –
schließlich die mit der Abfallbewirtschaftung einhergehenden Emissionen betrach –
tet. Zu beachten ist aber, dass eine etablierte Abfallwirtschaft auch positive Wir –
kungen hinsichtlich Ressourcenschonung (Rohstoffe, Energie etc.) zeigt und damit
Emissionen entlang des gesamten Lebenszyklus von Produkten einsparen kann.
Emissionen können auch durch Substitution (z.  B. Kompostierung und Nutzung des
Komposts als Düngemittel) innerhalb anderer Prozesse vermieden werden – dieser
Bereich des Recyclings wird in SDG 12 n äher betrachtet.
Emissionen sind in verschiedenen abfallwirtschaft –
lichen Prozessen unvermeidbar und müssten eigentlich mit der Unterlassung von
sinnvoller Abfallbehandlung und daraus entstehenden Langzeitfolgen verglichen
werden. Gewisse Emissionen von klimarelevanten Gasen insbesondere CO2 sind
somit unvermeidbar und können nicht auf null reduziert werden. Daher ist das Ziel
dieser Maßnahmenkombination die Emissionen so gering wie möglich zu halten
und dass nur solche Abfälle zurückbleiben, deren Ablagerung keine Gefährdung
für nachfolgende Generationen darstellt. Wichtig ist die Tatsache, dass Abfälle
nicht nur wertvolle Materialien enthalten, sondern auch Schadstoffe, die es im
Sinne eines nachhaltigen Abfallmanagements zu reduzieren gilt (Brunner, 2010).
Um ein nachhaltiges Ressourcenmanagement zu erreichen, müssen saubere
Kreisläufe und sichere letzte Senken geschaffen werden , ohne Risiko und Proble –
me in die Zukunft zu verschieben. Gefahrstoffe sollen aus Materialzyklen ausge –
schleust werden und in letzten Senken gelagert werden (Kral, Kellner & Brunner,
2013).
Bei einem Ausstieg aus der Deponierung unbehandel –
ter Abfälle, einhergehend mit gesteigerten Recyclingraten sowie energieeffizienter
Behandlung der Restabfälle, werden umgehend Erfolge bei der Treibhausgas –
minderung erzielt, wie es sich ja durch das Deponierungsverbot unbehandelter
Abfälle gezeigt hat. Um eine nachsorgefreie Deponie zu gewährleisten sind weitere
Maßnahmen vor allem hinsichtlich der Sickerwasserbelastung notwendig. Zusätz –
lich sollte auch die Ablagerung von mechanisch-biologisch behandelten Abfällen
reduziert werden, um weitere Treibhausgasemissionen zu minimieren.
Um Emissionen aus der Abfallbehandlung zu redu –
zieren sowie das Deponievolumen zu schonen, werden folgende Maßnahmen
vorgeschlagen:
9
11_09 / Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftlichen Prozessen 10Maßnahmen Beispiele
Qualität der
deponierten
Abfälle er –
höhen −Ausschleusung und Immobilisierung von Schadstoffen (Ab –
lagerung von Schadstoffen auf ein Minimum reduzieren <-->
saubere Kreisläufe).
Nachsorgefreie
Deponien −Reduzierung der Sickerwasserbelastung durch Optimierung
der Deponienachsorge;
−Reduzierung gasförmiger Emissionen durch Optimierung der
Deponienachsorge (z.  B. Methanoxidationsschicht);
−Reduktion der Ablagerung von reaktiven Abfällen durch Vor –
behandlung der Abfälle (Recycling, mechanisch biologische
Behandlung und Verbrennung);
−Entlassungskriterien für Deponien definieren;
−Verlängerung der Nachsorgephase.
Reduktion des
Deponievolu –
mens −Verwertungsmöglichkeiten von Schlacken und Aschen defi –
nieren;
−keine Ablagerung (un-)behandelter Abfälle (z.  B. keine Bau –
restmassen;
−Reduktion der Ablagerung von mechanisch-biologisch behan –
delten Siedlungsabfällen (z.  B. durch Verbrennung).
