SDG_06_Option_06_06_pdf_20231119_182354.txt
Optionen
und
Maßnahmen
Österreichs Handlungsoptionen
zur Umsetzung
der UN-Agenda 2030
für eine lebenswerte Zukunft.
UniNEtZ –
Universitäten und Nachhaltige
Entwicklungsziele
Optionen und Maßnahmen
06_06 / Reduktion von Spurenstoffen06_06
Target 6.3 & 6.5 Autor_innen:
Fischer, Jörg ( Johannes-Kepler-Universität Linz );
Langergraber, Günter ( Universität für Bodenkultur
Wien ); Gruber, Christina ( Universität für Bodenkultur
Wien )Reduktion von Spurenstoffen
3 Abbildungsverzeichnis
3 Tabellenverzeichnis
5 0 6_06.1 Ziele der Option
5 06_06. 2 Hintergrund der Option
7 0 6_06. 3 Optionenbeschreibung
7 0 6_06. 3.1 Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen
bzw. Maßnahmenkombinationen
17 06_06. 3.2 Erwartete Wirkungsweise
18 0 6_06. 3.3 Bisherige Erfahrungen mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
19 0 6_06. 3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
20 0 6_06. 3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
20 0 6_06. 3.6 Interaktionen mit anderen SDGs
23 06_06.3.7 Offene Forschungsfragen
24 LiteraturInhalt
Optionen und Maßnahmen3Abbildungsverzeichnis
Abb. O_6-06_01: Sche –
matische Unterscheidung
von quellen-, anwen –
dungsorientierten und
nachgeschalteten Maß –
nahmen. Quelle: Hillen –
brand et al. (2019).
// Fig. O_6-06_01:
Schematic differentia –
tion of source-oriented,
application-oriented and
downstream measures.
Source: Hillenbrand et al.
(2019)
Abb. O_6-06_02: Ver-
gleich der mittleren
Eliminationsleistung
ausgewählter Medikamen –
tenrückstände in Pflan –
zenkläranlagen (graue
Balken, „Constructed
Wetlands“) und konven –
tionellen Belebungsan –
lagen (schwarze Balken,
„Conventional WWTPs“).
Quelle: Li et al. (2014).
// Fig. O_6-06_02:
Comparison of removal
efficiencies of selec –
ted medical residues in
constructed wetlands and
conventional wastewater
treatment plants. Source:
Li et al. (2014).8
910
11
12
13Tabellenverzeichnis
Tab. O_6-06_01: Anfall
von Spurenstoffen in
Haushalten und Maß –
nahme zur Reduktion des
Eintrags. Quelle: eigene
Darstellung.
// Tab. O_6-06_01: Trace
substances in house –
holds and measures of
reduction. Source: own
elaboration.
Tab. O_6-06_02: Anfall
von Spurenstoffen in
Landwirtschaft und Vete –
rinärmedizin und Maß –
nahme zur Reduktion des
Eintrags. Quelle: eigene
Darstellung.
// Tab. O_6-06_02: Trace
substances in agriculture
and veterinary medicine
and measures of reducti –
on. Source: own elabora –
tion.
Tab. O_6-06_03: An-
fall von Spurenstoffen
in Krankenhäusern und
Maßnahme zur Reduk –
tion des Eintrags. Quelle:
eigene Darstellung.
//Tab. O_6-06_03: Trace
substances in hospitals
and measures of reducti –
on. Source: own elabora –
tion.
Tab. O_6-06_04: Anfall
von Spurenstoffen in der
Industrie und Maßnah –
men zur Reduktion des
Eintrags. Quelle: eigene
Darstellung.
//Tab. O_6-06_04: Trace
substances in industries
and measures of reducti –
on. Source: own elabora –
tion.
4 06_06 / Reduktion von SpurenstoffenTab. O_6-06_05: Anfall
von Mikroplastik und Maß –
nahme zur Reduktion des
Eintrags. Quelle: eigene
Darstellung.
// Tab. O_6-06_05: Origin
of microplastics and
measures of reduction.
Source: own elaboration.
Tab. O_6-06_06: Be-
schreibung der Wirkung
der Option 6.6 auf die Tar –
gets von SDG 6. Quelle:
eigene Darstellung.
// Tab. O_6-06_06: De-
scription of the impact of
Option 6.6 on the Targets
of SDG 6. Source: own
elaboration.
Tab. O_6-06_07: Be-
schreibung der Wechsel –
wirkung der Option 6.6 mit
anderen SDG 6 Optionen.
Quelle: eigene Darstel –
lung.
//Tab. O_6-06_07: De-
scription of the interac –
tions of Option 6.6 on with
other Options of SDG 6.
Source: own elaboration.
Tab. O_6-06_08: Interak –
tionen der Option 6.6 mit
anderen SDGs. Quelle:
eigene Darstellung.
// Tab. O_6-06_08: Inter –
actions of Option 6.6 on
with other SDGs. Source:
own elaboration.14
17
19
23
Optionen und Maßnahmen506_06.1 Ziele der Option
Ziel der Option ist die Reduktion von Spurenstof –
fen in Gewässern, da diese oft bei der derzeitigen Abwasserreinigung nicht
oder nur unzureichend entfernt werden (Lechner et al., 2014) und dadurch in
die Gewässer, in den Boden und ins Grundwasser gelangen (Herzog, Krejci &
Napetschnig, 2015). In dieser Option werden neben den typischen organischen
Spurenstoffen (wie z. B. Pflanzenschutzmittel, Industrie- und Haushaltschemi –
kalien, Weichmacher, Substanzen aus Körperpflegeprodukten, Arzneimittelrück –
stände) auch Mikroplastik und -fasern sowie Nanopartikel und Schwermetalle
berücksichtigt.
Durch die Reduktion des Eintrags von Spurenstof –
fen ergeben sich eine Verringerung der Verschmutzung der Gewässer und eine
langfristige Verringerung des Eintrags gefährlicher Stoffe. Die Option zielt vor
allem auf die Targets 6.3. und 6.5 . ab.
06_06.2 Hintergrund der Option
Unter ‚Spurenstoffen‘ (auch ‚Mikroschadstoffen‘
und ‚Mikroverunreinigungen‘) versteht man meist synthetische organische
Substanzen, die im Gewässer vorkommen und bereits in sehr geringen Konzen –
trationen (Konzentrationsbereich von Pikogramm pro Liter bis Nanogramm pro
Liter) nachteilige Wirkungen auf aquatische Ökosysteme und/oder Organismen
haben (Umweltbundesamt (UBA), 2015). Spurenstoffe können dabei toxische,
persistente und/oder bioakkumulative Eigenschaften haben und akut oder chro –
nisch wirken. Darüber hinaus werden in dieser Option unter Spurenstoffen auch
anorganische Stoffe wie Nanopartikel und Schwermetalle mitbetrachtet, die
auch in geringen Konzentrationen vorkommen und von denen Gewässer auch
freigehalten werden sollen.
Organische Spurenstoffe umfassen unterschied –
liche Stoffgruppen, zum Beispiel Pflanzenschutzmittel, Biozide, Arzneimittel,
Körperpflegeprodukte, Industrie- und Haushaltschemikalien, aber auch Süßstof –
fe und viele weitere synthetische chemische Verbindungen (Hartmann, 2016;
Hillenbrand, Niederste-Hollenberg & Tettenborn, 2019; UBA, 2015).
Mit den heute üblichen Kläranlagen in Österreich
(biologische Reinigung mit Nitrifikation) wird nur etwa 1/3 der organischen
Spurenstoffe durch Abbau aus dem Abwasser entfernt, ca. 1/3 wird über den
anfallenden Klärschlamm entfernt und ca. 1/3 findet sich im Ablauf der Kläran –
lage wieder (UBA, 2015; Wang & Wang, 2016). Zu den Spurenstoffen, die aus
dem Kläranlagenablauf in die Gewässer kommen, zählen z. B. Carbendazim,
Diuron und 17b-Östradiol (Clara, Hartmann & Deutsch, 2019). Für eine gezielte
Entfernung von Spurenstoffen ist daher eine zusätzliche Reinigungsstufe nötig.
