SDG_03_Option_03_05_pdf_20231119_182343.txt

Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen1
03_05 / Vermeidung übermäßigen Alkoholkonsums03_05
Target 3.5Lead – Autor:
Mechtcheriakov, Sergei (Medizinische Universität
Innsbruck)
Co – Autor_innen:
Mair, Katharina (Medizinische Universität Wien,
Stundentin) ; Mayer, Stefan (Medizinische Universität
Innsbruck); Repnik, Lukas (Sigmund-Freud-Universität
Wien, Student)Vermeidung übermäßigen
Alkoholkonsums
23 03_05 .1 Ziele der Option
3 03_05 .2 Hintergrund der Option
4 03_05 .3 Optionenbeschreibung
4 03_05 .3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
5 03_05 .3.2 Erwartete Wirkweise
5 03_05 .3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
6 03_05 .3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
6 03_05 .3.5 Interaktionen mit anderen Optionen
6 03_05.3.6 Offene Forschungsfragen
6 LiteraturInhalt
Optionen und Maßnahmen303_05.1 Ziele der Option
Das primäre Ziel dieser Option ist die Verkleinerung
der Risikogruppe für exzessive Trinker_innen sowie die Reduktion des durch –
schnittlichen Alkoholkonsums in der Risikogruppe und in der Gruppe der Patient_
innen mit Alkoholkrankheit.
Für die Zielerreichung ist eine gute Früherkennung
zur Vermeidung von gesundheitlichen Schäden unerlässlich. Risikogruppen sollen
durch effektive medizinische und nicht-medizinische Interventionen schon in frühe –
ren Stadien der Alkoholerkrankung unterstützt und begleitet werden.
Darüber hinaus soll Prävention auch durch Edukation
in der Bevölkerung stattfinden, mit besonderem Augenmerk auf Jugendliche und
junge Erwachsene. Auch eine Verbesserung der medialen Darstellung der Alkohol –
problematik wird angestrebt, wobei unter anderem die Entbagatellisierung exzessi –
ven Alkoholkonsums im Zentrum der Bemühungen stehen sollte.
03_05.2 Hintergrund der Option
Ca. 15 – 20 % der Österreicher innen konsumieren zu
viel Alkohol. (BMASGK, 2020) Auf Dauer verursacht das erhebliche gesundheit –
liche Probleme bei den betroffenen Personen und erhebliche Kosten für das Ge –
sundheitssystem durch Behandlungen von Alkoholkranken sowie von Folgeerkran –
kungen einerseits und die Wirtschaft aufgrund von Ausfällen von Mitarbeiter_innen
und Schäden durch Alkoholkonsum am Arbeitsplatz andererseits (Manthey et al.,
2021). Einschätzungen dieser durch den exzessiven Alkoholkonsum entstehenden
Kosten wurden mehrmals von der WHO präsentiert. (Ferreira-Borges, Neufeld,
Breda, Lima & De León, 2020)
Es ist wichtig zu betonen, dass der Konsum von Al –
kohol im Rahmen epidemiologisch erarbeiteter Normen sehr geringe bis gar keine
Schäden verursacht – sowohl für die einzelnen Personen als auch für die Gesell –
schaft. Abhängigkeit, somatische Erkrankungen und alkoholbezogene Belastun –
gen der Gesellschaft (soziale Folgen) entstehen durch exzessiven Konsum. Die
Konsumgrenzen sind epidemiologisch zuverlässig definiert. Konsum in Grenzen
verursacht deutlich weniger bis keine Schäden bzw. Kosten.
Bei diesen Normen wird zwischen einer Unbedenk –
lichkeitsgrenze und einer Gefährdungsgrenze unterschieden. Von der Unbedenk –
lichkeitsgrenze spricht man bei Frauen ab 16 g Reinalkohol (entspricht in etwa 0,4
l Bier bzw. 0,2 l Wein) pro Tag, bei Männern ist diese ab 24 g Reinalkohol (ca. 0,6
l Bier oder 0,3 l Wein) erreicht. Die Gefährdungsgrenze liegt bei 40 g Reinalkohol
(ca. 1 l Bier oder 0,5 l Wein) pro Tag für Frauen und 60 g Reinalkohol (ca. 1,5 l Bier
oder 0,75 l Wein) pro Tag für Männer. Zusätzlich wird eine Wochengrenze (100 g
Reinalkohol bei Frauen, 150 g bei Männern) definiert, die deutlich unterhalb der
Summe der Tagesgrenzen für eine Woche liegt und einen wichtigen zusätzlichen
Beobachtungsparameter bietet. (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit,
Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), 2020)
Aus diesen Zahlen ergibt sich die folgende Prognose:
Menschen, die ihren Konsum unter der Bedenklichkeitsgrenze halten bekommen
mit hoher Wahrscheinlichkeit keine psychischen oder somatischen Probleme durch
ihren Alkoholkonsum. Mit der Konsummenge steigt auch zunehmend das Risiko
für gesundheitliche Folgen. Wer die Gefährdungsgrenzen dauerhaft überschreitet
muss mit hoher Wahrscheinlichkeit mit gesundheitlichen Konsequenzen rechnen.
