SDG_06_Option_06_08_VG_20231119_182355.txt

Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen1
06_08 / Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschung06_08
Target 6.1, 6.3, 6.4, 6.6, 6aAutor_innen:
Schubert, Gerhard ( Geologische Bundesanstalt ); Uh –
mann, Annett (Geologische Bundesanstalt); Stumpp,
Christine ( Universität für Bodenkultur Wien ); Derx,
Julia ( Technische Universität Wien )Verbesserter Grundwasserschutz
durch bedarfsorientierte Forschung
23 Tabellenverzeichnis
4 06_08 .1 Ziele der Option
5 06_08.2 Hintergrund der Option
8 06_08.3 Optionenbeschreibung
8 06_08.3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
15 06_08.3.2 Erwartete Wirkungsweise
15 06_08.3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Option oder ähnlichen
15 06_08.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
15 06_08.3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
16 06_08.3.6 Interaktionenen mit anderen SDGs
17 LiteraturInhalt
Optionen und Maßnahmen3Tabellenverzeichnis
Tab. O_6-08_01 : Wirkung
der Option 6_8 auf die
Targets des SDG 6.
// Tab. O_6-08_01 : Impact
of option 6_8 on the SDG
6 targets.
Tab. O_6-08_02 : Interak –
tionen der Option 6_8 mit
anderen SDGs.
// Tab. O_6-08_02 : Inter –
actions of option 6_8 with
other SDGs.14
16
06_08 / Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschung06_08 .1 Ziele der Option
Ziel der Option 6_8 sind ein verbesserter Schutz so –
wie eine nachhaltigere Nutzung der Ressource Grundwasser durch bedarfsorien –
tierte Forschung. Ein vertieftes Verständnis für die Beschaffenheit und Eigenschaf –
ten der Grundwasserüberdeckung und des Grundwasserleiters, sowie für die in
der Sickerzone und im Grundwasser stattfindenden Strömungs- und Transportpro –
zesse, das Stoffverhalten und für die Interaktion zwischen Oberflächenwasser und
Grundwasser können wesentlich zur Lösung der bestehenden Probleme beitragen.
Diese Option richtet sich an die wissenschaftlichen
Fördereinrichtungen des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und For –
schung und des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus,
sowie an weitere für den Umweltschutz und die Wasserwirtschaft relevante Förder –
einrichtungen. Für diese sollen hier Anregungen gegeben werden, welche aktuel –
len Forschungsthemen für einen verbesserten Grundwasserschutz und damit auch
einer nachhaltigeren Nutzung dienlich sind.
Die vorliegende Option zielt auf kein einzelnes Target
im SDG 6 ab, sondern betrifft vor allem Teilaspekte folgender SDG 6-Targets:
–Target 6.1: bis 2030 den allgemeinen und gerechten Zugang zu einwandfreiem
und bezahlbarem Trinkwasser für alle zu erreichen bzw. im Kontext zur Situation
in Österreich, diesen zu erhalten;
–Target 6.3: bis 2030 die Wasserqualität durch Verringerung der Verschmutzung,
Beendigung des Einbringens und Minimierung der Freisetzung gefährlicher
Chemikalien und Stoffe, Halbierung des Anteils unbehandelten Abwassers und
eine beträchtliche Steigerung der Wiederaufbereitung und gefahrlosen Wieder –
verwendung zu verbessern (z. B. durch die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse
bei der Art der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung unter speziellen naturräum –
lichen Gegebenheiten);
–Target 6.4: bis 2030 die Effizienz der Wassernutzung in allen Sektoren wesent –
lich zu steigern und eine nachhaltige Entnahme und Bereitstellung von Süßwas –
ser zu gewährleisten um der Wasserknappheit zu begegnen;
–Target 6.6: bis 2020 wasserverbundene Ökosysteme zu schützen und wieder –
herzustellen, darunter Berge, Wälder, Feuchtgebiete, Flüsse, Grundwasserleiter
und Seen;
–Target 6a: bis 2030 soll Österreich zusätzlich auch seine Rolle bei internationa –
len Zusammenarbeiten und bei der Unterstützung der Entwicklungsländer beim
Kapazitätsaufbau für Aktivitäten und Programme im Bereich der Wasser- und
Sanitärversorgung weiter ausbauen.
Darüber hinaus bezieht sich die Option u. a. auch
auf folgende Targets anderer SDGs:
–Target 3.9: bis 2030 die Zahl der Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemika –
lien und der Verschmutzung und Verunreinigung von Wasser und Boden erheb –
lich verringern;
–Target 7.2: bis 2030 den Anteil an erneuerbarer Energie im globalen Energiemix
substanziell erhöhen;
–Target 9.5: die wissenschaftliche Forschung verbessern sowie die öffentlichen
und privaten Ausgaben für Forschung und Entwicklung beträchtlich erhöhen;
–Target 11.6: bis 2030 die von den Städten ausgehende Umweltbelastung pro
Kopf senken, unter anderem mit besonderer Aufmerksamkeit auf der Luftqualität
und der kommunalen und sonstigen Abfallbehandlung;
–Target 12.2: bis 2030 die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung
4
Optionen und Maßnahmender natürlichen Ressourcen erreichen;
–Target 13.1: die Widerstandskraft und die Anpassungsfähigkeit gegenüber klima –
bedingten Gefahren in allen Ländern stärken;
–Target 13.3: die Aufklärung und Sensibilisierung im Bereich der Klimaanpassung
und der Reduzierung der Klimaauswirkungen verbessern;
–Target 15.1: im Einklang mit den Verpflichtungen aus internationalen Überein –
künften die Erhaltung, Wiederherstellung und nachhaltige Nutzung der Land- und
Binnensüßwasser-Ökosysteme und ihrer Dienstleistungen gewährleisten.
06_08 .2 Hintergrund der Option
Grundwasser ist eine lebensnotwendige Ressource
für Trinkwasserversorgung, Bewässerung, Viehwirtschaft, Industrie und Gewerbe
(Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
(BMLFUW), 2017). Darüber hinaus ist Grundwasser ein essenzieller Bestandteil
vieler aquatischer und terrestrischer Ökosysteme. Grundwasser ist ein nachhal –
tiger Rohstoff, der durch in den geologischen Untergrund versickernde Nieder –
schlags- und Oberflächenwässer neu gebildet und dort über einen längeren Zeit –
raum gespeichert wird.
