Option_02_07_20231119_182332.txt

Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen1
02_07 / Beitrag Österreichs zur globalen Ernährungssicherheit
und einer resilienten Landwirtschaft3 Abbildungsverzeichnis
3 Tabellenverzeichnis
4 02_07.1 Ziele der Option
4 02_07.2 Hintergrund der Option
8 02_07.3 Optionenbeschreibung
8 02_07.3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
10 02_07.3.2 Erwartete Wirkungsweise
10 02_07.3.3 Bisherige Erfahrung mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
11 02_07.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
11 02_07.3.5 Vergleich mit anderen Optionen, mit denen das Ziel
erreicht werden kann
12 02_07.3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
13 02_07.3.7 Offene Forschungsfragen
13 Literatur 02_07
Target 2.1, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5,
2.a, 2.b, 2.c, 4.7, 17.2 Autor_innen:
Andreas Melcher (Universität für Bodenkultur Wien,
Institut für Entwicklungsforschung), Charlotte Voigt
(Studentin, Universität für Bodenkultur Wien, Institut
für Entwicklungsforschung)

Reviewer_innen:
Gabriele Slezak (Universität Wien),
Georg Matuschkowitz (Executive Consultant, Coa –
ching, Supervision; ehemals Caritas Österreich)Beitrag Österreichs zur globalen
Ernährungssicherheit und einer
resilienten Landwirtschaft
2Inhalt
Optionen und MaßnahmenAbbildungsverzeichnis
Abb. O_2-07_01 : Mögli –
che Einteilung der SDGs.
Quelle: The World in
2050 , o. j.
// Fig. O_2-07_01 : Pos –
sible classification of the
SDGs. Source: The World
in 2050, n. d. Tabellenverzeichnis
Tab. O_2-07_01 : Interak –
tionen der Option 2_7 mit
anderen SDGs. Quelle:
Eigene Darstellung.
// Tab. O_2-07_01 : Inter –
actions of option 2_7 with
other SDGs. Source: Own
illustration. 6 12
3
02_07 / Beitrag Österreichs zur globalen Ernährungssicherheit
und einer resilienten Landwirtschaft02_07.1 Ziele der Option
Ziele dieser Option zur Erhöhung des österreichischen
Beitrags zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele und der globalen Ernährungssi –
cherheit im speziellen Sinn sind:
– Reform der österreichischen Außenpolitik geleitet von dem Grundprinzip
leave no one behind und mittels einer verpflichtenden Überprüfung der
grenzüberschreitenden und entwicklungsrelevanten Wirkungen von allen
Politikbereichen;
–Erhöhung des Beitrags zur globalen Ernährungssicherheit sowie die Transparenz
der Entwicklungszusammenarbeit.
Diese Ziele entsprechen auch den Empfehlungen
des Development Co-operation Peer Review der Organisation für Wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (2020) sowie der Verpflichtung Öster –
reichs, 0,7 % des Bruttoinlandproduktes (BIP) (bzw. 0,2 % zugunsten der am
wenigsten entwickelten Länder) für öffentliche Entwicklungshilfe aufzuwenden
(Target 17.2 ).
Targets, welche behandelt werden:
2.1, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.a, 2.b, 2.c, 4.7, 17.2
Diese sind vor allem mit den Targets von SDG 1, SDG 13, SDG 15 und SDG 17
des Optionenberichts verknüpft.
02_07.2 Hintergrund der Option
Die zunehmenden globalen Zusammenhänge und
der von den SDGs geforderte Paradigmenwechsel hin zur Mitverantwortung der
Nationen zur globalen Zielerreichung, fordern eine globale Sichtweise für die Be –
urteilung der SDG-Erreichung, auch in Österreich. Es ist daher unumgänglich, den
Beitrag Österreichs zur globalen Zielerreichung zu erfassen sowie, dass dieser
auch bei der Bemessung der nationalen Zielerreichung mitberücksichtigt wird.