03_05 / Vermeidung übermäßigen AlkoholkonsumsDie Überschreitung dieser Grenzen über Monate und Jahre führt unausweichlich
zu einer Beeinträchtigung in Form von Abhängigkeit, somatischen Erkrankungen
und/oder psychosozialen Folgen.
Da ca. 80 % der österreichischen Bevölkerung Alkohol
unterhalb der Bedenklichkeitsgrenze konsumiert (BMSGPK, 2020), muss sich die
Zielsetzung auf zwei wesentliche Bereiche konzentrieren:
1. Vermeidung der Vergrößerung der Risikogruppe (Reduktion der Anzahl exzes –
siver Trinker_innen);
2. Reduktion der durchschnittlichen Alkoholkonsummenge in der Risikogruppe
und in der Gruppe der Patient_innen mit Alkoholkrankheit ( Vieltrinker_innen
trinken weniger).
03_05.3 Optionenbeschreibung
03_05 .3.1 Beschreibung der Option
bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
Der generelle Ansatz sei wie folgt formuliert: Dauer –
hafte Reduktion der Anzahl von Personen in Österreich, die exzessiv Alkohol kon –
sumieren. Zur Erreichung dieses Ziels sollten folgende Maßnahmen durchgesetzt
werden:
Medizin:
1. Verbesserung der Erfassung von Alkohol-, Nikotin- und Drogenkonsum bei allen
Patient_innen in medizinischen Einrichtungen in einer eigens dafür eingerichte –
ten, anonymisierten Datenbank.
Zu erwartende Auswirkungen: bessere und frühere Identifizierung von Personen
mit Risikokonsum.
2. Einführung von österreichweiten standardisierten Richtlinien zur Beratung, Be –
handlung (medizinische Standards, Neudefinition der Outcome -Ziele) und Beglei –
tung von Risikopersonen und Alkoholabhängigen.
Zu erwartende Auswirkungen: Effektive medizinische und nicht-medizinische
Interventionen in früheren Stadien der Alkoholerkrankung.
Prävention und Edukation der Bevölkerung:
1. Verbesserung der medialen Darstellung der Alkoholproblematik:
a. Entbagatellisierung von exzessivem Alkoholkonsum;
b. klare Aussagen – wer zu viel trinkt, wird krank ; wer Grenzen beachtet,
bleibt ges und (Manthey et al., 2021), (BMSGPK, 2020);
c. fokussierte Präventions- und Aufklärungsprogramme für Jugendliche
(Anderson, Jané-Llopis, Hasan & Rehm, 2018).
Zu erwartende Auswirkungen: Sensibilisierung von Jugendlichen und
jungen Erwachsenen zum Thema Alkoholkonsum. (Nandi & Charles,
2019)
2. Sicherung der korrekten medialen Darstellung von Alkoholkonsumstatistik:
Beispielsweise werden in Österreich nicht „ 12 Liter reiner Alkohol pro Kopf und
Jahr“ (Beitrag des ORF, 2021) konsumiert, sondern 17 % der Personen in Öster –
reich konsumieren ca. 70 % des gesamten in Österreich konsumierten Alkohols.
(BMSGPK, 2020)
Zu erwartende Auswirkungen: Vermeidung einer resignativ-bagatellisierenden
Haltung in der Bevölkerung („es trinken eh alle …“).
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Optionen und Maßnahmen3. Klare mediale Trennung zwischen unbedenklichem und exzessivem Konsum –
Alkohol darf konsumiert werden, aber hohe Mengen von Alkohol sind schädlich
und Alkohol hat keinen relevanten gesundheitsfördernden Effekt ( Verherrlichung
des Alkohols durch Berichte über vermeintliche gesundheitsfördernde Effekte).
Zu erwartende Auswirkungen: Stärkung des kompetenten Umgangs mit Alkohol
und Grundlagen für persönliche Entscheidungen, Alkohol zu konsumieren.