Verringerung
der Emissionen
bei abfallwirt –
schaftlichen
Prozessen −Verbesserung der Rauchgasreinigung bei Abfallverbrennung;
−Reduktion der Emissionen bei biologischer Abfallbehandlung.
Tab. O_11-09_03:
Maßnahmenkombination:
Emissionen aus der
Abfallbehandlung reduzieren.
Eigene Darstellung (2021). // Tab. O_11-09_03: Combination
of actions: reduce short-term and
long-term emissions from waste
treatment. Own illustration (2021).
Die Deponierung von Abfällen bedingt deutliche Ein –
griffe in die Natur und verändert natürliche Rahmenbedingungen (Brunner et al.,
2001) sowie ist mit einer Verteilung der abgelagerten Abfälle (und Schadstoffe) in
die Umgebung zu rechnen (Brunner et al., 2015). Deshalb muss die Qualität der
deponierten Abfälle erhöht werden, indem einerseits eine Ausschleusung und
Immobilisierung von Schadstoffen erfolgt und andererseits keine Wertstoffe ab –
gelagert werden. Die Ablagerung von Schadstoffen kann aber nur auf ein Minimum
reduziert werden, da gleichzeitig saubere Produktkreisläufe zu schaffen sind.
Umso wichtiger ist es, Verlagerungen von Schwerme –
tallen aus Deponien (z.  B. durch Erosion) und Schwermetallfrachten aus dem De –
poniesickerwasser ins Grundwasser zu verringern. Ein entsprechend niedrigeres
Schadstofffreisetzungsverhalten von Deponien kann durch die Verlängerung der
Nachsorgephase und einer damit verbundenen Verlängerung der Funktionstüchtig –
keit technischer Einrichtungen sowie einer Verlängerung der Sickerwasseraufberei –
tung erreicht werden. Die Nachsorge umfasst sowohl die Erfassung und Behand –
lung von Sickerwasser und Deponiegas als auch die Wartung und den Betrieb von
Optionen und Maßnahmendeponietechnischen Einrichtungen. Hinsichtlich der Emissionen (1 bis 1.000 Jahre)
von Deponiesickerwässern ist die Frage der Nachsorgedauer essentiell, da die
aktuelle Nachsorgephase viel zu kurz für all die noch laufenden Maßnahmen und
Emissionen aus einer Deponie sind.
Je nach Deponiebetrieb und Zusammensetzung der
abgelagerten Abfälle müsste die Nachsorge mehrere hundert bis tausende Jahre
betragen, um dem Ziel „ keine Gefährdung nachfolgender Generationen “ gerecht
zu werden (Laner, Fellner & Brunner, 2010). Hinsichtlich der gesetzlichen Vorga –
ben sind deshalb klare Regelungen (Kriterien) zu definieren, wann eine Deponie
aus der Deponienachsorge zu entlassen ist. Zur Reduktion der Nachsorgephase
kann auch nach Beendigung der Ablagerungsphase eine temporäre Oberflächen –
abdeckung2 zur Steuerung des Wasserhaushaltes aufgebracht werden, um Auslau –
gungsprozesse während der Nachsorgephase ablaufen zu lassen. Die Reduktion
gasförmiger Emissionen aus Deponien kann durch verschiedene rechtliche, aber
auch technische Maßnahmen erreicht werden. Die Reduktion der Deponiegas –
bildung selbst wird durch ein Verbot bzw. Reduktion der Ablagerung organischer
Abfälle (gemäß Deponieverordnung 2008 muss der TOC-Gehalt kleiner 5 % sein)
geregelt und w ährend des Betriebs der Deponie werden im Durchschnitt 50 % des
gebildeten Deponiegases erfasst und verschiedenen Verwertungsmöglichkeiten
zugeführt werden (Schachermayer & Lampert, 2008). Eine Reduktion der Methan –
emissionen kann aber zusätzlich durch eine Methanoxidationsschicht erfolgen.