In jedem der Ziele finden sich Maßnahmen, welche
von den einzelnen Staaten für das gemeinsame Ganze beizutragen sind. So ist
die Erreichung der Ziele in Österreich auch dadurch bedingt, welchen Einfluss die
Politik auf die Zielerreichung in anderen Ländern hat und inwiefern Österreich Ent –
wicklungen in anderen Ländern (vor allem im globalen Süden) unterstützt.
Während dies auf die verschiedenen Themenbereiche der SDGs zutrifft, wird
in dieser Option ein Schwerpunkt auf die Ernährungssicherheit und resiliente
Landwirtschaft weltweit, insbesondere in Ländern des globalen Südens, gelegt.
Auch in Österreich gilt es, Verantwortung für Ernäh –
rung zu übernehmen, denn die Versorgung mit ausreichend und gesunden Lebens –
mitteln ist als elementares Menschenrecht (Art. 25 der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte , Art. 11 des Sozialpakts der Vereinten Nationen (UN)) verankert.
Mit der Beseitigung von Hunger und Armut können Verteilungskämpfe und Flucht –
ursachen verringert werden. Immer mehr Menschen – im globalen Norden und
zunehmend auch im globalen Süden – machen sich eine imperiale Lebensweise zu
eigen. Sie bedienen sich an den ökologischen und sozialen Ressourcen andern –
orts, um sich selbst einen hohen Lebensstandard zu sichern. Appelle an einen
,grünen Konsum‘ oder Strategien einer ,grünen Ökonomie‘ ändern daran nichts.
Viel grundlegendere Veränderungen sind nötig (Brand & Wissen, 2017).
Während die landwirtschaftliche Produktivität in den
letzten 40 Jahren jährlich um 5-7 % gestiegen ist, sowie die weltweite Armut und
4
Optionen und MaßnahmenErnährungsunsicherheit reduziert und auch der Zugang zu sauberem Wasser,
Technologie und Internet verbessert wurden, sind wir heute mit neuen Heraus-
forderungen konfrontiert. Die Landwirtschaft muss in Anbetracht der fortschreiten –
den Klimakrise und der planetaren Grenzen nachhaltiger und resilienter gestaltet
werden. Zudem haben das steigende Wirtschaftswachstum und die Globalisierung
weiter zu einer ungleichen Verteilung geführt, welche neue Formen der Vulnera –
bilität hervorgebracht hat. Diese drohen die positiven Trends der Hunger-, und
Armutsbekämpfung wieder umzudrehen. Insbesondere durch die COVID-19
Pandemie und die darauffolgende Störung der globalen Handelsketten gemeinsam
mit einem Anstieg an Nahrungsmittelpreisen ist wieder eine starke Zunahme an
Hunger und Armut zu erkennen. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass in 2020 zusätzliche 83-132 Millionen
Menschen aufgrund der Pandemie unter Mangelernährung litten ( Ernährungs- und
Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), Internationaler Fonds
für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), Kinderhilfswerk der Vereinten Natio –
nen (UNICEF), Welternährungsprogramm (WFP) & Weltgesundheitsorganisation
(WHO), 2020). Die globalen Herausforderungen erfordern internationale Aktionen,
Partnerschaften, Austausch und die Wahrnehmung von Verantwortung vor allem in
den industrialisierten Ländern des globalen Nordens, um neue Lösungen zu finden.
Hier ist insbesondere auch Österreich in die Verantwortung zu ziehen (Ottacher &
Vogel, 2021).
Während sich Österreich zur Politikkohärenz für eine
Nachhaltige Entwicklung als Ziel bekennt (z. B. im Bundesgesetz über die Ent –
wicklungszusammenarbeit (EZA-G)), fehlt es an einer einheitlichen, ministeriums-,
und länderübergreifenden Strategie sowie einer gesamtheitlichen Erfassung der
grenzüberschreitenden Umsetzung zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele. Auch
die OECD weist in ihrem Peer-Review 2020 darauf hin, dass institutionelle Verein –
barungen und Mechanismen zur systemischen Identifizierung, Analyse und zum
Monitoring der grenzüberschreitenden Wirkungen der Politiken fehlen:
“Austria lacks the institutional arrangements or
mechanisms to systematically identify, analyze and monitor the transboundary
impacts of its policies on developing countries” (OECD, 2020)
Die unterschiedlichen Stoßrichtungen der österrei –
chischen Politik sind selten aufeinander abgestimmt und noch seltener auf die
Auswirkungen im globalen Süden. Zum Beispiel sollte eine solche Analyse bei der
Ausgestaltung der Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) Berücksichti –
gung finden.