In Österreich wird für die Trinkwasserversorgung aus –
schließlich Grundwasser und Quellwasser verwendet (Brandstetter & Payerl, 2018).
Die Bedeutung des Grundwassers für die Bewässerung, vor allem die Entnahme
aus Porengrundwasserkörpern entlang großer Flüsse, wird aufgrund klimatischer
Veränderungen in Zukunft weiter zunehmen. Grundwasser ist hierzulande zudem
auch für Mineral- und Tafelwasser, Heilquellen und Thermalbäder sowie für die
geothermische Nutzung (Heizen und Kühlen ) essenziell.
Die Quantität und Qualität der heimischen Grund –
wasserressourcen wird jedoch durch einige, wenn auch notwendige menschliche
Aktivitäten gefährdet. Das betrifft die Landwirtschaft (Drainagierung, Bewässerung,
Düngung, Pestizide), große Infrastrukturbauten wie Verkehrswege und Flusskraft –
werke (Eingriffe in den Grundwasserhaushalt durch Entwässerung und Unterbre –
chung des Grundwasserstroms), die Abwasser- und Abfallwirtschaft, Industrie und
Gewerbe, Erdwärmenutzungen, Bergbau (Grubengebäude, Halden, Kohlenwas –
serstoffbohrungen etc.) sowie die tiefe Geothermie bzw. Thermalwassernutzung
(Formationswässer). Details zu den meisten der genannten Eingriffe, getrennt nach
Quantität und Qualität, können dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan
(NGP) entnommen werden (BMLFUW, 2006a).
Eine besondere Herausforderung stellen der Klima –
wandel und die sich damit ändernden Niederschlags- und Abflussverhältnisse
dar. Laut aktueller Studien ist in Österreich eine Zunahme an Starkregen, eine
Verschärfung der Hochwasserproblematik sowie eine Abnahme der Grundwas –
serneubildung vor allem in niederschlagsarmen Regionen im Osten und Süden
Österreichs zu erwarten (Blöschl et al., 2017). Es ist zudem abzusehen, dass die
Dauer von Dürreperioden in der Alpenregion zunehmen wird (Haslinger, Schöner &
Anders, 2016). Diese Faktoren beeinflussen die Quantität und Qualität des Grund –
wassers.
Nicht zuletzt werden aufgrund der Herausforderungen
des Klimawandels die in größerer Tiefe vorliegenden Grundwasserressourcen zu –
nehmend interessant. Diese sind kaum vom Klima abhängig und weisen aufgrund
der langen Verweilzeit im Untergrund einen guten natürlichen Schutz vor Verunrei –
nigungen auf. Solche für die Trinkwassernotversorgung geeigneten Tiefengrund –
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06_08 / Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschungwässer sind aber in einigen Gebieten nicht ausreichend untersucht und es gibt hier
in Hinblick auf eine mögliche Nutzung noch starken Forschungsbedarf (Schubert,
Philippitsch, Berka, Finger & Schuster, 2015). Dasselbe gilt auch für die Thermal –
wässer in den tiefen Sedimentbecken, die in dafür geeigneten geologischen Struk –
turen nicht nur für Badezwecke, sondern vor allem auch als nachhaltige Energie –
quelle für die Fernwärme verwendet werden können (Elster et al., 2018).
In Österreich hat die Wasserwirtschaft eine lange
Tradition. Es gibt gesetzlich klar definierte Vorgaben und entsprechende Instru –
mente zur Überwachung der Grundwasserquantität und -qualität. Der Schutz des
Grundwassers vor negativen Beeinträchtigungen sowie seine nachhaltige Nutzung
werden im Wasserrechtsgesetz 1959 in der geltenden Fassung (WRG, 1959) ge –
regelt. Die Überwachung des chemischen und mengenmäßigen Zustandes von
Grundwasser erfolgt im Rahmen der Gewässerzustands überwachungs verordnung
(BMLFUW, 2006b). Die Erhebung des Wasserkreislaufes und der Wassergüte wird
im Rahmen der Wasserkreislauferhebungsverordnung (BMLFUW, 2006a) vollzo –
gen. Die hygienischen Anforderungen an die Beschaffenheit des Trinkwassers sind
in der Trinkwasserverordnung (Bundesministerium für soziale Sicherheit und Ge –
nerationen (BMSG), 2001) geregelt und in Kapitel B1 des Österreichischen Lebens –
mittelbuches (B1 Trinkwasser, 2007) präzisiert. Das Monitoring des Bodenwassers
ist ebenfalls in der Wasserkreislauferhebungsverordnung (BMLFUW, 2006a) ver –
ankert. Im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) wird alle sechs Jahre
der Zustand der Oberflächen-, Grund- und Quellwässer ausgewertet und Maß –
nahmen vorgeschrieben. Der NGP wird vom BMLRT im Internet veröffentlicht, der
aktuellste (Stand Oktober 2021) bezieht sich auf das Jahr 2015 (BMLFUW, 2017).
Die Umweltstandards und auch die Qualität des
Grundwassers sind in Österreich global betrachtet vergleichsweise hoch. Dennoch
gibt es Regionen mit momentanen Problemen und zukünftigen Herausforderungen.
Vor allem im Osten des Bundesgebietes weisen große, landwirtschaftlich genutzte
Gebiete erhebliche Nitratbelastungen auf (BMLFUW, 2017). Ebenso stellen die vor
allem in der Landwirtschaft eingesetzten Pestizide eine große Herausforderung für
den Grundwasserschutz dar ( Umweltbundesamt (UBA), 2016). In den letzten Jah –
ren sind zudem weltweit und auch in Österreich im Grundwasser diverse neuartige
Spurenschadstoffe (Zoboli et al., 2019) sowie im Grundwasser gelöste Elemente,
wie Arsen, Uran, Fluor und Antimon in den Fokus gerückt. Diese können bei der
Trinkwasserversorgung ebenfalls Probleme bereiten. Die genannten Elemente sind
hauptsächlich geogener Natur, können aber auch aus anthropogenen Verunrei –
nigungen stammen. Um die Ursachen zu klären, besteht hier noch ein erheb –
licher Forschungsbedarf. Ihretwegen mussten einige Wasserwerke gesperrt bzw.
