Die Gewinner des „Skarabäus“ 2024: Revolutionäre Recycling-Ideen in Niederösterreich
Beim renommierten NÖ Abfallwirtschaftspreis „Skarabäus“ 2024 zeichnete die Fachgruppe Entsorgungs- und Ressourcenmanagement der Wirtschaftskammer Niederösterreich im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Land Niederösterreich sowie dem Verein „die NÖ Umweltverbände“ bereits zum dritten Mal herausragende Ideen und Projekte aus, die zur nachhaltigen Entwicklung der Abfallwirtschaft in Niederösterreich beitragen.
Dieses Jahr stand der Preis, bei dem mit 46 Einreichungen ein neuer Rekord aufgestellt wurde, ganz im Zeichen der Kreislaufwirtschaft.
Die Siegerinnen und Sieger konnten sich zusätzlich zu einer Trophäe samt Urkunde über das Preisgeld von € 1.500,- (1.Platz), € 1.000,- (2.Platz), und € 500,- (3.Platz) freuen und lauten wie folgt:
Kategorie: Betriebe bis 50 Mitarbeiter:innen
1. Platz
Biomethananlage Seiringer – Grünes Gas aus Reststoffen [Seiringer Umweltservice GmbH]
v.l.n.r: LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Hubert Seiringer, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
In Wieselburg soll die erste Reststoff-Biomethananlage Österreichs entstehen, in der Bioabfall von Haushalten, Abfälle/ Reststoffe aus der Lebensmittelverarbeitung bis zu Reststoffen aus der Landwirtschaft (Maisstroh, Mist und Zwischenfrüchte) verarbeitet werden. In diesem Konzept liefern die zwei Bezirke Melk und Scheibbs, über 10 Lebensmittel-verarbeitende Betriebe und über 80 landwirtschaftliche Betriebe ihre Abfälle bzw. Reststoffe an die Biomethananlage (Transportradius der Input-Stoffe < 10 km). Mit 100.000 t pro Jahr Verarbeitungskapazität und einer Gas-Einspeise-Leistung von bis zu 7 Mio. m³ Methan ist diese Anlage die größte geplante und genehmigte Anlage Österreichs.
2. Platz
Stop the waste [chromulus GmbH]
v.l.n.r: LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Thomas Freund, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
Im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel werden jährlich rund 65.000 t Lebensmittel weggeworfen, davon 45% Obst und Gemüse. Die Trockenvernebelungsanlage von Chromulus hat das Potential, den Obst- und Gemüseverderb am Point-of-Sale um rund 25-35% zu verringern. In fünf Märkten wurde diese Anlage bereits installiert, um die Haltbarkeit der Produkte zu verlängern. Der Trockennebel senkt lokal die Temperatur und erhöht die Luftfeuchtigkeit, das Lebensmittel bleibt somit länger frisch. Obst und Gemüse kann über Nacht im Regal belassen werden (Arbeitszeit, Schutz vor Schäden am Produkt). Die Maßnahme umfasst die Optimierung der Lagerbedingungen, Reduzierung von Plastikverpackungen und Sensibilisierung der Kunden. Dadurch könnten alleine in Österreich jährlich über 7.500 t Lebensmittel gerettet werden.
3. Platz
Unverpackt vom Produzenten bis zum Konsumenten [Unverpackt Austria]
v.l.n.r: LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Karin Distelberger, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
Kern des Projekts ist die Umstellung auf wiederverwendbare und stapelbare Metallbehälter samt umfassender Chargenverfolgung in der Lebensmittel-Logistikkette, um Verpackungsmüll zu vermeiden. Durch die Zusammenarbeit mit Gastronomie und Großküchen sowie die Optimierung der Lagerung und das Schädlingsmonitoring werden durch diese Mehrweg-/Kreislaufgebinde neue Maßstäbe gesetzt. Die Nutzung von Sonnenstrom zur Reinigung der Behälter trägt zusätzlich zum Umweltschutz bei.