Forschung:
1. Förderung der österreichischen klinischen Outcome -orientierten Forschung im
Suchtbereich (internationale Studien sind nur eingeschränkt anwendbar);
2. Ausarbeitung einer nationalen Strategie für das Monitoring von Suchterkrankun –
gen als Voraussetzung für die Etablierung eines österreichweiten interdisziplinä –
ren Forschungszentrums mit Fokus auf Suchtprävention. Ziel wäre eine nationale
Datenbank zur Erfassung aller für Prävention, Begleitung und Behandlung von
Suchterkrankungen relevanten Parameter.
Zu erwartende Auswirkungen: Entwicklung neuer Präventions-, Behandlungs-
und Betreuungsstrategien für verschiedene Gruppen der Betroffenen.
Gesellschaftliche Veränderungen im Umgang mit Alkohol:
1. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Zugang zu alkoholischen Getränken ak –
tiv zu regulieren. Beispiele hierfür sind etwa geregelte Verkaufszeiten, separate
Geschäfte für alkoholische Getränke nach dem Vorbild von Trafiken oder steuer –
politische Maßnahmen. (Anderson et al., 2018; Nandi & Charles, 2019; Berdzuli,
Ferreira-Borges, Gual & Rehm, 2020)
2. Ob Einschränkungen in der Werbung für alkoholische Produkte effektiv sein
können, muss noch geklärt werden. Um eine entsprechende Aussage treffen
zu können, muss der Konsum erfasst werden, wofür wiederum eine nationale
Datenbank benötigt wird.
3. Stärkung von Präventions- und gesundheitsfördernden Programmen in Betrie –
ben und Bildungseinrichtungen.
Zu erwartende Auswirkungen: Reduktion des Konsums in der Risikogruppe.
03_05 .3.2 Erwartete Wirkungsweise
Durch die unter Beschreibung der Option angeführten
Maßnahmen soll eine deutliche Reduktion des Konsums exzessiver Trinker sowie
eine Verkleinerung der Risikogruppe für Alkoholkrankheit erreicht werden. Daraus
ergeben sich zahlreiche Spill-Over-Effekte im Bereich der nicht-übertragbaren Er –
krankungen und der psychischen Gesundheit der Bevölkerung. Mögliches Monito –
ring: Anzahl der medizinischen und psychologischen Behandlungen aufgrund von
Alkoholkrankheit bzw. übermäßigem Alkoholkonsum.
03_05 .3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser
Option oder ähnlichen Optionen
Regionale Projekte führen zur besseren Erfassung der
Situation ebendort, wo die medizinischen, suchtspezifischen und sozialen Maßnah –
men durchgeführt werden. Ergebnisse internationaler Studien können nicht direkt
umgesetzt werden, sie können bestenfalls als Anregung zur Entwicklung eigener
regional angepasster Maßnahmen dienen.
5
03_05 / Vermeidung übermäßigen Alkoholkonsums03_05 .3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
Mittel- bis langfristig
Messbare Auswirkungen durch genannte Maßnahmen
sind durch die Reduktion exzessiven Alkoholkonsums und die dadurch verringer –
ten Hospitalisierungen im Zeitraum ab ca. zwei Jahren zu erwarten.
03_05 .3.5 Interaktionen mit anderen Optionen
Die Prävention von Alkoholmissbrauch und -krankheit
ist eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit großem Wirkungspotential
und zeigt zahlreiche Interaktionen mit fast allen SDGs (SDGs 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8, 10,
16. (Ferreira-Borges et al., 2020)
3_05.3.6 Offene Forschungsfragen
Vermeidung von übermäßigem Alkoholkonsum:
−Prioritäre Förderung wissenschaftlicher Projekte zur Evaluierung von Präven –
tionsprogrammen und medialen Aktionen auf tatsächlichen Alkoholkonsum in
Risikogruppen:
−Welche Auswirkungen lassen sich in Risikogruppen erfassen?
−Prioritäre Förderung wissenschaftlicher Projekte zur Evaluierung von Effektivität
verschiedener Behandlungsmethoden der Alkoholabhängigkeit:
−Wie lässt sich der Erfolg der Behandlung bemessen?
Illegale Drogen
−Prioritäre Förderung wissenschaftlicher Projekte zur Erfassung der statistischen
Daten über Menschen, die illegale Drogen konsumieren:
−Wie viele sind das?
−Und wie gefährlich konsumieren sie?
−Wissenschaftlich fundierte Evaluierung Aktionen zum kompetenten Umgang mit
Drogen.
−Wissenschaftliche Erfassung der Behandlungsformen.
6Literatur
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