Trinkwasser teuer aufbereitet werden. In den Berichten „Metalle im Grundwasser“
(Loiskandl-Weisz et al., 2012) und „Uran im Grundwasser“ (Humer et al., 2019) sind
die betroffenen Gebiete dargestellt. Für Spurenschadstoffe (z. B. Pharmazeutika,
Substanzen aus Kosmetika und Life-Style -Produkten) ist noch wenig über das
Transportverhalten und Vorkommen dieser Stoffe sowie deren Auswirkung auf die
menschliche Gesundheit bekannt (Lapworth, Baran, Stuart & Ward, 2012). Ein bes –
seres Grundlagenwissen wäre im Hinblick auf die Entwicklung gesetzlicher Vorga –
ben entscheidend (z. B. für die Bestimmung von Grenzwerten im Grundwasser).
Im Rahmen der Umsetzung der EU-Wasserrahmen –
richtlinie (WRRL) ( Europäisches Parlament (EP) & Rat der Europäischen Union
(ER), 2000) wurden seitens der Bundesländer für die einzelnen Grundwasserkör –
per eingehende ‚Erstmalige Beschreibungen‘ erstellt. Diese sind – soweit es die
,Hydrogeologische Charakterisierung‘ betrifft – zum gegenwärtigen Zeitpunkt unter –
6
Optionen und Maßnahmenschiedlich gestaltet, was auf die regional unterschiedliche Datenlage zurückzufüh –
ren ist. Die Option  6_8 kann dazu beitragen, Kenntnislücken bei den heimischen
Grundwasserkörpern zu schließen und eine ausgewogene Daten- und Informa –
tionslage für das gesamte Bundesgebiet herzustellen.
Der Schutz von Wasserressourcen beruht im Sinne
der WHO-Trinkwasserrichtlinie auf einem gesamtheitlichen Ansatz, der vom Ort
der Verunreinigung bis zum Ort der Nutzung reicht ( World Health Organization
(WHO), 2017). Für die Umsetzung eines Wassersicherheitsplans ist auf die Ein –
haltung gesundheitsbasierter Qualitätsziele zu achten. Zusätzlich ist in der WRRL
(EP & ER, 2000) und der Grundwasserdirektive (EP & ER, 2006) verankert, dass
Grundwasserschutz auch ökologische Aspekte beinhaltet und grundwasserab –
hängige Ökosysteme mit einbezogen werden müssen. Um die Gesundheit des
Menschen und der Ökosysteme zu schützen und die Ziele eines gesamtheitlichen
Grundwasserschutzes umzusetzen, ist ein umfassendes Systemverständnis der
Strömungs- und Transportprozesse in der ungesättigten Zone und im Grundwasser,
auch im Nahbereich der Vorfluter, notwendig. Dieses Prozessverständnis ist eben –
so wesentlicher Bestandteil bei der Implementierung der Grundwasserdirektive auf
nationaler Ebene, um die intrinsische und spezifische Vulnerabilität von Grundwas –
ser und grundwasserabhängiger Ökosysteme abzuschätzen (Stumpp et al., 2016;
Wachniew et al., 2016).
Die offenen Forschungsfragen erfordern eine inter –
disziplinäre Herangehensweise aus verschiedenen Fachgebieten, wie z. B. der
Hydrogeologie, Bodenphysik, Hydrologie, Mikro- und Molekularbiologie, Chemie,
etc. Zielgerichtete Monitoring-Programme entlang des gesamten Sicker- und Fließ –
wegs des unterirdischen Wassers werden benötigt. Aufbauend auf Messdaten
können numerische Modelle entwickelt werden, welche es ermöglichen, die Strö –
mungs- und Transportprozesse besser zu verstehen. Diese werden benötigt um (i)
Zeitskalen des Transportes und somit auch Zeithorizonte möglicher Auswirkungen
der Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen (Stumpp et al., 2016; Wachniew et al.,
2016), (ii)  die Auswirkungen zukünftiger Veränderungen z. B. aufgrund des Klima –
wandels auf die Grundwasserquantität und -qualität abzuschätzen und (iii) notwen –
dige Maßnahmen aus den Ergebnissen abzuleiten, um Grundwasser und damit die
menschliche Gesundheit und Ökosysteme zu schützen (Derx et al., 2016). Diese
Informationen unterstützen die Wasserbewirtschaftung bei der Planung notwendi –
ger Maßnahmen, um eine sichere und nachhaltige Nutzung der Grundwasserres –
sourcen langfristig zu gewährleisten.
Daher ist auch in Österreich ein vertieftes Wissen der
Ressource Grundwasser in Hinblick auf die Targets des SDG 6 zwingend notwen –
dig, um diese und die von ihr abhängigen Ökosysteme bestmöglich und lang –
fristig zu schützen und das Grundwasser auch nachhaltig zu bewirtschaften. Die
Öffentlichkeitsarbeit spielt in diesem Zusammenhang ebenso eine wichtige Rolle.
Die Forschungsergebnisse sollten im Rahmen der Umweltbildung zum Einsatz
kommen, um in der Bevölkerung das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Einhal –
tung und Verbesserung des Grundwasserschutzes zu verstärken und ihre Mithilfe
zu gewinnen.