Kategorie: Betriebe über 50 Mitarbeiter:innen
1. Platz
Kreislaufwirtschaft im Vormarsch: Startschuss für das erste Gips-zu-Gips Recyclingwerk in Österreich [GzG Gipsrecycling GmbH]
v.l.n.r LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Monika Döll, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
Die erste Gips-zu-Gips Recyclinganlage in Österreich, ein Joint Venture zwischen PORR, Saint-Gobain und Saubermacher, ermöglicht künftig das Recycling von bis zu 60.000 t Gipsabfällen jährlich. In der neuen Anlage in Stockerau werden jährlich Gipsabfälle aus Rückbau, Neubau und Abbruch wiederverwertet und somit nicht deponiert. Bis zu 40% Recycling-Gips kann in neuen Platten eingesetzt werden, Naturgips wird somit eingespart (=Ressourcenschonung). Ab 2026 dürfen Gipskartonplatten in Österreich nicht mehr deponiert werden, das Kooperationsprojekt versucht somit diese Herausforderung sowohl auf Entsorgungs- als auch Verwertungsseite sinnvoll und zeitnah zu lösen. Das Projekt zeigt, Gips ist „DAS Vorzeigeprodukt“ für echte Kreislaufwirtschaft!
2. Platz
Umstellung der SONNENTOR Aufgussbeutelteehüllen auf kreislauffähiges Material
[SONNENTOR Kräuterhandels GmbH]
v.l.n.r: LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Maria Bianca Papst, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
Mitte 2023 wurde eine neue recyclingfähige Aromaschutzhülle aus speziellem Papier eingeführt, die verbesserte Barriereeigenschaften aufweist und mit kompostierbaren Farben bedruckt ist. Diese Umstellung verbessert den Schutz von Geruch und Geschmack und ermöglicht die Entsorgung im Altpapier (Monomaterial statt Verbund). Durch die neue Verpackungslösung konnte der Anteil an recyclingfähigem Verpackungsmaterial von 79% auf 94% erhöht werden. Im Geschäftsjahr 2023/24 wurden etwa 112 t Verpackungsmaterial von Verbundmaterial auf Monomaterial umgestellt.
3. Platz
ÖKOBETON – ein Meilenstein für nachhaltiges Bauen [Wopfinger Transport Ges.m.b.H.]
v.l.n.r: LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Philip Ramprecht, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
Die Wopfinger Transportbeton Ges.m.b.H. hat 2023 zwei der nachhaltigsten und innovativsten Transportbetonwerke Österreichs errichtet und damit den Grundstein für die Herstellung klimafitter Betone gelegt. Diese ÖKO-BETON-Werke erlauben die Verarbeitung mehrerer Recyclingfraktionen und den Einsatz verschiedener Betonzusatzmittel zur Stabilisierung und Verbesserung der Betonrezepturen. Nicht nur der erhöhte Anteil von Recyclingmaterial spart CO2 ein, sondern auch die Verwendung einzelner Bindemittelkomponenten statt fertiger Standardzemente. Dieses Werkskonzept ist die Voraussetzung für die Weiterentwicklung ihrer Produktlinie ÖKOBETON. Neben dem bereits bekannten ÖKOBETON-R wurden jetzt ÖKOBETON-K und ÖKOBETON+ weiterentwickelt. Photovoltaik-Anlagen und Wärmepumpen tragen ebenso zur Nachhaltigkeit der Werke bei.
Kategorie: Sonstige Einrichtungen
1. Platz
Biotechnologische Rückgewinnung von kritischen Rohstoffen aus gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien [Austrian Center of Industrial Biotechnology]
v.l.n.r: LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Klemens Kremser, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
Die Umstellung auf Elektromobilität und erneuerbare Energien erfordert den Einsatz vieler Rohstoffe, wie seltene Erden und Metalle, die schwer zu recyceln sind. Das Projekt untersucht nun, wie Bakterien zur biologischen Laugung von Altbatterien (Lithium-Ionen-Batterien) verwendet werden können, um Metalle umweltfreundlich und effizient zurückzugewinnen. Diese Bakterien sind extrem säureresistent und benötigen wenige Nährstoffe, wodurch sie ideal für das Recycling geeignet sind. Zusätzlich werden Metall-bindende Peptide eingesetzt, um die Metalle selektiv aus den Lösungen zu extrahieren. Das Ziel ist, einen kostengünstigen, umweltfreundlichen Recyclingprozess zu entwickeln, der ohne starke Chemikalien und hohe Energie auskommt.