Die derzeit gängigsten technischen Verfahren zur Elimination von Mikrover –
unreinigungen (in einer sogenannten vierten Reinigungsstufe) sind Ozonung,
Adsorption an granulierter Aktivkohle (GAK) in einem Filter, Zugabe von Pulver –
aktivkohle (PAK) in ein Kontaktbecken beziehungsweise in den Flockungsraum
eines Filters, Nanofiltration, Umkehrosmose und Advanced Oxidation Proces –
ses (AOP). Diese Verfahren sind technisch sowie finanziell aufwändig (Abeg –
glen & Siegrist, 2012).
Mikroplastik: Neben makroskopischen Anhäufun –
gen von Müll (z. B. Müllinseln in den Ozeanen) ist für die Umwelt auch Mikro –
plastik ein wichtiges Thema. Als Mikroplastik werden Teile <5 mm verstanden
(Liebmann et al., 2015). Weltweit wurden 359 Millionen Tonnen an Kunststoffen
im Jahr 2018 produziert (Plastic Europe, 2019). Die fünf Hauptanwendungsgebiete
sind dabei Verpackung (~40 %), Gebäude und Infrastruktur (~20 %), Mobilität (~10
%), Elektrik und Elektronik (~6 %), Haushalt, Freizeit und Sport (~4 %) sowie Land -
wirtschaft (~3 %). Die weiteren ~17 % der Kunststoffe werden für andere Anwen -
dungen eingesetzt. Einige dieser letztgenannten Anwendungen sind Sonderanwen -
dungen, wie beispielsweise auch Kosmetika, für die unter anderem Kleinstpartikel
(d. h.: Mikropartikel) für Peeling-Produkte, Reinigungsmittel, Zahnpasta o. ä. er -
zeugt werden. Mikroplastik kann zwar in den Kläranlagen gut aus dem Abwasser
entfernt werden, sammelt sich aber im Klärschlamm an und kann bei Ausbrin -
gung in der Landwirtschaft in die Umwelt kommen (Liebmann et al., 2015). Neben
dieser Art der Herkunft von Mikroplastik in den Gewässern sind aber auch andere
Bereiche zu nennen. In einer Studie des Umweltbundesamtes werden neben den
Kosmetika, die Kunststoffindustrie, Mikroplastik aus Spezialanwendungen, Littering
(d. h. achtloses Wegwerfen von Abfällen an öffentlichen Plätzen und in der Natur),
Straßenverkehr (Reifenabrieb) und Vorkommen in Lebensmitteln als Herkunft für
Mikroplastik genannt. Hinsichtlich des Schadpotenzials von Plastik muss zusam -
menfassend festgehalten werden, dass die Wissenslücken noch sehr groß sind,
auch weil die Zahl der Einflussfaktoren in den unterschiedlichen Umweltmedien he -
rausfordernd ist. Die Verbreitung von Mikroplastik im menschlichen Körper scheint
erst bei Partikelgrößen unter 10 μm möglich, hauptsächlich durch ein Eindringen
über die Atemwege oder den Verdauungstrakt, wobei generell nur ein geringer
Prozentsatz aufgenommen wird (European Chemicals Agency (ECHA), 2018, 2019;
European Federation of National Associations of Water Services (EurEau), 2019;
Liebmann et al., 2015). Die toxikologische Relevanz einer Aufnahme derartig
geringer Mengen Mikroplastik in die Körperzellen ist bisher weitgehend ungeklärt
(Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), 2020).
Nanopartikel: Nanopartikel bezeichnen einen Ver -
bund von wenigen bis einigen tausend Atomen oder Molekülen mit einer Größe,
die typischerweise im Bereich 1 bis 100 Nanometern liegt (UBA, 2019). Nanoparti -
kel können auf natürlichem Wege (etwa Vulkanausbruch oder Waldbrand) entste -
hen, aber auch aus anthropogenen (vom Menschen verursachten) Quellen, wie
Kfz- und Industrieabgase, in die Umwelt gelangen oder auch gezielt synthetisch
hergestellt werden. Nanopartikel besitzen spezielle chemische und physikalische
Eigenschaften, die deutlich von denen von Festkörpern oder größeren Partikeln
desselben Stoffs abweichen (z. B. höhere chemische Reaktivität, stärkere katalyti -
sche Wirksamkeit, Änderung von thermodynamischen Parametern, z. B. Schmelz -
punkt, Änderung der metallischen Eigenschaften und Halbleitereigenschaften und/
oder Änderung der optischen und magnetischen Eigenschaften). Als bekannte
Vertreter synthetischer Nanopartikel können hier Nano-Silber, Nano-Titandioxid
oder Kohlenstoffnanoröhrchen genannt werden. Eine potentielle Gefährdung ist
dabei am ehesten bei gezielt in die Umwelt eingebrachten nanoskaligen Produkten
anzunehmen. Es könnten jedoch auch durch Abnutzungs-, Abrieb-, oder Auswa -
schungsprozesse in einer Matrix gebundene Nanomaterialien aus Produkten in
die Umwelt gelangen, z. B. Auswaschung von Titandioxid-Partikeln in Fassaden -
anstrichen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben negative ökotoxikologische
Effekte auf Organismen in Wasser-Ökosystemen und Boden-Ökosystemen sowie
die Ökotoxikologie von Nanomaterialien (z. B. reduziertes Wurzelwachstum bei
verschiedenen Nutzpflanzen) nachgewiesen (UBA, 2019).
6 06_06 / Reduktion von Spurenstoffen
Optionen und MaßnahmenSituation in Österreich:
In der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) 2000/60/
EG (Europäisches Parlament (EP) & Rat der Europäischen Union (ER), 2000) wur -
de eine Liste prioritärer Stoffe inkludiert, die u. a. mit der EU-Richtlinie 2013/39/
EU erweitert wurde (ER & EP, 2013). In Österreich wurde die EU-Richtlinie 2016
national umgesetzt (mit BGBl. II Nr. 363/2016 wurde die Qualitätszielverordnung
Chemie Oberflächengewässer novelliert und die Liste der prioritären Stoffe erwei -
tert) (Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt -
schaft (BMLFUW), 2016).
In Österreich können Spurenstoffe derzeit schon in
den meisten Gewässern nachgewiesen werden (Clara et al., 2019). Im Projekt
SCHTURM (Spurenstoffemissionen aus Siedlungsgebieten und von Verkehrsflä -
chen; Clara et al., 2019) wurden die unterschiedlichen Eintragspfade von Spuren -
stoffen in Österreich untersucht. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf dem
diffusen Eintrag aus Siedlungsgebieten. Die Ergebnisse zeigen, dass für bestimm -
te Spurenstoffe neben Kläranlagenabläufen auch diffuse Eintragspfade relevant
sind. Durch Mischwasserentlastungen werden vor allem Quecksilber, Tributylzinn,
Diphenylzinn und Östriol eingetragen bzw. durch die Einleitung von Niederschlags -
wasser aus Trennkanalisation vor allem Blei, Cadmium, Zink, Bisphenol-A, Diiso -
nonylphthalat, Diisodecylphthalat (DiDP) und Tetrabutylzinn (Clara et al., 2014). Die
Zuordnung von Spurenstoffen zu Haupteintragspfaden zeigt, dass für die wasser -
wirtschaftliche Planung eine differenzierte Betrachtung und Bewertung erforderlich
ist. Zentrale Maßnahmen bei Kläranlagen führen sicherlich zu einer Reduktion der
Gewässerbelastung, sind jedoch nicht bei allen Spurenstoffen zielführend.
06_06.3 Optionenbeschreibung
06_06.3.1 Beschreibung der Option bzw. der
zugehörigen Maßnahmen bzw.