7
06_08 / Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschung06_08.3 Optionenbeschreibung
06_08 .3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
„Grundwasser ist der am weitesten verbreitete und
meist genutzte Rohstoff“ (Himmelsbach & Reichling, o. J.). In Österreich erfolgt die
Trinkwasserversorgung ausschließlich mit Grund- bzw. Quellwasser. In vielen hei –
mischen Gebieten ist auch eine Landwirtschaft ohne Bewässerung mit Grundwas –
ser nicht mehr denkbar – das trifft insbesondere auf die großen Ebenen entlang
der Donau und der Mur zu (Almer, Elster, Steinbichler & Schubert, 2019). Grund –
wasser wird aber auch für andere Zwecke genutzt – man denke an Mineralwasser
und Heilquellen oder Fernheizung mit Thermalwasser. Die Option 6_8, deren Ziel
der verbesserte Grundwasserschutz ist, zeigt den diesbezüglichen aktuellen For –
schungsbedarf auf. Folgende Aspekte sind bei der Erforschung des unterirdischen
Wassers zu berücksichtigen:
–der geologische Aufbau und die damit verbundenen hydraulischen und geoche –
mischen Eigenschaften des Untergrunds sind insbesondere bei tiefen Grundwäs –
sern von großer Bedeutung;
–die mineralogische Zusammensetzung der durchströmten Sedimente bzw. des
Gesteins in Hinblick auf die Löslichkeit von Mineralen ist für die Bewertung
der Verfügbarkeit von Spurenelementen entscheidend. Beispielsweise können
metallhaltige Mikrominerale mittels Elektronenmikroskop oder Elektronen-Mi –
krosonde oder durch sequentielles Leaching des Grundwasserleiters näher
untersucht werden (Humer et al., 2019);
–sehr wichtige Faktoren bei der Untersuchung eines Grundwassersystems bilden
der Wasserhaushalt bzw. die hydrologische Bilanz (Niederschlag, Verdunstung,
Grundwasserneubildung, Wasserspeicherung, Wasserentnahme, Abfluss) sowie
Oberflächenwasser-Grundwasser-Interaktionen;
–Erstellung konzeptioneller (hydrogeologischer) Modelle sowie numerischer oder
analytischer Strömungs- und Transportmodelle zur ungesättigten (vadosen) und
zur gesättigten (phreatischen) Zone (Grundwasser);
–ebenso stellen die Strömungs- und Transportprozesse im unterirdischen Wasser
einen wichtigen Aspekt dar – sowohl in der ungesättigten Zone als auch im
Grundwasser: der reaktive Stofftransport, d. h. die chemische Wechselwirkung
zwischen Substrat und unterirdischem Wasser, der Transport chemischer und
mikrobiologischer Schadstoffe unter der Berücksichtigung biogeochemischer
Prozesse (z. B. Denitrifikation, Sulfatreduktion), der Transport von Pestiziden,
Plastik, aufkommenden Spurenschadstoffen ( Emerging Contaminants ), Patho –
genen (Viren, Bakterien, Protozoen), biogeochemische Stoffkreisläufe, der zu –
sätzliche Einfluss von Stoffgemischen, Eintrag und Transport atmosphärischer
Deposition ubiquitärer Stoffe und Auswirkung der Stoffe/Stoffgemische auf die
Grundwasserqualität und die menschliche Gesundheit, das Selbstreinigungs –
potential sowie die Interaktion mit dem Oberflächengewässer;
–die Quellenidentifikation von chemischen und mikrobiellen Belastungen im
Grundwasser, (anthropogene, zoonotische und geogene Belastungen) insbeson –
dere auch diffuse Einträge und Stoffe mit Relevanz, die sich aus den diversen,
die Hygiene betreffenden Regelwerken (z. B. EU-Wasserrahmenrichtlinie, Trink –
wasserverordnung, Badegewässer) ergibt;
–die Beobachtung natürlicher Tracer (Umweltisotope, Hydrochemie, Temperatur)
und Nutzung neuer Tracer (environmental DNA ), der Einsatz künstlicher Tracer
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Optionen und Maßnahmenbei Markierungsversuchen und Entwicklung von Surrogaten als Tracer für Patho –
gene zur Untersuchung der Fließ- und Transporteigenschaften;
–Untersuchung des Einflusses globaler Veränderungen auf die Quantität und Qua –
lität von Grundwasserressourcen und auf den notwendigen Schutz der mensch –
lichen Gesundheit und grundwasserabhängiger Ökosysteme;
–Entwicklung von Bewertungskriterien und Berücksichtigung des ökologischen
Status von Grundwasser, Schutz des Grundwassers als Ökosystem und Unter –
suchungen zu Ökosystemdienstleistungen durch Mikroorganismen und Grund –
wasserfauna;
–Entwicklung standardisierten Methoden zur Abschätzung und Bewertung der
intrinsischen und spezifischen Vulnerabilität von Grundwasserkörpern basierend
auf objektiven Merkmalen.
Um diese Aspekte zu bearbeiten ist eine verstärkte
Kooperation und Informationsaustausch zwischen den einschlägigen Fachdis –
ziplinen und Forschungseinrichtungen notwendig – insbesondere zwischen den
Fächern Klimatologie, Hydrologie, Hydrogeologie, Geologie, Bodenkunde, Boden –
physik, Chemie, Biologie, Wasserbau und Landwirtschaft. Dies erfordert gezielte
Fördermaßnahmen für kooperative, inter- und transdisziplinäre Projekte im Bereich
Grundwasserschutz.
Ein wichtiger Punkt ist darüber hinaus die Einbindung
der Stakeholder_innen und Entscheidungsträger_innen. Dies soll sicherstellen,
dass sich die Grundwasserforschung am aktuellen Bedarf orientiert.Zudem ist eine
Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Grundwasser notwendig, um
die Ergebnisse einem breiteren Publikum, auch Schulen (vgl. SDG 4), zugänglich
zu machen.Von Vorteil sind thematische Ausschreibungen und Clusterung von
Einzelprojekten, wie zum Beispiel das Themencluster ,Grundwasser‘ im Rahmen
des ÖAW-Programms „ Earth System Sciences – Wasser in Gebirgsräumen “ (Birk,
Bahn, Schiller & Stumpp, 2020).
Im Folgenden wird als Maßnahme die Förderung jener
Themenfelder und zum Teil auch beispielhaft konkrete Forschungsvorhaben vorge –
schlagen, wo aus aktueller Sicht der Geowissenschaften die größte Notwendigkeit
besteht. Bei der Umsetzung sollen die oben genannten Teilaspekte berücksichtigt
werden. Im Rahmen der folgenden Maßnahmen sollen a) die notwendige Metho –
denentwicklung vorangetrieben und b) relevante Fallbeispiele untersucht werden.