Die Handelspolitik wird oft aufgrund ihrer Auswirkun –
gen in anderen Ländern unter die Lupe genommen. Forderungen nach strenge –
ren Auflagen und Nachhaltigkeitskriterien in der Handelspolitik der Europäischen
Union (z. B. in der Farm-to-Fork -Strategie erwähnt) müssen mit einem Ausbau der
Entwicklungszusammenarbeit einhergehen, um einkommensschwachen Ländern
einen Marktzugang und eine Teilhabe an der Wertschöpfung zu ermöglichen (Ram –
pa et al., 2020). Ein Schwerpunkt sollte in der Verbesserung der jetzigen Situation
kleinbäuerlicher Betriebe liegen. Um die Teilhabe am nachhaltigen Handel und
Wertschöpfung zu erhöhen, ist es notwendig, diese bei der Erreichung von sozio –
ökonomischen Zielsetzungen und Standards zu unterstützen (Hauser, 2020).
Die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit in Ös –
terreich ist über mehrere Ministerien, aber auch Landesregierungen und andere
Akteur_innen verstreut (Beispiele: Bundesfinanzministerium (BMF), Bundesministe –
rium für Europäische und Internationale Angelegenheiten (BMEIA), Österreichische
5
02_07 / Beitrag Österreichs zur globalen Ernährungssicherheit
und einer resilienten Landwirtschaft
Abb. O_2-07_01 : Mögliche
Einteilung der SDGs. Quelle:
The World in 2050 , o. j.
6// Fig. O_2-07_01 : Possible
classification of the SDGs.
Source: The World in 2050, n. d. Entwicklungsagentur (ADA), Österreichische Entwicklungsbank (OeEB), Bundes –
ministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT), Bundesminis –
terium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF), Landesregierungen,
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) etc.), denen ein Rahmenwerk zur inhalt –
lichen Abstimmung fehlt. Zusätzlich ist der österreichische finanzielle Beitrag zur
Entwicklungszusammenarbeit weit von internationalen Verpflichtungen entfernt
(0,7 % vom Bruttonationaleinkommen für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit
sowie 0,15-0,2 % zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder). So sind die
Ausgaben zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder auf 0,02 % gesunken
und umfassen somit nur ein Zehntel des Zielwertes ( Statistik Austria , 2020). Neben
einer quantitativen Steigerung des Beitrags sind auch ein besserer Überblick und
Effizienzsteigerung der verfügbaren finanziellen Ressourcen erforderlich, um eine
Erreichung der SDGs zu ermöglichen (siehe auch SDG 17 ).
Optionen und MaßnahmenWährend es unterschiedliche Ansätze gibt, um die
SDGs zu klassifizieren, wird schnell ersichtlich, dass die Erreichung oder auch
Nicht-Erreichung von einem Ziel Auswirkungen auf die anderen Ziele hat. Die
Zuordnung der SDGs von der The World in 2050 Initiative (TWI2050) gruppiert die
Ziele nach Grundbedürfnissen, Werten, Ressourcennutzung, natürliche Umwelt
und sozial-ökonomischen Entwicklungen (siehe Abb. O_2-07_01). Diese werden
durch Governance und Partnerschaften umrahmt. So hat ein Beitrag zur Ernäh –
rungssicherung und die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft (SDG 2: Kein
Hunger) durch eine Deckung von menschlichen Grundbedürfnissen auch positive
Effekte auf die Erreichung der anderen Ziele.