Maßnahmenkombinationen
Grundsätzlich können Maßnahmen zur Verminderung
und Vermeidung von Emissionen von Spurenstoffen an sehr unterschiedlichen
Stellen ansetzen (Abb. O_6-06_01). Maßnahmen an der Quelle können beispiels -
weise eine Stoffsubstitution oder produktionsintegrierte Ansätze beinhalten, im
Emissionspfad nachgelagerte Minderungsmaßnahmen können z. B. an den eigent -
lichen Eintragsstellen in die Gewässer wie Kläranlagen oder Misch- und Regen -
wasserüberläufen ansetzen. Wie zuvor beschrieben ist die Lösung der Entfernung
von Spurenstoffen in einer vierten Reinigungsstufe kostenintensiv und kann auch
nicht alle Arten von Stoffen eliminieren, da einige Spurenstoffe vor allem durch
diffusen Eintrag in die Gewässer kommen. Generell wird daher die Vermeidung
von Spurenstoffen als effektivste Maßnahme zur Reduktion des Eintrags
angesehen. Instrumente für Vermeidungsmaßnahmen sind in Liste XV und XIV der
EU-Chemikalienverordnung (EP & ER, 2014) sowie für Mikroplastik in ECHA (2019)
angeführt. Man muss dabei aber auch berücksichtigen, dass manche Substanzen
(z. B. manche Medikamentenwirkstoffe wie Hormone) nicht substituiert werden
können und daher für diese nur nachgeschaltete Maßnahmen in Frage kommen.
Bei einer End-of-pipe Lösung, d. h. einer nachgeschalteten Reinigungsstufe
auf einer Kläranlage, gibt es verschiedene technische Möglichkeiten. Was fehlt
sind die Zielvorstellungen (für Einzelstoffe oder Wirkungen) und die rechtlichen
Rahmenbedingungen. Bei nachgeschalteten Reinigungsstufen müssen folgende
Punkte beachtet werden:
7
8 06_06 / Reduktion von Spurenstoffen
Abb. O_6-06_01: Schematische
Unterscheidung von quellen-,
anwendungsorientierten und
nachgeschalteten Maßnahmen.
Quelle: Hillenbrand et al. (2019). // Fig. O_6-06_01: Schematic
differentiation of source-oriented,
application-oriented and
downstream measures. Source:
Hillenbrand et al. (2019)
—Aufgrund des hohen technischen und finanziellen Aufwands ist eine vierte Rei -
nigungsstufe vermutlich nur in großen Kläranlagen (d. h. mit mehr als 100.000
angeschlossenen Einwohner_innen) durchführbar;
—Internationale Studien zeigen, dass mit Pflanzenkläranlagen bzw. nachgeschal -
teten bepflanzten Bodenfiltern höhere Eliminationsleistung für viele Spuren -
stoffe als durch technische Kläranlagen erreicht werden können und das ohne
zusätzliche vierte Reinigungsstufe (Dotro et al. 2017, S. 136; Li, Zhu, Ng & Tan,
2014; Verlicchi & Zambello, 2014; Verlicchi, Zambello & Al Aukidy, 2014; Weber
& Nivala, 2019). Li et al. (2014) zeigen einen Vergleich der Elimination ausge -
wählter Medikamentenrückstände in Pflanzenkläranlagen und konventionellen
Belebungsanlagen. Für ca. 2/3 der von Li et al. (2014) untersuchten Medika -
mentenrückständen ist die Elimination in Pflanzenkläranlagen höher als in
konventionellen Belebungsanlagen (siehe Balken auf der rechten Seite in Abb.
O_6-06_02).
Aufgrund des Umfangs an Spurenstoffen werden Maß -
nahmen in dieser Option nur allgemein beschrieben. Dafür werden Maßnahmen
zur Reduktion des Eintrags von Spurenstoffen für Anfallsorte bzw. Stoffgruppen
differenziert betrachtet:
—Spurenstoffe aus Haushalten (Tab. O_6-06_01);
—Spurenstoffe aus Landwirtschaft und Veterinärmedizin (Tab. O_6-06_02);
—Spurenstoffe aus Krankenhäusern (Tab. O_6-06_03);
—Spurenstoffe aus der Industrie (Tab. O_6-06_04);
—Mikroplastik (Tab. O_6-06_05) als extra Stoffgruppe.
Optionen und Maßnahmen9Abb. O_6-06_02:
Vergleich der mittleren
Eliminationsleistung ausgewählter
Medikamentenrückstände
in Pflanzenkläranlagen
(graue Balken, " Constructed
Wetlands" ) und konventionellen
Belebungsanlagen (schwarze
Balken, " Conventional WWTPs ").
Quelle: Li et al. (2014). // Fig. O_6-06_02: Comparison
of removal efficiencies of selected
medical residues in constructed
wetlands and conventional
wastewater treatment plants.
Source: Li et al. (2014).
10 06_06 / Reduktion von SpurenstoffenTab. O_6-06_01: Anfall von
Spurenstoffen in Haushalten
und Maßnahme zur Reduktion
des Eintrags. Quelle: eigene
Darstellung. // Tab. O_6-06_01: Trace
substances in households and
measures of reduction. Source:
own elaboration.Spurenstoffe Maßnahme zur Reduktion
—Arzneimittelrückstände vor allem
aus der großen Gruppe an rezept -
pflichtigen und -freien Pharmazeu -
tika für Menschen sowie veterinä -
re Verwendung;Bei Spurenstoffen im Haushalt handelt es sich um anwendungsbe -
zogene Maßnahmen, aber auch um nachgeschaltete Maßnahmen in
Hinsicht auf die Entsorgung:
—Personal Care Products (PCPs)
umfassen vor allem Pflege- &
Reinigungs-produkte; —Aufklärung der Konsument_innen durch zielgruppenspezifische
Informationskampagnen über Verwendung und sachgerechte Ent -
sorgung nicht verwendeter Medikamente und PCPs sowie deren
Auswirkungen auf die Umwelt;
—Auswaschungen aus Produkten
wie Mikrofasern aus der Wäsche
und aus Produkten des Material -
schutzes. —Gewährleistung einer geeigneten Sammlung und Entsorgung nicht
verwendeter Arzneimittel und Arzneimittelabfälle oder die Förde -
rung einer effektiveren Abfallbehandlung und Abwasserbehand -
lung (Europäische Kommission (EK), 2018);
—Maßnahmen bei der Anwendung: Ausweitung der Rezeptpflicht,
Einführung variabler Verpackungen, Rückkopplung zur Risiko -
bewertung und Zulassung, Aufnahme neuer Informationen in die
Risikobewertung/Prüfung der Annahmen;
—Maßnahmen zum Rückhalt von Mikrofasern,
z. B. Verwendung von schonenderen Waschmitteln und/oder
Waschprogrammen bzw. Einbau von Mikrofiltern;
—Verwendung von Materialen, bei denen es zu keiner Auswaschung
von Spurenstoffen kommt (siehe auch Tab. O_6-06_04).
Optionen und Maßnahmen11Tab. O_6-06_02: Anfall von
Spurenstoffen in Landwirtschaft
und Veterinärmedizin und
Maßnahme zur Reduktion
des Eintrags. Quelle: eigene
Darstellung. // Tab. O_6-06_02: Trace
substances in agriculture and
veterinary medicine and measures
of reduction. Source: own
elaboration.Spurenstoffe Maßnahme zur Reduktion
—Medikamente, eingebracht durch
Tierhaltung und Ausbringung von
Pestiziden (Insektizide, Herbizide, Anwendungsbezogene Maßnahmen: bei der Nutzung bzw. Anwen -
dung der Stoffe einerseits im Einsatz von Pestiziden, andererseits
aber auch in der Veterinärmedizin:
—strengere Regulierung des Einsatzes von Pestiziden zur Vermei -
dung der Auswaschung ins Grundwasser sowie Erosionsschutz -
maßnahmen zur Vermeidung des Eintrags von Pestiziden in
Oberflächengewässer.
Im Rahmen des Messprogramms der Gewässerzustandsüberwa -
chungsverordnung (BMLFUW, 2006) wird eine Fülle von Pestizi -
den und deren Metaboliten beobachtet. Der aktuelle Grenzwert
für Pestizide ist sowohl in der Qualitätszielverordnung Chemie
Grundwasser (BMLFUW, 2010) als auch in der Trinkwasserver -
ordnung (Bundesministerium für soziale Sicherheit und Genera -
tionen (BMSG), 2001) mit 0,1 µg/l festgelegt.
Da nicht alle Pestizide ohne weiteres vermieden werden können,
ist es sinnvoll, hydrophile Pestizide anstatt lipophiler zu ver -
wenden sowie Wirkstoffe zu rotieren, um Überschreitungen zu
vermeiden;
—Reduktion der Pharmazeutika, die in der Veterinärmedizin oder
als Zusatzstoffe für Tierfutter verwendet werden und dadurch
Verminderung des Eintrags in Gewässer.