–Studien zum vorausschauenden Grundwasserschutz: Diese sollen die
Auswirkung der zu erwartenden klimatischen Veränderungen auf die Grund –
wassermenge und -qualität und die menschliche Gesundheit erfassen (Abnah –
me der Grundwasserneubildung aufgrund der geänderten Niederschlags- und
Schneeverhältnisse, im Hochgebirge auch aufgrund des Gletscherschwundes,
Absenkung des Grundwasserspiegels, erhöhter Bedarf für die Bewässerung in
wasser ärmeren Regionen und für die Beschneiung in Schigebieten, bei Stark –
niederschlägen Verlust an Filterfunktionen durch präferentielle Fließwege und
vermehrter Eintrag von Kontaminationen ins Grundwasser, punktuelle Grundwas –
serneubildung durch künstliche Versickerung), Prognose-Tools für unterschied –
liche Skalen entwickeln (Modellentwicklung, generelles Prozessverständnis;
Koppelung von hydrologischen Modellen mit sozioökologischen und sozio-öko –
nomischen Ansätzen; Einbindung von Stresstests und Szenarien);
–Ausbau des Bodenwasser- und Sickerwasser- Monitoring : Für ein solches
gibt es in der Wasserkreislauferhebung (WKEV) seit 2006 bereits eine erste
gesetzliche Vorgabe, die sich explizit auf die ungesättigte Zone bezieht. Bereits
1997 startete das BMLRT ein Bodenwasser -Monitoring (Fuchs et al., 2020), und
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06_08 / Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschunges werden an 14 Standorten in Österreich wichtige Wasserhaushaltsgrößen ge –
messen (Wassergehalt, Matrixpotential). Auch wenn die Anzahl der Standorte
momentan ausgebaut wird, wird dabei nur ein kleiner Teil der vielfältigen Böden
und Landnutzungen in Österreich abgedeckt. Vor allem auch die tiefere unge –
sättigte Zone oder qualitative Aspekte sind hier bisher nicht berücksichtigt und
bedürfen in Zukunft einer stärkeren Schwerpunktsetzung. Die Skalierung von
Punktinformationen auf flächenhafte Information zum Bodenwasserstatus könnte
durch den Einsatz von satellitenbasierten Messmethoden ermöglicht werden, mit
dem Fokus auf verbesserte Validierungs- und Unsicherheitsanalysen;
–Methodenentwicklung und Regionalstudien zur intrinsischen Vulnerabilität
von Karst-, Kluft- und Porenaquiferen als Grundlage für den Grundwasser –
schutz (Untersuchung des Einzugsgebiets, der Fließwege, Fließzeiten, Wasser –
mengen und Prozesse in der ungesättigten und gesättigten Zone)
Beispiel Methodenentwicklung zur Be –
stimmung der Verweilzeit in Porengrundwasserkörpern: Die Verweilzeit
des Wassers ist ein wichtiger Parameter zur Beschreibung der intrinsi –
schen Vulnerabilität von Grundwasserkörpern (Philippitsch et al., 2017;
Wachniew et al., 2016). Gleichzeitig gibt die Verweilzeit Information über
potentielle zeitliche Horizonte, in denen sich Maßnahmen zum Grund –
wasserschutz auswirken werden (Stumpp et al., 2016). Zur Bestimmung
der Verweilzeiten werden meist Tracer und/oder mathematische Modelle
herangezogen. Für Österreich wurde bisher an ausgewählten Grund –
wasserkörpern die mittlere Verweilzeit bestimmt (Philippitsch et al., 2017).
Um aber die Vielzahl an unterschiedlichen Fließwegen zu berücksichti –
gen und das Grundwasser ganzheitlich zu schützen, ist die Kenntnis über
die gesamte Verweilzeitverteilung des Wassers notwendig. Deswegen
sollen Methoden entwickelt werden, um die gesamte Verweilzeitvertei –
lung des Wassers zu bestimmen und die intrinsische Vulnerabilität der
Grundwasserkörper in Österreich abschätzen zu können.
Beispiel Markierungsversuche in Karstge –
bieten : Die ausgedehnten Karststöcke in den österreichischen Alpen ent –
halten überaus ergiebige Wasserressourcen (Schubert, 2003). Vielfach
werden diese für zentrale Wasserversorgungen genutzt. Zu manchen
ausgedehnten Karststöcken, wie z. B. dem Toten Gebirge, liegen nur ver –
altete Markierungsversuche vor, deren Interpretation aus heutiger Sicht
problematisch gesehen wird (Schönlaub & Daurer, 2001). Um hier das
Karstwasser besser schützen zu k önnen, wären dem aktuellen Stand
der Technik entsprechende Studien, inklusive Tracer versuchen, u. a. mit
Fluoreszenzfarbstoffen, notwendig.
–Quellenidentifizierung von diffusen Schadstoffen in Hinblick auf Maßnahmen
zur Reduktion des Eintrags ins Grundwasser (Uran, Nitrat, Spurenschadstoffe,
Pathogene etc.) – insbesondere sei darauf hingewiesen, dass bei den Pathoge –
nen auch Viren als wichtige Indikatoren herangezogen werden können.
Beispiel Seewinkel/Burgenland: Aufgrund
der geringen Jahresniederschlagshöhe und der langen Verweilzeiten
kommt es hier im Grundwasser zu einer starken Aufkonzentration z. B.
von Uran. Die Konzentration dieses Metalls im Grundwasser überschrei –
tet den Trinkwassergrenzwert an zahlreichen Messstellen um ein Vielfa –
ches. Im DaFNE -Projekt , Uran im Grundwasser ‚ (Humer et al., 2019) wur –
de untersucht, ob dieser Umstand auf eine geogene Quelle zurückgeführt
werden kann. Offen blieb hier die Frage, ob ein Verzicht auf uranhaltigen
10
Optionen und MaßnahmenPhosphatdünger zu einer Verbesserung der Situation führt. Zudem wird
einer aktuellen Studie zufolge dieses Gebiet durch die Abnahme der
Grundwasserneubildung in Zukunft besonders betroffen sein (Blöschl et
al., 2017). Es sind gesamtheitliche Lösungsansätze gefordert, unter Be –
rücksichtigung der Wasserversorgung und der Abwasserwirtschaft.
Beispiel Bewässerung mit Grundwasser:
Aufgrund der abnehmenden Niederschlagsmengen im Osten und Süden
Österreichs muss in diesen Gegenden in Zukunft vermehrt bewässert
werden, um landwirtschaftliche Erträge halten zu können ( Austrian Panel
on Climate Change (APCC), 2014). Die langfristigen Auswirkungen einer
vermehrten Bewässerung auf Grundwasserqualität und -quantität sind
in Österreich allerdings nur wenig erforscht. Es sollte geklärt werden,
welche Bewässerungssysteme und strategien sowie Bodenbearbeitungs –
systeme in diesen Regionen am besten geeignet sind, um einerseits aus –
reichende Erträge zu garantieren und andererseits das Grundwasser zu
schützen. Basierend auf den Untersuchungsergebnissen zu Boden- und
Aquifereigenschaften können Empfehlungen für eine bedarfsorientierte
Bewässerung ausgearbeitet werden. Außerdem beeinflusst die Mengen –
gabe und der Zeitpunkt unterschiedlicher Bewässerungssysteme den
reaktiven Stofftransport. Es kann zu Versalzung und Änderungen im
Nähr- und Schadstofftransport kommen, die näher untersucht werden
sollten. Langfristige und vermehrte Entnahmen aus dem Grundwasser
als wichtigste Wasserquelle für die Bewässerung können außerdem
drastische Effekte auf die Wasserverfügbarkeit und Ökosysteme haben
(de Graaf, Gleeson, van Rens Beek, Sutanudjaja & Bierkens, 2019), die
für Österreich näher beleuchtet werden sollten.