Die Unterstützung der landwirtschaftlichen Wert –
schöpfung leistet zum Beispiel einen Beitrag zur Armutsbekämpfung und trägt zur
Reduktion der Ungleichheiten bei (Matthew, Osabohien, Ogunlusi, & Edafe, 2019;
Ogbalubi & Wokocha, 2013). In der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer
Staaten (ECOWAS Region) erbringt die Landwirtschaft mit 35 % einen wesent –
lichen Teil des Brutto-inlandproduktes (FAO, 2017) und bietet durch Exportein –
nahmen auch eine Einkommensquelle für die Staaten, um weitere Produkte zu
importieren (Matthew et al., 2019). Während heute ein Großteil der Bevölkerung
durch regionale Produktion ernährt werden kann, steigt mit dem vorhergesagten
Bevölkerungswachstum und Strukturwandel die Notwendigkeit, in die landwirt –
schaftliche Produktion zu investieren (z. B. African Development Bank Group ,
2018; Matthew et al., 2019).
Eine Unterstützung der landwirtschaftlichen Wertschöpfung unterstützt vor allem
die ländlichen Regionen, in denen 78 % der ärmsten Menschen leben (IFAD, 2018)
und leistet somit auch einen Beitrag, um Armut, Hunger und Ungleichheiten zu be –
kämpfen sowie weitere SDGs zu erreichen.
Neue Lösungen, um produktive, resiliente Landwirt –
schaft sowie ein faires globales System, welches die globale Ernährungssicherheit
ermöglichen kann, benötigen die Erzeugung, den Austausch und die Weiterent –
wicklung von Wissen. Die Sicherstellung, dass Lernende Kenntnisse und Quali –
fikation bekommen, um eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft voranzu –
treiben ( SDG Target 4.7 ), bedarf verstärkte Investitionen in die Agrarforschung im
globalen Süden und eine verstärkte internationale Zusammenarbeit ( SDG Target
2.a) (Rampa, Dekeyser, Alders & Dar, 2019). Eine Bestandsaufnahme der öster –
reichischen Beteiligung an internationaler Förderungen sowie die Wirkungen der
nationalen Förderungen für Agrarforschung sind notwendig, um den Beitrag Öster –
reichs zur globalen Zielerreichung zu quantifizieren und um Transparenz für die
Öffentlichkeit zu schaffen (Hauser, 2020).
Es gibt bereits begrüßenswerte Initiativen, welche die
Bildungs- und Forschungskooperationen mit Ländern des globalen Südens voran –
treiben (z. B. Austrian Partnership Programm in Higher Education and Research for
Development (APPEAR), Africa_UniNet ). Diese sollten weitergeführt und expan –
diert sowie finanziell gestärkt werden. Zusätzlich ist es notwendig, mehr Stipen –
dienmöglichkeiten für Studierende des globalen Südens anzubieten, um diesen
ein Studium in Österreich zu ermöglichen. Dieser Austausch ist wichtig, damit ein
wissenschaftlicher und praxisorientierter Austausch zwischen Nord und Süd voran –
getrieben werden kann (Gratzer et al., 2019).
7
02_07 / Beitrag Österreichs zur globalen Ernährungssicherheit
und einer resilienten Landwirtschaft02_07.3 Optionenbeschreibung
02_07.3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
Ziel 1: Reform der österreichischen Außenpolitik,
geleitet von dem Grundprinzip leave no one behind und mittels einer verpflicht-
enden Überprüfung der grenzüberschreitenden und entwicklungsrelevanten
Wirkungen in allen Politikbereichen.
Die Komplexität und die Herangehensweise der unter –
schiedlichen Akteur_innen in der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) erfordert die
Einsetzung eines_einer EZA Koordinators_in, der_die die Agenden der Länder und
der Ministerien zu einer gemeinsamen, strategischen Herangehensweise zusam –
menführt und dadurch Einzelinitiativen und Überlappungen in der Entwicklungszu –
sammenarbeit reduziert und dadurch die gesamte Wirkung erhöht. Auf der Agenda
des_der Koordinators_in wären auch die internationale Vernetzung der EZA mit
den anderen öffentlichen Institutionen und Dienstleister_innen anderer Länder der
EU. Eine geographische und eventuell auch inhaltliche Aufteilung der Agenden
würde mittelfristig die Wirksamkeit der Aktivitäten vor allem das SDG 2 betreffend
stark erhöhen. Dies würde auch bedeuten, dass wir in Österreich unsere Verant –
wortung für eine nachhaltige Ernährung auf globaler Ebene (inklusive überregio –
naler negativer Auswirkungen – Spillover -Effekte) besser wahrnehmen können,
um die Versorgung mit ausreichend und gesunden Lebensmitteln in Nord und Süd
resillient gestalten zu können.