Mikroorganismen setzen das klimawirksamere Methan unter Vorhandensein von
Sauerstoff zu Kohlendioxid und Wasser um (Huber-Humer et al., 2008). In Ab –
hängigkeit der verschiedenen Abdeckungen wird in der Literatur (Laner, Fellner &
Brunner, 2010) ein Methanoxidationsfaktor von 0,1 für bindigen Boden bis 0,7 für
optimierte Methanoxidationsschichten angegeben.
Im Jahr 2018 wurden 433.000 Tonnen Siedlungsab –
fälle nach entsprechender Behandlung deponiert. Werden alle Abfälle betrachtet
setzen sich die deponierten Abfälle (Summe 29 Millionen Tonnen) im Jahr 2018 in
Österreich zu 82 % aus Bodenaushub, 7,2 % sonstige verunreinigte Böden, 2,2 %
Schlacken und Aschen aus Abfallverbrennungsanlagen, 3,2 % mineralischer Bau –
schutt und 5,5 % restliche Abfälle zusammen (BMK, 2020). Vor allem könnte das
Deponievolumen durch Erhöhung der Verwertung mineralischer Stoffe geschont
werden. Eine Verwertung von Aschen, Schlacken sowie mineralischer Stoffe ist
sowohl im Straßenbau als auch als Sekundärroh- und Sekundärzumahlstoff in der
Zementindustrie möglich. Zu beachten ist, dass es bei einem Einsatz von Aschen
und Schlacken zu einer Erhöhung des Eintrags von Schwermetallen und anderen
Elementen in den Zementherstellungsprozess oder in die Umwelt kommen kann
(Umweltbundesamt (UBA), 2019).
Hinsichtlich der Nutzung von Abfällen sollten ‚saube –
re‘ (z.  B. Kunststoffe ohne Additive, Altholz ohne Lackierung) Abfälle vorranging
stofflich verwertet werden. Belastete Abfälle sollten wiederrum aus stofflichen
Verwertungsprozessen ausgeschlossen werden und bei geringer Belastung als
Ersatzbrennstoffe eingesetzt werden bzw. bei starker Belastung einer thermischen
Abfallbehandlung mit entsprechender Rauchgasreinigung zugeführt werden (Brun –
ner et al. 2015). Eine weitere Reduktion von Emissionen aus der Abfallwirtschaft
kann durch geschlossene Kompostierung sowie die Reduktion gasförmiger Pro –
zessverluste bei Biogasanlagen erfolgen. Es gibt unterschiedliche technische und
112 Die Funktionsweise der Abdeckung hinsichtlich des Wasser- und Deponiegashaushalts muss
gewährleistet sein.
11_09 / Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftlichen Prozessen 12organisatorische Maßnahmen, um Emissionen aus Biogasanlagen zu reduzieren.
Technische Minderungsmaßnahmen umfassen beispielsweise die Installation neuer
Komponenten oder die Wartung von Anlagenteilen und sind meist mit Kosten ver –
bunden. Organisatorische Maßnahmen sind dagegen durch den Eingriff in den
Betriebsablauf gekennzeichnet und können Methanverluste effizient reduzieren
(z. B. Leckagensuche, Emissionsmessungen, regelmäßige Wartung) (Kompost &
Biogas Verband, 2020). Generell soll der Fokus auf der kaskadischen Nutzung von
Abfällen gelegt werden, sodass durch eine kaskadische Nutzung biogener Rest –
stoffe effizient Sekundärrohstoffe und Energieträger erzeugt werden (Schneider &
Bockreis, 2013, Kannengießer, 2016), um Emissionen aus Herstellungsprozessen
zu vermeiden.
11_09.3.2 Erwartete Wirkweise
Neue Kreislaufwirtschaftsmodelle, Recycling, Energie-
und Materialeffizienz sowie neue Konsummuster haben ein erhebliches Potenzial
auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen. Durch die Aufbereitung von Ab –
fällen werden Sekundärstoffe, Energie oder auch Teile und komplexe Güter wieder –
gewonnen, die einen nachfolgenden Einsatz als Produkt erlauben. So können sie
die Primärproduktion vergleichbarer Materialien, Energie oder Produkte ersetzen
(Brunner et al., 2015). In dieser Option werden aber sogenannte Rezyklierbarkeits-
Substitutionsmethoden nicht betrachtet (siehe dafür SDG 12).