Beispiel geogene Metallbelastungen im
Grundwasser : In bestimmten alpinen Regionen treten im Grundwasser
gehäuft erhöhte Metallgehalte auf. Beispiele dafür sind die in Kärnten an
vielen Orten über dem Grenzwert der Trinkwasserverordnung liegenden
Arsenkonzentrationen, die im Bereich des Tauernfensters und der Ötz –
taler Alpen erhöhten Urankonzentrationen oder die im Günser Gebirge
gemessenen hohen Nickelwerte (Elster et al., 2018; Loiskandl-Weisz et
al., 2012; Schubert et al., 2018) . Die entsprechenden Prozesse in den
betroffenen Grundwässern sind vielfach nicht untersucht. In Hinblick auf
eine sichere Nutzung der Grund- bzw. Quellwässer in den betroffenen
Regionen wäre ein besseres Verständnis der Ursachen notwendig (Mi –
neralogie des Grundwasserleiters, Lösungsprozesse in den betroffenen
Grundwasserleitern). Vielfach werden solche Quellwässer von Einzelwas –
serversorgungen genutzt, für die keine Trinkwasseranalyse vorgeschrie –
ben ist.
Beispiel Abwässer von Berghütten und
Almen im Karstwasser: Aufgrund der vorwiegend kurzen Verweilzeit im
Karst müssen in Regionen, in denen die Trinkwasserversorgung auf
der Nutzung von Karstwasser basiert, tierische Fäkaleinträge oder die
Versickerung von Abwässern unter allen Umständen verhindert werden.
Basierend auf hydrogeologischen Aufnahmen und Markierungsversu –
chen sowie der Auswertung der Inhaltsstoffe im Grundwasser inklusive
mikrobiologischer/biochemischer Untersuchungen (Savio et al., 2018)
und numerischer Modellierung kann die Ursache für solche Belastungen
herausgefunden werden.
11
06_08 / Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschung12 –Forschung zum Themenkreis Uferfiltrat und Renaturierung von Flüssen:
Uferfiltrat aus dem Grundwasserbegleitstrom von Flüssen ist weltweit eine wichti –
ge Ressource für die Trinkwasserversorgung und für die Bewässerung. In Öster –
reich stellen vor allem aber auch die Uferfiltratentnahmen der Industrie (Prozess-
und Kühlwasser) quantitativ einen wesentlichen Anteil dar. Gleichzeitig haben
die Auen- und Überschwemmungsgebiete wichtige ökologische Funktionen (z. B.
Nationalpark Donauauen). Um die ökologische Funktionsfähigkeit sicherzustellen,
werden Maßnahmen zum Uferrückbau und der Anbindung von Nebenarmen be –
nötigt. Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Austauschvorgänge zwischen
Grund- und Fließgewässern und der Auswirkungen auf die Grundwasserqualität,
-quantität und Ökologie. Das Ziel ist eine ausreichende Bodenpassage und Auf –
bereitung, um eine ausreichende Grundwasserqualität und sichere nachhaltige
Nutzung von Grundwasser zu gewährleisten;
–Erkundung der Thermalwasservorkommen in Hinblick auf den Grund –
wasserschutz und eine nachhaltige geothermische Nutzung:  In geeigneten
Regionen kann Thermalwasser als eine CO2-neutrale Energiequelle dienen. In
Österreich betrifft das vor allem die Molassezone, das Wiener Becken und das
Steirische Becken, aber auch im Bereich der Kalkalpen sind in größerer Tiefe
heiße Wässer zu finden, die prinzipiell für die Fernwärmeversorgung geeignet
sind (Elster et al., 2016).
Um diese Energiequelle nachhaltig nutzen zu können, ist eine hydrogeologische
Erkundung  nicht nur in Hinblick auf die Bewertung der Höffigkeit notwendig.
Thermalwasser kann hoch mineralisiert sein und sogar organische Verbindungen
beinhalten, wodurch benachbarte Grundwässer und Ökosysteme beeinträchtigt
werden können. Es besteht auch die Gefahr einer quantitativen Beeinträchtigung
von benachbarten Nutzungen (z. B. großräumige Druckabsenkung im Thermal –
grundwasserkörper). Um diese zu vermeiden bzw. um entsprechende technische
und gesetzliche Maßnahmen treffen zu können, sind eingehende hydrogeologi –
sche Forschungsstudien notwendig;
–Regionalstudien hinsichtlich der nachhaltigen Nutzung von Tiefengrund –
wässern für die Trinkwassernotversorgung: Tiefengrundwässer haben eine
besondere Bedeutung für die Versorgungssicherheit mit Trinkwasser. Aufgrund
ihrer langen Verweilzeit über zumindest Jahrzehnte bis viele Jahrtausende sind
sie gut vor Verunreinigungen von der Erdoberfläche her geschützt und eignen
sich für die Trinkwassernotversorgung im Fall eines atmosphärischen Fernein –
trags einer Kontamination. Zudem ist diese Ressource unbeeinflusst von Dürre –
perioden und könnte dafür genutzt werden, einen vorübergehenden Wasser –
mangel abzufedern. Für diesen Zweck müsste diese Ressource aber in jenen
Regionen gezielt untersucht werden, wo dies bisher nicht geschah. Insbeson –
dere betrifft das das Wiener Becken außerhalb Wiens und die Molassezone in
Niederösterreich (Schubert et al., 2015). Hier sollten vorhandene Informationen
ausgewertet und darauf aufbauend weitere Untergrunduntersuchungen durchge –
führt werden.