Transdisziplinäre und übergreifend
koordinierte Maßnahmen:
– die SDGs werden als Instrument einer Informations-, und Bewusstseinsbildungs-
kampagne genützt. Die Bundesregierung und die einzelnen Ministerien werden
selbst aktiv und delegieren diese Aufgabe nicht an die zivilgesellschaftlichen
Organisationen. Die Bundesregierung findet Mittel und Wege ( Kommunikations-
strategie ) wie sie diesen notwendigen Dialog mit der Bevölkerung führt. Kontro-
verse innenpolitische Themen wie z. B. das Recht auf Ernährung und die
daraus resultierende Haltung gegenüber Geflüchteten und Migrant_innen
müssen dabei offensiv angesprochen werden;
– Erarbeitung eines entwicklungspolitischen Selbstverständnisses, vor allem in
den Sektoren Agrar und Handel als konstruktives EU-Mitglied sowie Abkehr
vom Denken, mehr zur EU beizutragen als von ihr zu erhalten ( Nettozahler );
– Identifizierung von Aktionsfeldern, auf denen Österreich (als Kleinstaat) gute
Dienste leisten kann. Entwicklung eines dementsprechenden Leitbildes und
einer Strategie;
– Neuordnung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und Katastro-
phenhilfe, Anpassung an die neuen Herausforderungen und Dotierung entspre-
chend den internationalen Verpflichtungen und gewachsenen Notwendigkeiten;
– Stärkung des österreichischen Engagements in den Organisationen der
Vereinten Nationen (politisch mitbestimmend, durch Entsendung von
Expert_innen und finanziell);
– Stärkung der fachlichen Kompetenz der Mitarbeiter_innen des Außenministeri-
ums, Schaffung von Fachexpert_innenstellen (zur Erklärung: Im Außenminis-
terium gibt es Karrierepfade für Diplomat_innen, die sich als Generalist_innen
verstehen. Fachexpertise z. B. für Klimafragen fehlt und die fachliche Zusam-
menarbeit mit anderen Ministerien funktioniert häufig nicht);
8
Optionen und Maßnahmen – Verfolgung des Prinzips Political Coherence for Sustainable Development :
Alle Ministerien und staatlichen Agenturen verpflichten sich, Gesetze,
Verordnungen, Richtlinien auf ihre Auswirkungen auf andere nationale
Politikbereiche und auf deren externe Auswirkungen zu überprüfen.
(Wie in anderen Ländern auch, könnte der aufgewertete wissenschaftliche
Dienst des Parlaments die Überprüfung übernehmen);
– die Bundesregierung richtet ein regelmäßig einzuberufendes Dialogforum
ein, das den Stand der Umsetzung der SDGs mit relevanten gesellschaftlichen
Gruppen evaluiert. In diesem Gremium (oder in einer Untergruppe davon)
werden auch die externen Auswirkungen österreichischen Handels oder
Nichthandels thematisiert.
Ziel 2: Erhöhung des Beitrags zur globalen
Ernährungssicherheit sowie die Transparenz der
Entwicklungszusammenarbeit.