Durch eine Reduktion des Fleischkonsums (siehe die zugehörige
Option bei SDG 2) würde es sicher zur effektivsten Reduktion von
Pharmazeutika in der Veterinärmedizin kommen;
— In der EU-Wasserrahmenrichtlinie (EP & ER, 2000) sind dazu
schon folgende konkrete Maßnahmen festgelegt, die nur konse -
quent umgesetzt gehören;
—Festlegung von Grenzwerten für Pestizide sowie Erweiterung
der Watchlist zur Bewertung der Schadwirkung von Arznei -
mitteln;
—Reduktion von Arzneimittelstoffen in der konventionellen
Landwirtschaft (Reduktion Massentierhaltung) und geringere
Einträge von Medikamenten über den Boden in das Grund -
wasser, hin zu vermehrt ökologischem Landbau;
—Reduktion von Pestiziden in der Landwirtschaft und deren
Eintrag in Oberflächenwasser (vermehrte Hochwasserereig -
nisse infolge des Klimawandels).Fungiziden) und Pflanzenschutz -
mittel
12 06_06 / Reduktion von SpurenstoffenSpurenstoffe Maßnahme zur Reduktion
—als Sonderform, da Verabreichung
von Medikamenten und Verwen -
dung von anderen toxischenAnwendungsbezogene Maßnahmen: bei der Nutzung bzw. Anwen -
dung der Stoffe sowie nachgeschaltete Maßnahmen in der gezielten
Aufbereitung:
—Aufklärung von Ärzt_innen und Patient_innen über die richtige
Entsorgung von Medikamenten;
—Ermutigung der pharmazeutischen Industrie zur Umsetzung von
Strategien zur ordnungsgemäßen Entsorgung von Arzneimitteln
oder Recycling-Strategien;
—Krankenhäuser müssen bessere Managementpraktiken für die Ent -
sorgung von pharmazeutischen Abfällen einführen;
—Weitergehende Behandlung von Abwasser (besonders Schwarz -
wasser, d. h. der Abwasserstrom mit menschlichen Ausscheidun -
gen) aus Krankenhäusern bzw. wäre die getrennte Erfassung und
Behandlung von Schwarzwässern aus bestimmten Stationen (z.
B. Stationen auf denen Chemotherapien durchgeführt werden)
effektiver.
Tab. O_6-06_03: Anfall von
Spurenstoffen in Krankenhäusern
und Maßnahme zur Reduktion
des Eintrags. Quelle: eigene
Darstellung. // Tab. O_6-06_03: Trace
substances in hospitals and
measures of reduction. Source:
own elaboration.
Spurenstoffe Maßnahme zur Reduktion
—Erzeugung und Einsatz von
Chemikalien zur Behandlung
von Oberflächen, Textilien,Quellenorientierte Maßnahmen: vor oder beim Inverkehrbringen der
Stoffe (siehe auch Optionen 12_04 und 12_05):
—Stoffsubstitution, produktionsintegrierte Ansätze (z. B. Cradle-to-
cradle ) durch die Verpflichtung von Hersteller_innen besonders
relevanter Produkte eine standardisierte Risikoanalyse bzgl. der
Emission von Spurenstoffen abhängig vom Nutzungsszenario der
Produkte vorzunehmen und wesentliche Emissionstreiber_innen
durch das Produktdesign zu eliminieren;Stoffen in hohen Dosen in unter -
schiedlichen Therapieformen und
Untersuchungsmethoden (Rönt -
genkontrastmittel, Krebstherapie)
stattfinden.
Desinfektionsmittel, Konser -
vierungsmittel; Mikroplastik,
Reifenabrieb etc.
Optionen und Maßnahmen13 —Umsetzung der in der EU-Chemikalienverordnung (EP & ER, 2014)
beschriebenen Instrumente (außer Arzneimittel, Bioide und Pflan -
zenschutzmittel). Allerdings sollten die Auswahlkriterien für gefähr -
liche Stoffe (z. B. PBT, vPvB) durch zusätzliche Kriterien erweitert
werden;
—„umweltfreundlichere“ Humanarzneistoffe in der Gesundheitsbran -
che: Umweltwirkungen sollten bei der Entwicklung und Auswahl von
Arzneimittel ein Kriterium sein. Mit jenen Medikamenten, die nach
bestimmungsgemäßer Anwendung direkt oder als Metabolite aus -
geschieden werden muss man sich jedenfalls befassen;
—Reduktion der Arzneistoffmengen, Veränderungen im Anwendungs -
bereich;
—Informations- und Bildungsmaßnahmen, Fachpersonal und Bevölke -
rung;
—Reduktion im Einsatz von Herbiziden und Fungiziden im Bauwesen;
—Lebensmittel- und Textilindustrie: Verringerung des Einsatzes von
Konservierungs- & Desinfektionsmitteln;
Tab. O_6-06_04: Anfall von
Spurenstoffen in der Industrie
und Maßnahmen zur Reduktion
des Eintrags. Quelle: eigene
Darstellung. // Tab. O_6-06_04: Trace
substances in industries and
measures of reduction. Source:
own elaboration.
Eine Reduktion von Spurenstoffen in Gewässern, und
hier speziell von Mikroplastik, ist nur erreichbar, wenn bei den unterschiedlichen
Quellen dieser Verschmutzung angesetzt wird. Entsprechend der vorliegenden
Quellen sind unterschiedliche Maßnahmen zu empfehlen, die nachfolgend in einer
Liste kurz erläutert werden. Dennoch ist hervorzuheben, dass die Maßnahme der
Sensibilisierung und Aufklärung der Bevölkerung über den Umgang mit Kunst -
stoffprodukten und Kunststoffabfällen sicherlich zu einer Verbesserung sämtlicher
Bereiche beitragen würde (siehe auch ECHA, 2018, 2019; EurEau, 2019).
06_06 / Reduktion von Spurenstoffen 14Anfall Maßnahme zur Reduktion
Kosmetika und Reinigungsmittel Einsatz von Naturstoffen als Ersatz von Mikroplastik. Der Trend zu
Natur- bzw. Bio-Kosmetika und auch zu Bio-Reinigungsmittel sollte
nicht nur abhängig vom Konsumverhalten der Bevölkerung vorange -
trieben werden, sondern sollte auch in Form von legislativen Vorga -
ben eingeführt werden.
Kunststoffindustrie Der Fachverband der chemischen Industrie Österreich hat einen Pakt
zu Zero Pellet Loss geschlossen, in dem festgeschrieben wurde, dass
die Industrie ihre Prozesse dahingehend umstellt, dass bei der Erzeu -
gung von Kunststoffen kein Verlust von Kunststoff-Granulat in die Ge -
wässer stattfindet. Dieser Pakt betrifft aber vor allem die Kunststoff -
erzeuger_innen und wird von den Kunststoffverarbeiter_innen nicht
zu 100 % unterstützt. Hier ist neben der Bewusstseinserweiterung
der Verantwortlichen auch eine gewisse Vorgabe durch gesetzliche
Rahmenbedin-gungen zu empfehlen.
Mikroplastik aus
SpezialanwendungenWie aus der Studie von Liebmann et al. (2015) hervorgeht, werden
unterschiedlichste Kunststoff-Mikropartikel zur Behandlung von Ober -
flächen sowie zu Spezialanwendungen in der Medizin eingesetzt.
Vor allem bei der erst genannten Anwendung ist zu empfehlen, hier
vorzuschreiben, Naturstoffe für diese Anwendungen einzusetzen.
Bei diesen Anwendungen ist ohne eine gesetzliche Vorgabe keine
Veränderung durchsetzbar, da der Einsatz der Kunststoffe hier ent -
weder stark kostengetrieben ist oder aber infolge von vorteilhaften
Eigenschaftsprofilen zu besseren Endresultaten führt. Solange hier
der Einsatz von Werkstoffen marktgetrieben ist, wird immer danach
getrachtet werden, die bestmögliche Kombination aus technischen
Vorteilen und Wirtschaftlichkeit zu erzielen, ohne auf die Natur Rück -
sicht zu nehmen.