Ziel dieser Option ist die Reduktion der Emissionen
aus der Abfallbehandlung sowie Verbesserung der Abfallsammlung, um die Abfälle
einer Wiederverwendung oder hochwertigem Recycling zuführen zu können (siehe
folgende Abbildung).
Abfall –
aufkommenINPUT : T/JAHR OUTPUT : T/JAHR LAGER , ∆ L AGER : T/JAHR
Deponie –
emissionenEmissionen II
Abfall –
export
DEPONIESek.
Ressourcen
Deponierte
Abfälle IDeponierte Abfälle II
Lager, ∆ Lager SAMMLUNG UND
TRANSPORTABFALL –
BEHANDLUNG
(therm., biol.,
chem -phy.,
und weitere
Behandlung)AbfälleEmissionen I
Abb. O_11-09_01 : Systembild
– Materialflussanalyse
österreichische Abfallwirtschaft.
Eigene Darstellung (2021). // Fig. O_11-09_01 : System
image – material flow analysis of
the Austrian waste management.
Own illustration (2021).
Optionen und Maßnahmen13Eine Verbesserung der getrennten Abfallsammlung
zeigt sich indirekt dadurch, dass Ressourcen durch Wiederverwendung, Re –
cycling oder auch thermische Verwertung optimal genutzt werden. Hinsichtlich
Emissionen ist ein Monitoring dahingehend möglich, dass die Emissionen aus
der Abfallsammlung, Abfallbehandlung und Deponie reduziert werden – wobei
hier auch die Überwachung von Emissionen aus der Deponie von großer Bedeu –
tung ist (Schaffung nachsorgefreie Deponie), um aktuelle Probleme nicht in die
Zukunft zu verschieben. Durch getrennte Sammlung, Aufbereitung und Transport
von Wertstoffen zu Recycling- und Produktionsanlagen wird, die in weiterer Folge
verbleibende Abfallmasse zur Deponierung und Verbrennung wesentlich reduziert.
Negative Umweltauswirkungen, welche sich z.  B. durch Abluft- oder Abwasser –
emissionen bei der Deponierung und Verbrennung von Abfällen ergeben, werden
dadurch vermindert (Meyer, Sommer, Kratena, Tesar & Neubauer, 2016).
Ein Ziel der Abfallwirtschaft muss die Reduktion von
Schadstoffen in abgelagerten Abfällen sein. Allerdings nur durch Maßnahmen, die
andere Bereiche nicht negativ beeinflussen. So stellt z.  B. die Verschiebung der
Schadstoffe in den Bereich der verwerteten Abfälle keine Lösung dar, da Akkumu –
lation von Schadstoffen in Produkten sowohl die Produktqualität, die Umwelt, als
auch die menschliche Gesundheit negativ beeinflusst. Notwendig ist stattdessen
die Schaffung von sauberen Kreisläufen und von sicheren letzten Senken. Saube –
re Kreisläufe sind nur möglich, wenn Schadstoffe aus Recyclingprozessen aus –
geschleust und in sichere letzte Senken verbracht werden (Kral et al. 2013). Letzte
Senken sind definiert als Lagerstätten, welche Substanzen über einen Zeitraum
von >10.000 Jahren ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt zurückhalten
(Brunner & Rechnberger, 2004).
Die Abfallwirtschaft leistet durch das Recycling von
Abfällen und den nachgelagerten Einsatz von Sekundärrohstoffen in der Produk –
tion einen Beitrag zur Steigerung der Ressourcenproduktivität, zu Energie- und
Emissionseinsparungen und zur Entwicklung umweltschonender Wirtschaftsaktivi –
täten (Meyer, Sommer, Kratena, Tesar & Neubauer, 2016). Die Abfallwirtschaft ist
bisher vor allem ordnungsrechtlich geprägt. Ökonomische Anreize zur Schließung
von Stoffkreisläufen geraten aber inzwischen immer mehr in den Fokus, da sich
neue Möglichkeiten zu einem nachhaltigeren Ressourcenmanagement ergeben
und damit auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht immer relevanter werden. Im
Sinne nachhaltigen Denkens sollte die Abfallwirtschaft in erster Linie Materialien
bzw. Produkte rückgewinnen, die eine möglichst große ökonomische, soziale, öko –
logische und strategische Bedeutung haben (Friege & Dornack, 2019).