Maßnahmen:
– Bestandsaufnahme der österreichischen Beteiligungen an internationaler
Agrarforschung;
– Gesamtstrategie für die verstärkte langfristige und kohärente Zusammenarbeit
verschiedener politischer Stakeholder_innen und Finanzierung vor allem in der
Agrar- und Entwicklungspolitik zur Erreichung von Ernährungssicherheit;
– Intensivierung der staatlichen Unterstützung jener universitären und außer-
universitären Organisationen, die schwerpunktmäßig Fragen internationaler
Politik und österreichischer Außen- und Entwicklungspolitik mit Schwerpunkt
Agrar-, und Life Science -Forschung bearbeiten;
– Förderung der wissenschaftlichen Publikationen, die sich mit Fragen inter-
nationaler Politik, österreichischer Außenpolitik und Entwicklungspolitik
befassen;
– Stärkung der internationalen Forschungskooperationen auf dem Gebiet
internationaler Politik und Entwicklungspolitik;
– Reorganisation (und Konsolidierung) der Förderinstitutionen und damit einher-
gehend die Erhöhung der Fördermittel, die Wissenschaftskooperationen mit
dem globalen Süden unterstützen;
– Ermöglichung von Gastprofessuren und/oder Forschungsaufenthalten für
Professor_innen aus dem globalen Süden in Österreich;
– Forschungsarbeit zum Thema Politikkohärenz für Nachhaltigkeit in Österreich
(gemeinsam mit der Verwaltungsakademie des Bundes). (Zur Erklärung: Politik-
kohärenz verändert den Politikprozess beträchtlich: Ministerien und andere
staatliche Institutionen haben sich gegenseitig zu konsultieren bzw. in fort-
geschrittener Phase bestimmte Gesetzesmaterien gemeinsam zu erarbeiten.
Es sollte der damit einhergehende Paradigmenwechsel für Legislative,
Exekutive und Judikative untersucht werden;
– Mitzunehmen bei dem Prozess der Erhöhung der wirksamkeitsrelevanten
Entwicklungsfaktoren wären im Zuge des Prozesses auch österreichische
Unternehmen, die international aktiv sind und auf entwicklungsrelevante
Faktoren gebrieft werden sollten.
9
02_07 / Beitrag Österreichs zur globalen Ernährungssicherheit
und einer resilienten Landwirtschaft02_07.3.2 Erwartete Wirkungsweise
Beschreibung des Transformationspotenzials
Synergien mit anderen Zielen, Targets oder
Optionen:
– Wichtige und sehr starke Synergien zu den Optionen im SDG 2 für ein
nachhaltigeres Ernährungssystem (siehe Option 2_1, Option 2_6 );
– Wichtige und sehr starke Synergien für Optionen einer nachhaltigen,
resilienten Landwirtschaft (siehe Option 2_3, und Option 2_6);
– Starke Synergien zu den Zielen der Gesundheitsvorsorge (SDG 3) im Sinne
einer gesunden, nachhaltigen Ernährung;
– Starke Synergien zu den Zielen in SDG 6, 13, 15 und 17, da enge Verknüpf-
ungen zu den Zielen einer nachhaltigen, klimafreundlichen und resilienten
Landwirtschaft und einer klimafreundlichen Ernährung existieren, welche auch
eine enge internationale Partnerschaft bedingen;
– Synergien zur Armutsreduktion (SDG 1 ) durch Hebung der sozialen
Standards und Fairness (auch bei Importen und daher Synergien auch
insbesondere in Ländern des globalen Südens. Ein wesentliches Beispiel
dafür wären faire nationale/EU/ Welthandelsorganisation (WTO)-Handels-
abkommen , die faire nachhaltige Landwirtschaft schützen und fördern.
Damit würde der Import billiger konventioneller Lebensmittel verteuert und in
der Folge reduziert werden. Denn damit hätten inländische Bioprodukte sowie
inländische Produkte mit hohen ökologischen und sozialen Standards und
auch Import-Produkte aus fairem Handel ( Fairtrade ) geringere Wettbewerbs-
nachteile.