Littering Vor allem bei dieser Quelle ist die wesentliche Maßnahme die
Schaffung des Bewusstseins in der Bevölkerung, wie der Eintrag
von Kunststoff-Abfall in die Umwelt zur Belastung von Mensch und
Tier beiträgt. Zudem ist es von Seiten der Regierungen erforderlich,
der Bevölkerung ein einfach umzusetzendes und effektives Abfall -
sammelsystem bereitzustellen, um Umwelteinträge zu vermeiden.
In Österreich existieren beispielsweise viel zu viele unterschiedliche
Abfallentsorgungssysteme, die sehr stark regional getrieben sind und
daher zu einer schwierig handzuhabenden Situation beitragen. Eine
Vereinheitlichung von Systemen österreichweit, aber auch europa -
weit, wäre dringend anzuraten.
Optionen und Maßnahmen15Tab. O_6-06_05: Anfall von
Mikroplastik und Maßnahme zur
Reduktion des Eintrags. Quelle:
eigene Darstellung. // Tab. O_6-06_05: Origin of
microplastics and measures
of reduction. Source: own
elaboration.Straßenverkehr Abhängig von der Literatur, die herangezogen wird, existieren zu
Reifenabrieb unterschiedlichste Daten und Expert_innen streiten sich
darüber, wo dieser Abrieb hingeht bzw. um welche Größenordnungen
es sich dabei handelt. Entsprechend der Örtlichkeit des Anfallens von
Reifenabrieb ist anzunehmen, dass nicht all der Abrieb in weiterer
Folge in Form von Mikroplastik in Gewässern vorliegen wird. Ein
großer Teil wird zur Staubbelastung in der Atmosphäre beitragen.
Aber auch auf diesem Wege ist ein Eintrag in die Gewässer möglich,
da der Staub in unterschiedlicher Weise durch die Lebewesen auf -
genommen und in Form von Ausscheidungen in die Umwelt einge -
bracht werden kann. Die ultimative Maßnahme zur Reduktion dieser
Quelle wäre die Reduktion des motorisierten Individualverkehrs und
die Erhöhung der Nutzung von Massentransportmitteln. Dies wird
aus unterschiedlichsten Gründen vermutlich nur sehr schwierig durch
gesetzliche Rahmenbedingungen umgesetzt werden können. Gerade
in diesem Bereich ist die Sensibilisierung der Bevölkerung sowie
ein Ausbau der Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs erforderlich.
Man vergleiche dazu die relevanten Optionen aus SDG 11, d. h. die
Optionen 11.2 (Förderung aktiver Mobilität), 11.3 (Förderung des ÖV
in kleineren Städten und Gemeinden) und 11.4 (Siedlungsentwicklung
die Nahmobilität & ÖV fördert), sowie aus SDG 3 die Option 3.15 (Re -
duktion der Verschmutzung von Haushalts- und Umgebungsluft).
Vorkommen in Lebensmitteln Das Vorliegen von Mikroplastik in diesem Bereich wurde zwar bereits
nachgewiesen, dennoch spielt dieser Bereich bei der Betrachtung der
Gesamtsituation nur eine vernachlässigbare Rolle. Spezielle, über die
gesetzlichen Rahmenbedingungen bei Lebensmitteln und Lebens -
mittelverpackungen in Europa hinausgehenden Maßnahmen zur
Reduktion von Mikroplastik sind nicht bekannt.
06_06 / Reduktion von Spurenstoffen 16Eine wichtige Maßnahme zur Reduktion potenzieller
zukünftiger Einträge von Mikroplastik wäre auch der richtige Umgang mit dem
derzeit vorliegenden Kunststoff-Abfall in der Umwelt. Dies bedeutet, dass die
Initiativen zur Einsammlung von Kunststoff-Abfällen in Meeren, an Stränden und
in der wilden Landschaft intensiviert und gefördert werden sollten. Andernfalls ist
infolge des Abbaus dieser Abfälle mit einer zunehmenden Konzentration an Mikro -
plastik zu rechnen. Infolge der unterschiedlichen Herkunft und des verschiedenen
Alters dieser Abfälle ist auch ein intensiver Eintrag von Giftstoffen, die an diesen
Mikropartikeln haften, zu erwarten. Diese Schadstoffe reichen von Schwermetallen
bis hin zu endokrin wirksamen Chemikalien. Die Entwicklung eines Aktionsplans
gegen Mikroplastik wird vorgeschlagen.
Neben den Maßnahmen bezogen auf den Entstehungsort der Spurenstoffe sind
auch folgende allgemein Maßnahmen nötig:
—Erhöhung des Verständnisses bei Konsument_innen sowie Produzent_innen
auch durch
— Veränderungen bei der Aus- und Fortbildung, bessere Informationen zu den
Umwelteigen-schaften der Wirkstoffe sowie eine breitere öffentliche Diskussion
des Themas.
Neben der Erarbeitung einer Strategie auf nationaler Ebene ist aber auch die kon -
sequente Umsetzung dieser Strategie sowie der in der EU WRRL (EP & ER, 2000)
beschriebenen grenzüberschreitende Maßnahmen zur Kontrolle der Belastung der
Fließgewässer erforderlich, wie z. B.:
—konsequente Umsetzung der nationalen Strategie bezüglich Pestizide und Anti -
biotika;
—Reduktion von Arzneimittelstoffen in der konventionellen Landwirtschaft (Re -
duktion Massentierhaltung) und geringere Einträge von Medikamenten über den
Boden in das Grundwasser, hin zu vermehrt ökologischem Landbau;
—Reduktion von Pestiziden in der Landwirtschaft und deren Eintrag in Oberflä -
chenwasser (vermehrte Hochwasserereignisse infolge des Klimawandels);
—Reduktion und Vermeidung von schädlichen Chemikalien in der Textilindustrie
und eine fachgerechte Entsorgung weltweit;
—Reduktion und Vermeidung von schädlichen Chemikalien in Baumaterialien, z.
B. durch die Definition eines rechtlichen Rahmens für Dämmmaterialien, die
bromierten Verbindungen als Flammhemmer enthalten. Diese werden einer -
seits stark beworben, um die CO2-Emissionen zu reduzieren, andererseits wird
dadurch viel Sondermüll produziert;
—Gebührengerechtigkeit – Polluter-Pays-Principle – für die Industrie für das In -
verkehrbringen von Produkten (Medikamente, Agrarchemikalien etc.) inklusive
der Berücksichtigung der Entsorgungskosten und des Wasserverbrauchs im
Produktionsprozess.
Durch die Umsetzung der oben genannten Maßnahmen ist zu erwarten, dass der
jährliche Eintrag an Spurenstoffen und Mikroplastik rückläufig ist und die Bekämp -
fung der aktuell vorliegenden Ver-schmutzung vorangetrieben werden kann.
Optionen und MaßnahmenWirkung
Langfristige Sicherung der Qualität von Trinkwasser aufgrund geringerer Konzen -
trationen von Spurenstoffen in der Umwelt.
Bewusster Umgang mit Sanitärversorgung durch fachgerechte Entsorgung von
Arzneimittelstoffen.
Generelle Verringerung des Eintrags von Spurenstoffen und für die Umwelt be -
denklichen Stoffen sowie dementsprechende Reinigung der Abwässer, dadurch
geringere Verschmutzung der Gewässer; dazu ist auch die Kenntnis der Palette
der wirksamen Reduktionsmaßnahmen bezogen auf die spezifischen Stoffe not -
wendig.
Wasser ressourcenschonend einsetzen bei der Herstellung von Produkten und
dadurch Verminderung der Abgabe von Spurenstoffen.
Zur Verringerung der Medikamentenrückstände und anderer Spurenstoffe ist
grenzüberschreitende Zusammenarbeit erforderlich sowie weitere Forschungs -
arbeit in den Auswirkungen von Chemikalien in Fließgewässern und deren Wirk -
weisen sowie Wechselwirkungen.
Der Schutz aquatischer Ökosysteme durch die Verhinderung von übermäßigem
Eintrag an Spurenstoffen, besonders durch Einträge aus der Landwirtschaft
(Pestizide).