11_09.3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser
Option oder ähnlichen Optionen
−Einführung der Abfallgebühren nach dem Wirklichkeitsprinzip
Im Bereich der Abfallsammlung gibt es national und international Beispiele die
Gebühren nach dem Wirklichkeitsprinzip zur Förderung der getrennten Sammlung
einsetzen.
−Einführung eines Einwegpfandsystems im Bereich der Getränkeverpackungen
Hinsichtlich Pfandsystemen gibt es vor allem im Bereich der Getränkeverpackun –
gen international Erfahrungen. In Europa setzen schon 10 Länder Einwegpfand als
Lenkungsmaßnahme ein und in weiteren Ländern wird gerade an der Einführung
eines Einwegpfandsystems gearbeitet. Auch in Österreich wird aktuell Einweg –
pfand auf Kunststoffgetränkeflaschen diskutiert.
11_09 / Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftlichen Prozessen 14 −Einführung einer einheitlichen, getrennten Abfallsammlung
Die Einführung einer einheitlichen, getrennten Abfallsammlung wird in Österreich re –
gelmäßig diskutiert, aber aufgrund regionaler Gegebenheiten bis dato nicht umgesetzt.
−Nachsorgefreie Deponien
Die Deponieverordnung definiert Zeitperioden für die Nachsorgephase; diese
müssten anhand ökologischer Kriterien erweitert werden.
11_09.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
Es kann davon ausgegangen werden, dass die Maß –
nahmen dieser Option sowohl kurz- aber auch langfristig ihre Wirkung zeigen.
Die Maßnahmenkombination zur getrennten und verwertungs-orientierten Abfall –
sammlung kann mittelfristig etabliert werden und zeigt anschließend sehr schnell
ihre Wirkung. Die Maßnahmenkombination zur Reduktion der Emissionen ist
differenzierter zu betrachten. Die Reduktion von Emissionen aus der biologischen
Abfallbehandlung und Abfallverbrennung können bei Anwendung entsprechender
Technologien rasch Wirkung zeigen. Emissionen bei der Deponierung zeigen ihre
Wirkung erst nach einem Zeitraum von mehreren hundert Jahren.
11_09.3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
−Nachhaltige Regionalentwicklung – Nachhaltigkeits-Perspektiven für den länd –
lichen Raum [Target 2.3, Option 2_5]
−Krisensicherung der Ernährung und Landwirtschaft: Sicherung einer ausgewoge –
nen und langfristigen Eigenversorgung mit Lebensmitteln durch eine nachhaltige
Lebensmittelwertschöpfungskette [Target 2.4, Option 2_6]
−Reduktion der Verschmutzung von Haushalts- und Umgebungsluft [Target 3.9,
Option 3_15]
−An allen Hochschulen Nachhaltigkeitsstrategien entwickeln und implementieren
(inkl. Partizipation aller Hochschulangehörigen) [Target 4.7, Option 4_9]
−Reduktion von diffusen Nährstoff- und Problemstoffeinträgen [Target 6.3, Option 6_5]
−Reduktion von Spurenstoffen [Target 6.1, Option 6_6]
−Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschung [Target 6.1,
Option 6_8]
−Aufbau und Modernisierung einer nachhaltigkeitsorientierten Verwertungs- und
Recyclinginfrastruktur [Target 9.1, Option 9_2]
−Förderung nachhaltigkeits- und kreislauforientierter Forschung & Entwicklung
[Target 9.4, Option 9_3]
−Circular Economy Innovation & Technology Roadmap [Target 9.1, Option 9_4]
−Treibhausgasemissions-Bonus/Malus-System für öffentliche Gebäude [Target