Die genannten Maßnahmen werden zu einer Effizienz –
steigerung der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit führen. Beispielgebend
für Österreich könnte dabei ein Blick über die Grenzen sein. Die deutsche Bundes –
regierung hat Ernährungssicherung, nachhaltige Landwirtschaft und ländliche
Entwicklung zu einem Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
gemacht und 2014 die Sonderinitiative EINEWELT ohne Hunger ins Leben gerufen
(Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ),
2015). Damit investiert die Bundesregierung jährlich rund 1,5 Milliarden Euro in
Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Ernährungssicherung in Schwellen-,
und Entwicklungsländern. Deutschland fördert etwa den Aufbau von 14 Grünen
Innovationszentren . Diese unterstützen Kleinbäuer_innen in Entwicklungsländern,
damit sie höhere Erträge erzielen sowie gleichzeitig, um neue Strategien für die Er –
zeugung, Weiterverarbeitung und Vermarktung von Grundnahrungsmitteln zu ent –
wickeln und damit zur Umsetzung der Agenda 2030 beizutragen. Vorhaben zur Er –
nährungssicherung tragen dazu bei, den Hunger besonders betroffener Menschen,
etwa Mütter und Kleinkinder, zu beseitigen. Maßnahmen zur Wiederherstellung von
Bodenfruchtbarkeit ermöglichen es den Menschen, wieder vom Ackerbau leben zu
können und leisten gleichzeitig über eine erhöhte CO2-Bindung einen Beitrag zum
Klimaschutz. Die Sicherung der Landrechte schützt vor Vertreibungen und schafft
die Voraussetzungen dafür, dass Bäuer_innen in ihr Land investieren und somit zu
einem nachhaltigen Erhalt der Bodengesundheit beitragen (BMZ, 2015).
02_07.3.3 Bisherige Erfahrung mit dieser
Option oder ähnlichen Optionen
Ein Beispiel für die Aufarbeitung der Wirkung von
öffentlicher Entwicklungszusammenarbeit liefert Finnland in dem Bericht:
Development Policy Results Report .
10
Optionen und MaßnahmenAuch in Deutschland hat die Einrichtung von Partner_
innenregionen aus den Bundesländern mit Ländern des Südens zu einer verbes –
serten Koordination der Aktivitäten in den Bundesländern geführt.
02_07.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
Kurzfristig
Die Formulierung einer zentralen Strategie zum Bei –
trag der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit zur globalen Ernährungs –
sicherheit sowie der kohärenten Zusammenarbeit unterschiedlicher Politikbereiche,
kann kurzfristig Möglichkeiten für Synergien ergeben. Diese Synergien gilt es
mittel- und langfristig durch die genannten Maßnahmen auszubauen.
Mittel- und Langfristig
Die Etablierung eines effektiven Wirkungsmonitorings
und auch einer dazugehörigen Evaluierung bringt vor allem mittel- und langfristig
positive Effekte, da umgesetzte Ergebnisse zukünftiger Projekte erst nach einer
gewissen Zeit sichtbar werden. Dabei werden Langzeit-Projekte über mindestens
fünf Jahre empfohlen.
02_07.3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
Die Option 2_7, Beitrag Österreichs zur globalen Er –
nährungssicherheit und einer resilienten Landwirtschaft ist zentral für eine dauer –
hafte Absicherung der Nahrungsmittelproduktion und -versorgung in Österreich
und darüber hinaus. Sie ist auch sehr bedeutsam für eine nachhaltige Entwicklung
in ländlichen Regionen (siehe auch Option 2_5 und Option 2_6 ) und für die kon –
sequente ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeitsorientierung des
Ernährungssystems. Letzteres wird von den Vereinten Nationen in ihrem aktuel –
len Bericht The Future is now (Vereinte Nationen (UN), 2019) als einer von sechs
leverage points zur Erreichung einer nachhaltigen Entwicklung gesehen.
Weitere Optionen, die auf Produktions-, Handels/
Distributions- und Konsumseite zu dieser übergeordneten Zielerreichung dieser
Option beitragen, finden sich in dem SDGs 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8, 9, 12, 13, 15 und 17.
11
02_07 / Beitrag Österreichs zur globalen Ernährungssicherheit
und einer resilienten Landwirtschaft12Reduktion von Armut durch Stärkung und Erhöhung der Resilienz im Lebens –
mittelsektor inklusive fairer Arbeitsbedingungen (u. a. auch für Erntehelfer_innen
und in der Fleischverarbeitung/-industrie). Relevanz in Österreich verschärft sich
in Krisenzeiten (siehe Erfahrungen aus Corona).