Bewusstseinsschaffung weltweit für fachgerechte Entsorgung von Medikamen -
ten; Entwicklung von Sanitärsystemen, die durch Menschen ausgeschiedene
Spurenstoffe an der Quelle rückhalten bzw. abbauen; Einsatz von Pestiziden
reduzieren, Pharma- und Chemieindustrie weltweit anpassen, um Austrag von
Chemikalien zu verringern (Polluter-Pays-Principle) .
Einbinden der Bevölkerung in die Reduktion von Spurenstoffen in Bezug auf
Entsorgung, Einnahme, Verbrauch in Haushalten, Reduktion von Pestiziden in
der Landwirtschaft, aber auch in Städten (Einsatz von Herbiziden, Fungiziden)
sowie in Krankenhäusern und der fachgerechten Entsorgung von verunreinigten
Abwässern (Röntgenkontrastmittel, Krebstherapie, inklusive Urin)
Tab. O_6-06_06: Beschreibung
der Wirkung der Option 6.6 auf
die Targets von SDG 6. Quelle:
eigene Darstellung. // Tab. O_6-06_06: Description
of the impact of Option 6.6 on the
Targets of SDG 6. Source: own
elaboration.
17 06_06.3.2 Erwartete Wirkungsweise
Die Wirkungen der im Vorkapitel dargestellten Einzel -
maßnamen zur Reduktion des Eintrags von Spurenstoffen auf die Targets von SDG
6 werden in Tab. O_6-06_06 zusammengefasst.
6-1
6-3
6-2
6-4
6-5
6-6
6-A
6-BTarget
06_06 / Reduktion von SpurenstoffenÜberlegungen zu möglichem Monitoring
Generell ist es bezüglich Spurenstoffe nötig, eine
Verbesserung der Datengrundlage über diverse, diffuse und punktuelle Verschmut -
zungspfade und etwaige Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung am
Ursprung nötig, z. B. eine Verortung regional kritischer Pestizid- und Arzneimittel -
belastungen (Clara et al., 2014; Clara et al., 2019). Derzeit gibt es in Österreich
außerhalb von speziellen Studien kein regelmäßiges Monitoring von Spurenstoffen.
Neben der Analyse von Einzelsubstanzen können
bei der Überwachung auch die sogenannten non-targeted Methoden zum Einsatz
kommen. Damit können Änderungen in der Matrix festgestellt werden. Durch das
Anlegen von standardisierten Datenbanken wäre aus non-targeted Informationen
eine historische Rückverfolgbarkeit gegeben, wenn neue Stoffe in vorgeschriebe -
ne Watchlists aufgenommen werden.
Darüber hinaus ist auch die Messung der Wirkung
von Spurenstoffen in der Umwelt ein wichtiges Thema. Von vielen Spurenstoffen
sind die Eigenschaften als Einzelsubstanz gut bekannt, aber nicht deren Wirkun -
gen zusammen mit anderen Spurenstoffen in der Umwelt. Um die gemeinsame
Auswirkung Messen zu können, muss man Wirktests anwenden. Diese Wirktests
sind aber für viele neue Stoffgruppen (wie z. B. Neurotoxine) nicht vorhanden und
müssen erst entwickelt werden. Ergebnisse von Wirkmessungen müssen letztend -
lich durch eine Risikoanalyse von den Behörden in zulässige Grenzwerte überge -
führt werden, wobei die Arbeiten dazu schon begonnen haben. Komplexe Proben
werden mit verschiedenen Wirktests untersucht und mit Triggerwerten, die noch
festzulegen sind, verglichen. Allerdings sind für verschiedene Wirkungen noch
keine Testsysteme standardisiert.
06_06.3.3 Bisherige Erfahrungen
mit dieser Option oder ähnlichen Optionen
Im Folgenden werden Erfahrungen mit vorgeschla -
genen Maßnahmen zur Reduktion des Eintrags von Spurenstoffen exemplarisch
dargestellt.
— Instrumente für Vermeidungsmaßnahmen sind für Chemikalien (außer für
Arzneimittel, Bioide und Pflanzenschutzmittel) in Liste XV und XIV der Che -
mikalienverordnung der Europäischen Union (EU) (EP & ER, 2014) sowie für
Mikroplastik in ECHA (2019) schon angeführt;
— Durch die Änderung der Umweltqualitätsnormenrichtlinie (EP & ER, 2009)
durch die Richtlinie 2013/39/EU (ER & EP, 2013) wurde eine Beobachtungsliste
eingeführt. Mittels des Durchführungsbeschlusses 2015/495 (EK, 2015) legt die
Europäische Kommission die erste Beobachtungsliste (‚Watchlist‘) für Stoffe mit
erheblichem Gefährdungspotential für die aquatische Umwelt fest;
— Kosmetika und Reinigungsmittel: Bei Natur- und Bio-Produkten, die sich be -
reits am Markt befinden;
— Kunststoffindustrie: Initiative „Zero Pellet Loss“ , die vor allem bei Borealis
(Schwechat) umgesetzt wurde, vgl. auch Plastikinitiative der EU;
— Littering: The Ocean Cleanup , der Versuch, die Meere von den Kunststoff-Müll -
inseln zu befreien und dazu beizutragen, dass in der Bevölkerung Bewusstsein
geschaffen wird; MrGreen Africa , die ein soziales Müllsammelsystem in Kenia
eingeführt haben; Initiative STOP , die dazu beiträgt, dass die Strände in Indo -
nesien von Kunststoffmüll befreit werden; Plastic Bank, die versuchen, Kunst -
stoff-Abfällen einen Wert zu geben und dazu beitragen, die Armut in Ländern
des Globalen Südens zu bekämpfen;
18
Optionen und Maßnahmen — Straßenverkehr: Initiativen von den unterschiedlichen Reifenherstellern, die
versuchen, Reifenmischungen mit reduziertem Abrieb herzustellen.
06_06.3.4 Zeithorizont der Wirksamkeit
Kurzfristig
Die Wirkung der beschriebenen Maßnahmen ist in unterschiedlichen Zeitrahmen
zu erwarten:
Kurzfristig
Informations- und Bildungsmaßnahmen, Rücknahme -
system für Medikamente und Anreize für Unternehmen schaffen, weniger Stoffe in
die Umwelt einzuleiten. Die Belastung wird sich in Zukunft noch verstärken. Grün -
de dafür sind die Alterung der Gesellschaft und ein steigender Pro-Kopf-Verbrauch
an Arzneimitteln. Nicht immer stammen die Medikamentenrückstände aus der Hu -
manmedizin: auch die Landwirtschaft trägt zur Verunreinigung der Gewässer bei, z.
B. durch das übermäßige Ausbringen von Gülle.
Mittelfristig
Reduktion von Arzneistoffmengen, Veränderungen
im Anwendungsbereich (Alternativstoffe), nachhaltige Personal Care Products
mit weniger oder keinen Spurenstoffen, Rückgang von Konservierungsmitteln in
Lebensmitteln.
Langfristig
Weitergehende Niederschlags- und Mischwasserbe -
handlung und weitergehende Abwasserreinigung, geringerer Einsatz von Medika -
menten in der Tierhaltung sowie Rückgang von Pestiziden in der Landwirtschaft
sowie Industrie (v. a. Bauindustrie).
Option Kurzbeschreibung Wirkung
6.1 Ressourcen-orientierte
SanitärversorgungDurch Trennung der Stoffströme können einzelne
Gruppen von Spurenstoffen gezielt erfasst werden
(z. B. Arzneimittelrückstände werden hauptsächlich im
Urin ausgeschieden; Personal-Care-Products finden
sich vor allem im Grauwasser) und dadurch der Ein -
trag v. a. aus Haushalten reduziert werden. Darüber
hinaus liegen Spurenstoffe (d. h. Medikamentenrück -
stände) im Urin in einer höheren Konzentration als im
Abwasser vor und können dadurch leichter entfernt
werden. Das ist besonders wichtig, wenn der Urin zu
Dünger weiterverarbeitet werden wird.
19
06_06 / Reduktion von Spurenstoffen6.2 Verstärkter Einsatz
blau-grün-brauner Infra -
strukturNature-based solutions haben generell eine hohe
Eliminationsleistung für viele Spurenstoffen, dadurch
lassen sich Einträge vor allem aus Regenwasserab -
fluss und auch Grauwasser reduzieren.