11.6, Option 11_10]
−Nachhaltiger Umgang mit mineralischen Rohstoffen von der Gewinnung bis in –
klusive Halbzeugherstellung [Target 12.2, Option 12_1]
−Aktionsplan Hochwertiges Recycling: Design for Recycling , Schadstofffreiheit &
Einsatz von Sekundärrohstoffen [Target 12.2, Option 12_2]
−Änderung des Abfallregimes (Beginn und Ende der Abfalleigenschaft) zur
Verstärkung der
−Integration von Ökobilanzen in öffentliche Bau-Ausschreibungsverfahren unter Be –
rücksichtigung der Pre- und Post-procurement -Phase [Target 12.7, Option 12_6]
−Konsum von Gebrauchsgütern in einer Kreislaufwirtschaft: nachhaltig und trans –
formativ [Target 12.2, Option 12_7]
−Ökosoziale CO2-Steuerreform [Target 13.1, Option 13_1]
Optionen und Maßnahmen1511_09.3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
−Nachhaltige Regionalentwicklung – Nachhaltigkeits-Perspektiven für den länd –
lichen Raum [Target 2.3, Option 2_5]
−Krisensicherung der Ernährung und Landwirtschaft: Sicherung einer ausgewoge –
nen und langfristigen Eigenversorgung mit Lebensmitteln durch eine nachhaltige
Lebensmittelwertschöpfungskette [Target 2.4, Option 2_6]
−Reduktion der Verschmutzung von Haushalts- und Umgebungsluft [Target 3.9,
Option 3_15]
−An allen Hochschulen Nachhaltigkeitsstrategien entwickeln und implementieren
(inklusive Partizipation aller Hochschulangehörigen) [Target 4.7, Option 4_9]
−Reduktion von diffusen Nährstoff- und Problemstoffeinträgen [Target 6.3, Option 6_5]
−Reduktion von Spurenstoffen [Target 6.1, Option 6_6]
−Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschung [Target 6.1,
Option 6_8]
−Aufbau und Modernisierung einer nachhaltigkeitsorientierten Verwertungs- und
Recyclinginfrastruktur [Target 9.1, Option 9_2]
−Förderung nachhaltigkeits- und kreislauforientierter Forschung & Entwicklung
[Target 9.4, Option 9_3]
−Circular Economy Innovation & Technology Roadmap [Target 9.1, Option 9_4]
−Treibhausgasemissions-Bonus/Malus-System für öffentliche Gebäude [Target
11.6, Option 11_10]
−Nachhaltiger Umgang mit mineralischen Rohstoffen von der Gewinnung bis in –
klusive Halbzeugherstellung [Target 12.2, Option 12_1]
−Aktionsplan Hochwertiges Recycling: Design for Recycling, Schadstofffreiheit &
Einsatz von Sekundärrohstoffen [Target 12.2, Option 12_2]
−Änderung des Abfallregimes (Beginn und Ende der Abfalleigenschaft) zur
Verstärkung der
−Integration von Ökobilanzen in öffentliche Bau-Ausschreibungsverfahren unter Be –
rücksichtigung der Pre- und Post-procurement- Phase [Target 12.7, Option 12_6]
−Konsum von Gebrauchsgütern in einer Kreislaufwirtschaft: nachhaltig und trans –
formativ [Target 12.2, Option 12_7]
−Ökosoziale CO2-Steuerreform [Target 13.1, Option 13_1]
11_09.3.7 Offene Forschungsfragen
Für die Bewertung der Abfallwirtschaft und dem Ab –
leiten von Handlungsmaßnahmen müssen verschiedene zum Teil sehr komplexe
Methoden angewandt werden, die es zu entwickeln bzw. zu verbessern gilt. Ins –
besondere bei den Kriterien ‚Schutz der menschlichen Gesundheit‘, ‚Ressourcen –
schonung‘ (saubere Kreisläufe) und ‚sichere letzte Senken‘ besteht ein großer,
nicht nur auf Österreich bezogener Forschungsbedarf (Brunner et al., 2015).