Integration von nachhaltigem, regionalem Konsum, von regionaler nachhaltiger,
gesunder Ernährung in Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildung als Beitrag
zur transformativen Bildung.
Bedeutung der Rolle der Frau für eine nachhaltige Landwirtschaft, Lebensmittel –
verarbeitung und -handel, Vielfalt und Mitbestimmung in wichtigen soziokulturel –
len Bereichen und nachhaltige/transformative Bildung in der Kultur sowie in der
Regionalpolitik.
Geringere Wasserbelastungen durch extensivere regionale, nachhaltige Land –
wirtschaft; Verringerung von negativen Spillover-Effekten im Bereich Wasserver –
brauch und Wasserverschmutzung durch verringerte Importe.
Einsatz erneuerbarer Energie in der Lebensmittelwertschöpfungskette, regiona –
le Stoffkreislaufschließung und Energieeffizienz durch regionale Prozesse.
Regionales Wirtschaften, nachhaltiger Tourismus, Transparenz und Mitbestim –
mung im Bereich der regionalen Wirtschaft und Arbeit.
Dezentrale Infrastruktur und Logistik in der Lebensmittelwertschöpfungskette,
nachhaltige Standortentwicklung für Unternehmen auf regionaler Ebene.
Krisensicherung der Ernährung im urbanen Raum; engere Verzahnung Stadt-
Land.
Vielfältige Beiträge zum nachhaltigen Konsum im Bereich Ernährung.
Senkung der Treibhausgasemissionen aus dem Lebensmittelsektor über eine
nachhaltige und damit auch klimafreundliche Ernährung.
Extensivierung und Ökologisierung der Landwirtschaft, Reduktion der Flächen –
versiegelung, Verhinderung weiterer Landnutzungsänderung zum Futtermittel –
anbau.
Verzahnung von lokaler, nationaler und internationaler Agrar-, Regional-, Er –
nährungs- und Konsum- und Tourismuspolitik in Richtung einer nachhaltigen
Entwicklung, stärkere Verzahnung von Regionalpolitik mit nationaler Wirtschafts –
politik.

02_07.3.6 Interaktionen mit anderen Optionen
SDG Interaktionen
Tab. O_2-07_01 : Interaktionen
der Option 2_7 mit anderen SDGs.
Quelle: Eigene Darstellung. // Tab. O_2-07_01 : Interactions
of option 2_7 with other SDGs.
Source: Own illustration.
Optionen und Maßnahmen02_07.3.7 Offene Forschungsfragen
– Wie können faire Handelsbeziehungen und Optionen zum Wohle der
einkommensschwächeren Länder geschaffen werden und gleichzeitig die
SDGs, welche eine Abschaffung von jeglichen Handelsbarrieren fordern,
erreicht werden?;
– Wie und welche Spillover Effekte wirken sich regional und international auf
Ernährungssicherheit und Lebensmittelproduktion aus?;
– Wie kann die Ressourceneffizienz (Wiederverwertung von Nährstoffen in der
Biomasse, Reduzierung von externen Inputs) verbessert werden?;
– Welche positiven sozioökologischen Auswirkungen haben Resilienz und die
Stärkung der Widerstandsfähigkeit in Hinblick auf die Verbesserung der Boden-
gesundheit, Tiergesundheit, Biodiversität, Steigerung von Synergien und
wirtschaftlicher Diversifizierung für Nord-Südbeziehungen?;
– Wie kann die Sicherung von sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verant-
wortung zur Verbesserung regionaler und globaler Ernährungsgewohnheiten
beitragen?;
– Welche Maßnahmen sind aus österreichischer Sicht erforderlich, um eine
nachhaltige Landnutzung und einen schonenden Umgang mit natürlichen
Ressourcen zur Bekämpfung von Hunger zu erreichen.
13Literatur
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