Potentielle Konflikte und Systemwiderstände
sowie Barrieren
Österreich ist ein wasserreiches Land mit
überwiegend guter Wasserqualität. Es gibt jedoch lokale Unterschiede und es gibt
Grundwasserkörper, welche aufgrund der Landnutzung, der Grundwassernutzung
Optionen und Maßnahmen13selbst und der naturräumlichen Gegebenheiten besonders vulnerabel sind. Zu
diesen Gebieten zählen in erster Linie die trockenen Zonen im Osten des Bundes –
gebietes, aber auch die ausgedehnten Karstgebiete oder von Gletscherwasser
abhängige Bereiche und schwierig erschließbare Grundwasservorkommen im All –
gemeinen. Eine Herausforderung stellen hier insbesondere auch die zu erwarten –
den klimatischen Veränderungen dar. Für die angesprochenen Problemregionen
besteht ein vertiefender Forschungsbedarf.
Systemwiderstand ist von Seiten der Landwirtschaft
zu erwarten, wenn seitens der Wasserwirtschaft keine gemeinsam getragenen
Lösungsansätze gesucht werden. Umsetzungsmöglichkeiten bieten hier beispiels –
weise effizientere Bewässerungsmethoden oder eine Umstellung bei der Düngung,
Pflanzenschutz und Fruchtfolge.
Vor allem in kalkalpinen Bereichen können Abwässer von Almen, Berghütten und
Bergstationen eine Belastung für das Grundwasser darstellen. Daher ist auch hier
ein Systemwiderstand gegen den Grundwasserschutz zu erwarten.
Ein weiterer potenzieller Konflikt könnte auch in der Priorisierung der unterschied –
lichen Forschungsthemen liegen, sofern diese sich nicht am Bedarf orientiert.
Transformationspotential
Die Umsetzung der Option 6_8 führt zu einem bes –
seren Verständnis der Prozesse im Boden und im Grundwasser. Darauf aufbau –
end können Maßnahmen zur Verbesserung des Grundwasserschutzes sowie der
Grundwasserqualität und -quantität ergriffen werden. Dies führt zu einem Mehr –
wert im Bereich der Grundwassernutzung und der vom Grundwasser abhängigen
Ökosysteme. Die Maßnahmen der Option  6_8 werden letztendlich die nachhaltige
Nutzung der Ressource Grundwasser verbessern – das betrifft Umwelt, Ökologie,
Ökonomie und Soziales in allen Aspekten. Die Option besitzt damit ein großes
Transformationspotential.
Umsetzungsanforderungen
Auf Grundlage der Forschungsergebnisse der oben
gelisteten Themen können Maßnahmen zur Sicherstellung eines langfristigen
guten Grundwasserzustands in Österreich getroffen werden. Gezielte Förder –
maßnahmen sind unabdingbar, um die derzeit offenen Fragen zu lösen und einen
verbesserten Grundwasserschutz zu ermöglichen. Eine verstärkte Förderung von
inter- und transdisziplinären Projekten ist hier enorm wichtig.
Um die Option 6_8 umsetzen zu können, wären deut –
lich mehr Fördermöglichkeiten für Forschung im Themenschwerpunkt Grund –
wasser notwendig. Dies wäre durch spezifische Ausschreibungen im Rahmen der
bestehenden Fördermöglichkeiten umsetzbar, sofern ein entsprechendes Budget
dafür zur Verfügung gestellt wird.
Für ein hohes Transformationspotenzial ist neben dem
Erreichen der wissenschaftlichen Ziele auch eine effektive Öffentlichkeitsarbeit
notwendig. Insbesondere sind bei der Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse
auch die Anliegen der Landwirtschaft und des Tourismus mit zu berücksichtigen,
um eine breite Akzeptanz zu erzielen.
06_08 / Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschung14Tab. O_6-08_01 : Wirkung der
Option 6_8 auf die Targets des
SDG 6. // Tab. O_6-08_01 : Impact of
option 6_8 on the SDG 6 targets.6.1Verbesserungen im Grundwasserschutz wirken sich
direkt positiv auf die Quantität und Qualität des Trinkwassers aus, da in Österreich Trinkwasser aus Grundwasser gewonnen wird. Sicherstellung der Trinkwassernotversorgung im Fall eines atmosphäri –
schen Ferneintrags einer Kontamination oder bei vo –
rübergehendem Wassermangel durch Erforschung von Tiefengrundwässern
6.2Beitrag zu Gesundheit und Hygiene durch verbes –
serte Wasserqualität
6.3
Verbesserte Kenntnisse zu hydraulischen Eigen –
schaften der Aquifere und ihrer Überdeckung sowie der Grundwasserneubildung sind eine Basis für Schutzmaßnahmen; die Option zielt hier auf Indika –
tor 6.3.2
6.4Grundwasserforschung liefert die Wissensgrundlage für eine nachhaltige Wasserentnahme und die Ver –
sorgung mit Frischwasser
6.5IWRM (integriertes Wasserressourcenmanagement) benötigt das Wissen vieler Disziplinen, die Grund –
wasserforschung liefert dabei eine wesentliche Grundlage
6.6Erhalt von wasserverbundenen Ökosystemen
(Grundwasserleitern)
6.A Vorbildwirkung für andere Länder. Unterstützung
beispielsweise bei der Planung von landwirtschaft –
licher Bewässerung mit von Abwasser beeinflussten
Fließgewässern
6.BDie Einbindung des lokalen Gemeinwesens erhöht
das Transformationspotential der vorgeschlagenen MaßnahmenWirkung
Target
Optionen und Maßnahmen06_08 .3.2 Erwartete Wirkungsweise
Die Option 6_8 schlägt Forschungsthemen vor, die den
Grundwasserschutz betreffen. Da sich die vorgeschlagenen Themen am aktuel –
len Bedarf orientieren sollen (Einbindung von Stakeholder_innen), ist zu erwarten,
dass die Ergebnisse beim Umweltschutz und der Bewirtschaftung der Ressource
Grundwasser – und damit f ür das SDG 6 und seine Targets – einen wertvollen Bei –
trag liefern werden (Tab. O_6_08_01).
Für die vorgeschlagenen Forschungstätigkeiten
müssten jedoch für jedes Projekt individuelle Indikatoren entwickelt werden, da die
Ansätze sehr unterschiedlich sind. Die bestehenden UN-Indikatoren sind hier als
Messgröße nur bedingt von Nutzen, da diese vielfach dafür zu allgemein gehalten
sind. Die Indikatoren müssten im Rahmen von Projektausschreibungen mitgeliefert
werden.