Menschliche Gesundheit
Derzeit existiert für den Schutz der menschlichen
Gesundheit kein Satz an Indikatoren, anhand dessen eine potentielle Gefährdung
des Menschen zufriedenstellend beurteilt werden kann. Dies ist eine gravierende
Wissenslücke für die gesamte Abfallwirtschaft nicht nur Österreichs, sondern auf
globaler Ebene. Die enormen Leistungen, die Verfahren wie die Sammlung und
Verbrennung von Abfällen bezüglich Mikroorganismen (Parasiten, Bakterien, Viren,
u. a.) und humantoxischen Stoffen (Persistente, organische Verunreinigungen
POPs, Schwermetalle, radioaktive Substanzen) erbringen, können derzeit nicht
gewertet werden.
11_09 / Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftlichen Prozessen 16Ressourcenschonung (saubere Kreisläufe)
Die Abfallwirtschaft ist im Sinne des Vorsorgeprinzips
und der Nachhaltigkeit danach auszurichten, dass Ressourcen (Rohstoffe, Wasser,
Energie, Landschaft, Flächen, Deponievolumen) geschont werden. Dies kann
einerseits durch die Gewinnung von Sekundärressourcen aus Abfällen oder durch
die Minimierung des Ressourcenverbrauchsinnerhalb der Abfallwirtschaft erreicht
werden. Für die Schonung von Rohstoffen ist nicht nur der Mengenvergleich, son –
dern vor allem der Vergleich der Aufwendungen (z.  B. Energie) für die Primär- und
Sekundärerzeugung bedeutend. Forschung ist vor allem in der Bestimmung des
Abfallaufkommens selbst (z.  B. anthropogenen Lager, Lebensdauer) als auch in
der Weiterentwicklung der lebenszyklischen Analyse (z.  B. Ökobilanz) notwendig.
Zusätzlich ist die Abfallwirtschaft danach auszurichten,
dass bei der stofflichen Verwertung die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen
Stoffe kein höheres Gefährdungspotential aufweisen als vergleichbare Primär –
rohstoffe oder Produkte aus Primärrohstoffen (siehe auch Option SDG 12.04). Es
sind Kriterien notwendig, die einerseits berücksichtigen, dass hohe Recyclingraten
aus der Sicht der Rohstoffschonung wünschenswert sind, aber andererseits darf
dadurch kein Gefährdungspotential für Mensch und Umwelt geschaffen werden.
Die Bestimmung des Gefährdungspotentials ist eine komplexe Aufgabe. Neben
den Gesamtschadstoffgehalten in Primär- und Sekundärprodukten sind, je nach
Produkt, verschiedene weitere Kriterien zu berücksichtigen, wie z.  B. Eluat-Werte,
Einsatzbereiche, Verwendungszwecke, etc., die ebenfalls einen Einfluss auf das
Gefährdungspotential haben. D.  h., für die Beurteilung der Zielerreichung sind je
Abfall/Sekundärrohstoff spezifische Untersuchungen der Schadstoffgehalte und
der Auswirkungen der weiteren Kriterien sowohl für die Sekundärrohstoffe als auch
für vergleichbare Primärrohstoffe notwendig.
Sichere letzte Senken
Die Abfallwirtschaft soll sicherstellen, dass nur
solche Abfälle zurückbleiben, deren Ablagerung keine Gefährdung für nachfol –
gende Generationen darstellt. Deponien haben innerhalb der Abfallwirtschaft eine
wichtige, unverzichtbare Funktion, falls sie als sichere Senke dienen und Schad –
stoffe umweltverträglich aus dem Produktkreislauf ausschließen. Deponien sind
aktuell allerdings keine sicheren letzten Senken – vor allem nach Abschluss der
Deponiebewirtschaftung – und deshalb sind klare Regelungen zur Ablagerung, der
Nachsorgephase und zur Entlassung von Deponien aus derselben notwendig. Vor
allem das Zusammenspiel zwischen Schadstoffen in Produkten (‚saubere Kreis –
läufe‘) und die Verbringung von Schadstoffen in sichere Senken (‚nachsorgefreie
Deponien‘) ist noch nicht ausreichend untersucht.
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