6.5 Reduktion diffuser Nähr -
stoff- und Problemstoff -
einträgeDie Option "Reduktion diffuser Nährstoff- und Prob -
lemstoffeinträge" befasst sich vor allem mit Reduktion
von Einträgen aus der Landwirtschaft. Diese Option
ist komplementär und berücksichtigt auch die Einträge
aus Siedlungen, von Straßen etc.
6.8 Verbesserter Grundwas -
serschutzDurch Reduktion des (vor allem diffusen) Eintrags
von Spurenstoffen wird ein wesentlicher Beitrag zum
Grundwasserschutz geleistet.
06_06 .3.5 Vergleich mit anderen Optionen,
mit denen das Ziel erreicht werden kann
In Tab. O_6-06_07 wird zusammengefasst, welche
SDG-6-Optionen eine Auswirkung auf die Option haben bzw. von der Option be -
einflusst werden.
In den anderen SDGs gibt es Synergien mit folgenden Optionen:
— SDG2 Option 2.1 ( Protein Transition - Reduktion des Fleischkonsums und
Steigerung des Konsums alternativer Proteinquellen als Beitrag zur gesunden,
nachhaltigeren Ernährung);
— SDG2 Option 2.3 (Verstärkte Förderung der Biologischen Landwirtschaft);
— SDG3 Option 3.15 (Reduktion der Verschmutzung von Haushalts- und Umge -
bungsluft);
— SDG3 Option 3.16 (Verbesserung des Wasserschutzes mit Fokus auf Agrar -
chemikalien);
— SDG11 Option 11.2 (Förderung aktiver Mobilität);
— SDG11 Option 11.3 (Förderung des ÖV in kleineren Städten und Gemeinden);
— SDG11 Option 11.4 (Siedlungsentwicklung, die Nahmobilität & ÖV fördert);
— SDG12 Option 12.2 (Aktionsplan Hochwertiges Recycling: Design for Recyc -
ling & Forcierung von Recycling);
— SDG15 Option 15.1 (Ökologisierung der Landwirtschaft).
20Tab. O_6-06_07: Beschreibung
der Wechselwirkung der Option
6.6 mit anderen SDG 6 Optionen.
Quelle: eigene Darstellung. // Tab. O_6-06_07: Description
of the interactions of Option 6.6
on with other Options of SDG 6.
Source: own elaboration.
Optionen und MaßnahmenInteraktionen
Ärmere Menschen sind oft mehr von Umweltproblemen betroffen, deshalb führt
eine Reduktion von Spurenstoffen in der Umwelt allgemein zu einer Entlastung.
Für die ärmere Bevölkerung sollte auch der Zugang zu Produkten (Lebensmitteln
und Körperpflegeprodukten) guter Qualität, d. h. mit geringer Schadstoffkonzen -
tration möglich sein. Durch die Lebensmittelkontrolle, die auch Lebensmittel -
kontaktmaterialien überwacht, sollte gewährleistet sein, dass auch die Ärmeren
keinen unzulässig kontaminierten Produkten ausgesetzt sind.
Ökologische Landwirtschaft und ein bewusster Einsatz von Medikamenten in der
Tierhaltung sowie Pestiziden in der Landwirtschaft führt zu einer Reduktion von
Spurenstoffen, weiters müssen aber auch die bodenbearbeitenden Geräte und
deren Verschleiß berücksichtigt werden. Neben einer geringeren Belastung der
Böden werden auch Organismen sowie Gewässer geschont. Dies führt wiederum
zu einer geringeren Belastung von Lebensmitteln sowie Trinkwasser.
Interaktionen speziell mit folgenden Optionen:
— SDG2 Option 2.1 ( Protein Transition - Reduktion des Fleischkonsums und
Steigerung des Konsums alternativer Proteinquellen als Beitrag zur gesun -
den, nachhaltigeren Ernährung);
—SDG2 Option 2.3 (Verstärkte Förderung der Biologischen Landwirtschaft).
Die vorgeschlagenen Maßnahmen führen zu einem erhöhten Bewusstsein für
die Wirkweisen von Medikamenten sowie zu behutsameren Einsatz von Pestizi -
den in der Landwirtschaft, aber auch im Privatbereich. Langfristig wird durch die
geringere Belastung ein gesundes Leben für alle Menschen gewährleistet und
die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und
der Verschmutzung und Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich
zu verringert. Resistenzen gegenüber Antibiotika gehen zurück, der ökologische
Zustand wird generell verbessert und die hormonelle Belastung wird reduziert.
Speziell wird in Target 3.9 gefordert, bis 2030 die Zahl der Todesfälle und Er -
krankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und der Verschmutzung und
Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich zu verringern (siehe auch
Option 3.15 – Reduktion der Verschmutzung von Haushalts- und Umgebungsluft,
sowie Option 3.16 – Verbesserung des Wasserschutzes mit Fokus auf Agrarche -
mikalien).
Quality Education: weltweite Aufklärung über Verwendung von Medikamenten
in Lebensmitteln, Pestizide, aber auch Medikamente in der Humanmedizin und
deren fachgerechte Entsorgung, weiters ist die Unkenntnis über die Auswirkun -
gen von intensiver Landwirtschaft ein Bildungs¬problem, das sich auch auf die
Wertschätzung und Erhaltung unserer aquatischen Ökosysteme bezieht. Die
Verbindung zwischen dem eigenen Medikamentenkonsum und den direkten Aus -
wirkungen auf Wasserorganismen sowie der Trinkwasserqualität ist noch immer
wenigen Menschen bewusst und würde auch vor unsachgemäßer Entsorgung
über das Abwasser schützen.
21
SDG06_06 .3.6 Interaktionen mit anderen SDGs
In Tab. O_6-06_08 werden die Interaktionen mit anderen SDGs zusammengefasst.
06_06 / Reduktion von SpurenstoffenInteraktionen
Ärmere Menschen sind oft mehr von Umweltproblemen betroffen, deshalb führt
eine Reduktion von Spurenstoffen in der Umwelt allgemein zu einer Entlastung.
Für die ärmere Bevölkerung sollte auch der Zugang zu Produkten (Lebensmitteln
und Körperpflegeprodukten) guter Qualität, d. h. mit geringer Schadstoffkonzen -
tration möglich sein. Durch die Lebensmittelkontrolle, die auch Lebensmittel -
kontaktmaterialien überwacht, sollte gewährleistet sein, dass auch die Ärmeren
keinen unzulässig kontaminierten Produkten ausgesetzt sind.
Ökologische Landwirtschaft und ein bewusster Einsatz von Medikamenten in der
Tierhaltung sowie Pestiziden in der Landwirtschaft führt zu einer Reduktion von
Spurenstoffen, weiters müssen aber auch die bodenbearbeitenden Geräte und
deren Verschleiß berücksichtigt werden. Neben einer geringeren Belastung der
Böden werden auch Organismen sowie Gewässer geschont. Dies führt wiederum
zu einer geringeren Belastung von Lebensmitteln sowie Trinkwasser.
Interaktionen speziell mit folgenden Optionen:
— SDG2 Option 2.1 ( Protein Transition - Reduktion des Fleischkonsums und
Steigerung des Konsums alternativer Proteinquellen als Beitrag zur gesun -
den, nachhaltigeren Ernährung);
—SDG2 Option 2.3 (Verstärkte Förderung der Biologischen Landwirtschaft).
Die vorgeschlagenen Maßnahmen führen zu einem erhöhten Bewusstsein für
die Wirkweisen von Medikamenten sowie zu behutsameren Einsatz von Pestizi -
den in der Landwirtschaft, aber auch im Privatbereich. Langfristig wird durch die
geringere Belastung ein gesundes Leben für alle Menschen gewährleistet und
die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und
der Verschmutzung und Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich
zu verringert. Resistenzen gegenüber Antibiotika gehen zurück, der ökologische
Zustand wird generell verbessert und die hormonelle Belastung wird reduziert.
Speziell wird in Target 3.9 gefordert, bis 2030 die Zahl der Todesfälle und Er -
krankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und der Verschmutzung und
Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich zu verringern (siehe auch
Option 3.15 – Reduktion der Verschmutzung von Haushalts- und Umgebungsluft,
sowie Option 3.16 – Verbesserung des Wasserschutzes mit Fokus auf Agrarche -
mikalien).
Quality Education: weltweite Aufklärung über Verwendung von Medikamenten
in Lebensmitteln, Pestizide, aber auch Medikamente in der Humanmedizin und
deren fachgerechte Entsorgung, weiters ist die Unkenntnis über die Auswirkun -
gen von intensiver Landwirtschaft ein Bildungs¬problem, das sich auch auf die
Wertschätzung und Erhaltung unserer aquatischen Ökosysteme bezieht. Die
Verbindung zwischen dem eigenen Medikamentenkonsum und den direkten Aus -
wirkungen auf Wasserorganismen sowie der Trinkwasserqualität ist noch immer
wenigen Menschen bewusst und würde auch vor unsachgemäßer Entsorgung
über das Abwasser schützen. Personal Care Products, die eine geringere Belastung an/oder keine Chemika -
lien und Medikamente enthalten, müssen für alle Menschen zugänglich sein.
Besonders in Kosmetika müssen Spurenstoffe reduziert werden. Im Bereich
der Arzneimittel ist es wichtig, Forschung und Aufklärung über Alternativen [...]
voranzutreiben.
Verringerter Eintrag von Spurenstoffen verringert auch den Energieeinsatz bei
der Entfernung dieser aus Abwasser/Boden.
Decent work and economic growth. Die Pharmaindustrie muss darauf achten,
ihre Produktion nachhaltiger zu gestalten. In der Landwirtschaft ist auch eine
Reduktion von Pestiziden ein direkter Schutz der Arbeiter_innen, die oft unge -
schützt mit diesen in Berührung kommen. Abhängig vom Standort der Um -
setzung der Maßnahmen werden entsprechende qualifiziertere Arbeitsplätze
geschaffen. In Ländern der Globalen Südens wäre die soziale Absicherung von
Waste-Picker_innen zu nennen. Für Österreich wären zusätzliche Arbeitsplätze
bei Bewusstseinsschaffung, Abfallmanagement und Kreislaufwirtschaft denkbar.
Die Nachfrage nach ökologischen, nachhaltigen Produkten und Lebensmitteln
wird immer größer. Daher muss die Industrie auch innovativ auf diese reagieren
und somit auch im Produktionsprozess wasserschonend vorgehen, wie z. B.
durch Beiträge zum Thema Zero Pellet Loss aber auch mit Sozialsystemen für
Länder des Globalen Südens.
Ein erheblicher Anteil der weltweiten Produktion von PCPs und Pestiziden findet
in Niedrigkostenländern statt. Dort muss verstärkt auf die Einhaltung von Produk -
tionsstandards und Umweltauswirkungen geachtet werden, um Ungleichheiten
zu den Industrieländern zu verhindern. Hierbei ist besonders auf den Schutz der
Arbeitnehmer_innen zu achten, da diese mit Spurenstoffen oft direkt in Berüh -
rung kommen.
Langfristiger Schutz der Qualität der Wasserressourcen und damit der Trink -
wasserversorgung durch geringeren Eintrag von Spurenstoffen aus dem Verkehr.
Verbesserte und einheitlichere Abfallmanagementsysteme führen zu vereinfach -
ter Logistik und zu regional übergreifenden Synergien. Im Speziellen auch zu
folgenden Optionen:
—Option 11.2 (Förderung aktiver Mobilität);
—Option 11.3 (Förderung des ÖV in kleineren Städten und Gemeinden);
—Option 11.4 (Siedlungsentwicklung die Nahmobilität & ÖV fördert).
22
Optionen und MaßnahmenNachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen, die sich die Reduk -
tion von Spurenstoffen in Form von PCPs, Pestiziden, Chemikalien etc. klar zum
Ziel genommen haben. Erhöhung der Kreislaufwirtschaft im Bereich Kunststoffe
führt zur geringeren Belastung der Umwelt durch Abfälle und zu einer Verringe -
rung der Mikroplastik-Schadstoffbelastung. Es gibt Überlappungen besonders
mit Option 12.2 (Aktionsplan Hochwertiges Recycling: Design for Recycling
& Forcierung von Recycling) in der die Substitution gefährlicher (chemischer)
Substanzen/Inhaltsstoffe und besonders besorgniserregender Stoffe durch nach -
haltige Alternativen (und sorgsamer Umgang mit diesen im gesamten Produkt -
lebenszyklus behandelt wird. Erhöhte Kreislaufwirtschaft in der Industrie (z. B.
cradle-to-cradle ) würde den Einsatz von herkömmlichen Rohstoffen reduzieren
und damit zu einem positiven Effekt in Bezug auf Reduzierung der Schadstoff -
emissionen bei der Erzeugung von (Kunststoff-)Produkten beitragen.
Der verringerte Energiebedarf bei der Entfernung der Spurenstoffe sowie der
reduzierte Einsatz von Primärrohstoffen bei optimierter Produktion reduziert
Treibhausgasemissionen.
Verringerung des Eintrags von Kunststoff-Abfällen in die Umwelt (nicht zuletzt
von Schiffen) würde auch die Belastung der Meere positiv beeinflussen. Zudem
sind Sammelsysteme der bestehenden Müllinseln in den Meeren erforderlich,
um weiteren Eintrag an Mikroplastik durch Alterung der im Meer schwimmenden
Kunststoffe zu reduzieren (besonders Target 14.1., Reduktion aller Arten der
Meeresverschmutzung).
Tab. O_6-06_08: Interaktionen
der Option 6.6 mit anderen SDGs.
Quelle: eigene Darstellung. // Tab. O_6-06_08: Interactions
of Option 6.6 on with other SDGs.
Source: own elaboration.
06_06 .3.7 Offene Forschungsfragen
Die offenen Forschungsfragen im Gebiet der Spuren -
stoffe sind vielfältig. Nicht nur deswegen, weil eine sehr große Anzahl von ver -
schiedenen und immer wieder neu auftretenden Stoffen und Stoffgruppen in dieser
Option mitgedacht sind.
Allgemein wird hier nur die Forschung in Bezug auf
das Monitoring und deren Wirkung kurz erwähnt, insbesondere:
—der Einsatz von non-targeted Methoden bei der Überwachung;
—die Entwicklung von standardisierten Testsystemen für die Wirkmessungen für
Spurenstoffen in der Umwelt und deren Überführung in Grenzwerte durch eine
Risikoanalyse.
23
06_06 / Reduktion von SpurenstoffenNachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen, die sich die Reduk -
tion von Spurenstoffen in Form von PCPs, Pestiziden, Chemikalien etc. klar zum
Ziel genommen haben. Erhöhung der Kreislaufwirtschaft im Bereich Kunststoffe
führt zur geringeren Belastung der Umwelt durch Abfälle und zu einer Verringe -
rung der Mikroplastik-Schadstoffbelastung. Es gibt Überlappungen besonders
mit Option 12.2 (Aktionsplan Hochwertiges Recycling: Design for Recycling
& Forcierung von Recycling) in der die Substitution gefährlicher (chemischer)
Substanzen/Inhaltsstoffe und besonders besorgniserregender Stoffe durch nach -
haltige Alternativen (und sorgsamer Umgang mit diesen im gesamten Produkt -
lebenszyklus behandelt wird. Erhöhte Kreislaufwirtschaft in der Industrie (z. B.
cradle-to-cradle ) würde den Einsatz von herkömmlichen Rohstoffen reduzieren
und damit zu einem positiven Effekt in Bezug auf Reduzierung der Schadstoff -
emissionen bei der Erzeugung von (Kunststoff-)Produkten beitragen.
Der verringerte Energiebedarf bei der Entfernung der Spurenstoffe sowie der
reduzierte Einsatz von Primärrohstoffen bei optimierter Produktion reduziert
Treibhausgasemissionen.
Verringerung des Eintrags von Kunststoff-Abfällen in die Umwelt (nicht zuletzt
von Schiffen) würde auch die Belastung der Meere positiv beeinflussen. Zudem
sind Sammelsysteme der bestehenden Müllinseln in den Meeren erforderlich,
um weiteren Eintrag an Mikroplastik durch Alterung der im Meer schwimmenden
Kunststoffe zu reduzieren (besonders Target 14.1., Reduktion aller Arten der
Meeresverschmutzung).
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