06_08 .3.3 Bisherige Erfahrungen
mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
Als Vorbild für eine bedarfsorientierte Forschung
könnte das DaFNE -Forschungsprogramm des BMLRT herangezogen werden. In
diesem Forschungsprogramm werden jene Projekte, die einen gewissen finan –
ziellen Rahmen überschreiten, im Rahmen einer Bund-Bundesländer-Kooperation
durchgeführt. Die Länder, denen die Forschung zugutekommt, beteiligen sich dabei
an der Finanzierung. Diese Vorgangsweise stellt sicher, dass für die beauftragten
Forschungsprojekte tatsächlich ein Bedarf besteht.
06_08 .3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
Mittel- bis langfristig
Da die Durchführung einer einzelnen Studie etwa zwei
bis drei Jahre in Anspruch nimmt, kann man bezüglich der Umsetzung der Ergeb –
nisse im Grundwasserschutz von einem mittleren bis langen Zeithorizont ausgehen.
Das in diversen Pilotgebieten gewonnene Prozessverständnis kann auf andere Ge –
biete mit vergleichbaren Herausforderungen im Grundwasserschutz und ähnlichen
hydrogeologischen Gegebenheiten übertragen werden.
6_8.3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
Wechselwirkungen der Option 6_8 „Verbesserter
Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschung“ bestehen insbesondere
mit folgenden anderen Optionen:
–Option 6_4: „Erhalt und Wiederherstellung der ökologischen Funktionen von
Binnengewässern (inkl. Moore & Feuchtgebiete)“ ;
–Option 6_5: „Reduktion von diffusen Nährstoff- und Problemstoffeinträgen“ ;
–Option 6_6: „Reduktion von Spurenstoffen“ ;
–Option 2_3: „Verstärkte Förderung der Biologischen Landwirtschaft“;
–Option 2_4: „ Ökologisierung der Grünlandbewirtschaftung“;
–Option 3_16: „ Verbesserung des Wasserschutzes mit Fokus auf Agrarchemika –
lien“;
–Option 11_9: „ Schutz der Umwelt bei abfallwirtschaftlichen Prozessen“;
–Option 15_1: „Ökologisierung der Landwirtschaft“;
–Option 15_3: „ Ökologisierung der Landnutzung – Boden“ ;
–Option 15_6: „ Schutz von Fließgewässern (Feuchtgebieten & Mooren) in den Ge –
15
06_08 / Verbesserter Grundwasserschutz durch bedarfsorientierte Forschungbirgen und Erhalt ökologisch wertvoller Lebensräume“ ;
–Option 15_10: „ Neudenken des Bodenschutzes“ .
06_08 .3.6 Interaktionenen mit anderen SDGs
Basierend auf dem Austausch zwischen verschiede –
nen SDG-Gruppen während der SDG-Karusselle, auf Einzelgesprächen sowie Dis –
kussionsrunden während der UniNEtZ Gesamtveranstaltungen und der Einbindung
von Stakeholder_innen konnten die folgenden Interaktionen zwischen der Option
6_8 und den anderen SDGs erarbeitet werden (Tab. O_6-08_02).
162.4: Erkenntnisse der Grundwasserforschung tragen zur nachhaltigen Lebens –
mittelproduktion in der Landwirtschaft bei – eine nachhaltige Landwirtschaft
wiederum verbessert die Bodenqualität und dient dem Grundwasserschutz und
damit dem Zugang zu sauberem Trinkwasser.
3.9: Erhaltung der Gesundheit durch Grundwasserschutz, da Trinkwasser aus
dem Grundwasser gewonnen wird.
4.7: Forschungsergebnisse im Bereich des Grundwassers und deren Verfüg –
barkeit für alle Lernenden liefern im Rahmen der Umweltbildung die Basis zur
Bewusstseinsschaffung für die Wichtigkeit der Einhaltung und Verbesserung des
Grundwasserschutzes.
7.2: Einerseits stellt Thermalwasser und auch Grundwasser eine Ressource dar,
aus der CO2-neutral Energie gewonnen werden kann. Andererseits ist bei der
Erschließung von tiefer und seichter Geothermie und bei der Nutzung von Was –
serkraft darauf zu achten, dass das Grundwasser nicht negativ beeinflusst wird.
8.9: Nachhaltiger Tourismus trägt zum Grundwasserschutz bei, vor allem im Zu –
sammenhang mit Wintertourismus (Beschneiung) und Wellness-Tourismus.
9.1 und 9.4: Die Berücksichtigung des Grundwassers beim Aufbau nachhaltiger
Infrastruktur und das bessere Verständnis der Grundwasserverhältnisse ermög –
licht die Entschärfung von Konfliktsituationen.
9.5: Die vorliegende Option trägt zur Verbesserung der wissenschaftlichen
Forschung sowie zur Erhöhung der öffentlichen und privaten Ausgaben für For –
schung und Entwicklung bei.
Umweltschutz im Städtebau, z. B. Förderung von Grüner Infrastruktur und Ent –
siegelungsprojekte reduzieren die Problematik der verminderten Grundwasser –
neubildung in besiedelten Gebieten.
11.6: Nachhaltige Abfallwirtschaft verhindert den Schadstoffeintrag aus De –
ponien und trägt so zum Grundwasserschutz bei.SDG Interaktionen
Optionen und Maßnahmen12.2 und 12.4: Die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der
natürlichen Ressourcen unter Berücksichtigung des Grundwassers sowie die
Verminderung von Abfallvorkommen und Beeinträchtigungen durch Deponien,
Chemikalien und Bergbau tragen zum Grundwasserschutz bei. Genaue Kennt –
nisse des Untergrundes ermöglichen geeignete Schutzmaßnahmen.
13.1 und 13.3: Klimawandel, z. B. geringere Niederschläge, Starkregenereig –
nisse und höhere Temperaturen beeinflussen die Grundwasserressourcen in
Quantität durch geringere Grundwasserneubildung und Qualität, z. B. durch
veränderte Verweilzeiten und damit veränderte Prozesse sowohl in den Deck –
schichten als auch im Aquifer und haben eine langfristige Auswirkung auf die Gletscherschmelze und damit auf Gebirgsaquifere.
15.1: Die vorliegende Option trägt zum Schutz von gewässerbezogenen Öko –
systemen bei.
Durch Bereitstellung von Daten und Forschungsergebnissen werden Wassernut –
zungskonflikte verringert.
Tab. O_6-08_02 : Interaktionen
der Option 6_8 mit anderen
SDGs. // Tab. O_6-08_02 : Interactions of
option 6_8 with other SDGs.
SDG Interaktionen
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