2. Platz
Entwicklung eines innovativen Aufbereitungsverfahrens zur Wertstoffrückgewinnung aus Müllverbrennungsaschen [TU Wien, CD Labor für Recyclingbasierte Kreislaufwirtschaft, Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften]
v.l.n.r: LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Jakob Lederer, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
In Österreich fallen bei der Müllverbrennung etwa 10-25% der Abfälle als Aschen an, die wertvolle Metalle und mineralische Bestandteile enthalten. Das Forschungsprojekt untersucht erweiterte Aufbereitungsschritte, um zusätzlich zu Metallen auch Rohstoffe wie Glas aus diesen Aschen rückzugewinnen. Die so gewonnene Mineralikfraktion kann als Sekundärrohstoff im Bauwesen verwendet werden, was die Recyclingquote erhöht und Deponievolumen spart. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Prozessschritte im industriellen Maßstab von der Firma Brantner Österreich GmbH macht die Aufbereitungsanlage für Müllverbrennungsaschen in NÖ zu einer der modernsten ihrer Art in Europa. Diese Maßnahmen der Kreislaufführung von Bett- und Rostaschen tragen erheblich zum Umwelt- und Ressourcenschutz bei, indem sie Primärrohstoffe und Energie einsparen.
3. Platz
Projekt: Second Chance Bazar [BHAK/BHAS Wr. Neustadt]
v.l.n.r: LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Florentina Hauser, Florian Czurda, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
Der Second Chance Bazar der BHAK/BHAS Wr. Neustadt findet seit 2022 statt, um Klimaschutz und Ressourcenschonung zu fördern. Schüler:innen können einmal pro Semester Kleidung tauschen, die nicht mehr getragen werden würde. Durch die Wiederverwendung wird die Lebenszeit der Kleidung verlängert. Die getauschte Menge an Gewand wird quantitativ erfasst und mittels CO2 Rechner bewertet. Durch die Aktion wurden bisher 7.536 kg CO2 eingespart, das entspricht einer Fahrt von 42.065 km mit einem Mittelklasseauto. Die Schüler:innen werden motiviert, mehr Kleidung abzugeben, indem Klassen, die mehr spenden, früher Zugang zum Bazar erhalten. Diese Aktion fördert Bewusstsein für Nachhaltigkeit und ermöglicht den Schüler:innen, aktiv am Klimaschutz teilzunehmen.
Kategorie: Start-Up-Unternehmen
Sonderpreis
Entwicklung einer automatischen hoch Durchsatz Upcycling-Anlage für gebrauchte PV-Module [2nd Cycle FlexCo]
v.l.n.r: LAbg. Anton Kasser, Präsident des Vereins die NÖ Umweltverbände, Fachgruppenobmann Thomas Kasper, Gerald Eichler, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident KommR Wolfgang Ecker
Die Umstellung auf erneuerbare Energieträger ist entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise, weltweit werden täglich Millionen neuer Photovoltaikmodule installiert. Diese steigende Anzahl führt zu einem massiven Rückstrom gebrauchter PV-Module, von denen viele technisch noch einsatzfähig wären. Es fehlt an automatisierten Prozessen, um diese Module kosteneffizient für einen zweiten Lebenszyklus aufzubereiten. Eine neue, vollautomatische Upcycling-Anlage soll dieses Problem lösen, indem sie gebrauchte PV-Module reinigt, testet, repariert und sortiert, wodurch die Kosten im Vergleich zu bestehenden manuellen Prozessen um über 80% gesenkt werden. Ziel ist es, bis 2031 rund 8% des EU-weiten Rückstroms an PV-Modulen zu verarbeiten, was bedeutende Umwelt- und Klimavorteile bietet, indem bis zu 200.000 t PV-Müll vermieden und 7,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden.