SDG_16_Option_16_17_20231119_182414.txt
Optio n 16_17 – Inhalt Final – Layoutierung in Fertigstellung
Inhalt
C.X.6.1. Ziele der Option ………………………….. ………………………….. ………………………….. ……………………. 2
C.X.6.2. Hintergrund der Option ………………………….. ………………………….. ………………………….. …………. 2
C.X.6.3.1. Systemgrenzen ………………………….. ………………………….. ………………………….. …………………. 2
C.X.6.3.2. Ist-Zustand ………………………….. ………………………….. ………………………….. ……………………….. 3
C.X.6.3. Optionenbeschreibung ………………………….. ………………………….. ………………………….. ………….. 5
C.X.6.3.3. Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen bzw.
Maßnahmenkombinationen ………………………….. ………………………….. ………………………….. ………………… 5
C.X.6.3.4. Erwartete Wirkungsweise ………………………….. ………………………….. ………………………….. ….. 6
C.X.6.3.5. Bisherige Erfahrung mit dieser Option oder ähnlichen Optionen ………………………….. ……… 6
C.X.6.3.6. Zeithorizont der Wirksamkeit ………………………….. ………………………….. ………………………….. 7
C.X.6.3.7. Vergleich mit anderen Optionen, mit denen das Ziel erreicht werden kann …………………… 7
C.X.6.3.8. Interaktionen mit anderen Optionen ………………………….. ………………………….. ……………….. 7
C.X.6.3.9. Offene Forschungsfragen ………………………….. ………………………….. ………………………….. …… 7
Literatur ………………………….. ………………………….. ………………………….. ………………………….. ……………………. 7
Team, das an dieser Option mitgearbeitet hat ………………………….. ………………………….. ……………………….. 8
Optio n 16_17 – Inhalt Final – Layoutierung in Fertigstellung SDG 16
Target 16.10 : „Den öffentlichen Zugang zu Informationen gewährleisten und die Grundfreiheiten
schützen, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und völkerrechtlichen Übereinkünften “
Option 17
2
Forcieren alternativer Geschäftsmodelle von Online – 1
Nachrichtenanbietern 2
(Target 16.10 – Option 17) 3
4
C.X.6.1. Ziele der Option 5
Die Option verfolgt das Ziel, jene Medien, die gerade von jüngeren Menschen in zunehmendem Maß als 6
zentrale Quelle zur Gewinnung von Informationen über Fakten und Vorgänge in ihrer Lebenswelt genutzt 7
werden, unabhängiger von den Mechanismen der werbewirtschaftlichen Märkte zu machen. 8
C.X.6.2. Hinter grund der Option 9
C.X.6.3.1. Systemgrenzen 10
Eine Umgestaltung der Geschäftsmodelle von Medienplattformen oder Providern kann von 11
unterschiedliche n Seite n initiiert werden. Einerseits könnten User _innen die gängigen Angebote 12
boykottieren und somit ihre Konsument _innenmacht im Sinne eines Strategiewechsels bei den 13
Anbietenden nützen. Dies setzt Informationsinitiativen und ein hohes Problembewusstsein bei breiten 14
Bevölkerungsschichten voraus, da Konsumverweigerungsverhalten erst jenseits einer kritischen Größe 15
als Störung der ökonomischen Systemabläufe wahrgenommen wird und erst dann marktverändernde 16
Wirkung entfalten kann. Andererseits könnte die Initiative zur Transformation auch von der 17
Anbiete nden seite ausgehen. Dies ist bei ökonomisch erfolgreichen Geschäftsmod ellen, die wenig Anlass 18
zu strategischem Umsteuern bieten, allerdings kaum zu erwarten. Überdies sind die Online – 19
Informationsmärkte durch wenige , sehr potente Anbiete nde geradezu in Form eines Oligopols besetzt 20
(Taplin, 2017, S. 145), was es Alternativange boten bzw. Newcomer _inne n überaus schwer macht, sich 21
etablieren zu können. 22
Die genannte Oligopolbildung stellt ein systemisches Problem dar, da der Nutzen von Plattformen mit 23
der Anzahl ihrer Nutzer_innen steigt. Die Inhalte werden vielfach gerade durch Inputs der User _innen 24
produziert und der Wert einer Plattform besteht in der Dichte von deren Vernetzung (Netzwerkeffekt). 25
Im Falle von Social Media liegt dieser Effekt auf der Hand, wollen die Nutzer _innen doch möglichst viele 26
potentielle Kommunikationspartner_innen erreichen können. Initiativen von Konsument_innenseite 27
allein werden die gegebene Situation somit auch nicht hinreichend umzugestalten vermögen, da weder 28
zu erwarten noch zu wünschen ist, dass a uf die Nutzung der Vorteile und Potentiale neuer Medien in 29
toto verzichtet wird. Ohne rechtliche Bestimmungen bzw. Steuerungsmaßnah men wird sich die 30
vorgeschlagene Option daher kaum realisieren lassen. Da die entsprechenden Anbieter _innen und 31
Märkte allerd ings international und global agieren, sind Ausdehnung und Wirkungsfeld des 32
Mediensystems einerseits und der nationalstaatlichen politischen Systeme andererseits nicht 33
deckungsgleich, woraus sich ergibt, dass der Handlungsspielraum der nationalen Politik e her begrenzt 34
erscheint. Entsprechende Initiativen müssten daher wohl zumindest auf europäischer Ebene angeregt 35
und angestoßen werden. Die Forcierung von Informations – und Bildungsprozessen, die für den Umgang 36
mit jeglicher Form medialer Öffentlichkeit esse ntiell ist, bleibt bei aller Begrenztheit, die im Punkt 37
„Systemgrenzen “ von Target 16.10 ausgeführt wurde , jedenfalls eine Aufgabe auch im nationalen 38
Rahmen. 39 Optio n 16_17 – Inhalt Final – Layoutierung in Fertigstellung SDG 16
Target 16.10 : „Den öffentlichen Zugang zu Informationen gewährleisten und die Grundfreiheiten
schützen, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und völkerrechtlichen Übereinkünften “
Option 17
3
C.X.6.3.2. Ist-Zustand 40
Gerade bei jüngeren Menschen werden Onlineangebote und in besonderem Maße Social Media – 41
Plattformen zur bevorzugten Quelle für Informationen, auch im Nachrichtenbereich. 45 % der vom 42
Reuters Institue for the Study of Journalism befragten Österreicher_innen n utzen Social Media bereits als 43
Nachrichtenquelle ( Newman , Fletcher, Schulz, Simg e & N ielsen , 2020, S. 63). Insbesondere in süd – und 44
osteuropäischen Staaten ist der Prozentsatz noch deutlich höher. Die Nutzung dieser Kanäle für 45
Informationsaustausch und Meinungsbildung, aber auch für die Selbstorganisation der Zivilgesellschaft 46
eröffnet dem okratiepolitisch durchaus positiv zu bewertende Möglichkeiten. Die Übermittlung von 47
Nachrichten stellt für die entsprechenden Plattformen jedoch weitgehend nur ein weiteres Vehikel zur 48
Generierung von Werbeeinnahmen dar. Diese steigen mit der Anzahl der Zu griffe auf die jeweiligen 49
Meldungen und mit der Verweildauer auf aufgerufenen Seiten. Der angebotene Content wird daher 50
weniger nach Maßstäben von Qualität und Bedeutsamkeit ausgewählt, als vielmehr danach, möglichst 51
viel Aufmerksamkeit zu erregen und Zugr iffe zu attrahieren. 52
Die den Online -Informationsmarkt dominierenden Unternehmen 53
[…] kommen aus journalismusfernen Kontexten (z.B. Telekommunikations – und 54
Softwarebereich), sind zudem durch branchenfremdes Kapital finanziert und durch 55
ihre Börsennotierung in besonderem Maße gewinnorientiert. Damit sind diese 56
Unternehmen und ihre Angebote nicht in erster Linie an publi zistischer Qualität, 57
sondern an Rendite ausgerichtet, was dazu führt, dass in die finanzielle Ausstattung 58
der Informationsangebote wenig Ressourcen investiert werden, um die Kosten tief zu 59
halten . (Lucht & Udris, 2013, S. 13) 60
Es kann daher davon ausgeg angen werden, dass rein w erbefinanzierte Gratisangebote die 61
Nachrichtenqualität verschlechtern , was im Übrigen nicht nur im Onlinebereich, sondern auch für 62
Rundfunk, Fernsehen und Printmedien gilt . Der Grund dafür liegt darin, dass mediale Kommunikation 63
immer einen Informations -, Unterhaltungs – und Motivationsaspekt enthält (Flusser, 1997, S. 109-110). 64
Soll die Wirksamkeit des Motivations – oder Werbeaspekt es maximiert werden, wird von den beiden 65
anderen vorrangig der Unterhaltungsaspekt berücksichtigt werde n, um das Publikum bei der Stange zu 66
halten. Nicht zufällig wird daher im Onlinejournalismus von Journ alist_i nnen der Einfluss von 67
Profitvorgaben auf die redaktionelle Arbeit auch deutlich stärker wahrgenommen als in den klass ischen 68
Medienbereichen (Lauere r & Keel, 2019, S. 123). 69
Parallel zu einer Zunahme an kostenfreiem Content in den elektronischen Medien sind in der jüngeren 70
Vergangenheit die Einnahmen durch Werbeannoncen und Rubrik anzeigen im Bereich der Printmedien 71
massiv eingebrochen. Dies ist ein int ernationaler Trend : 72
Die Printwerbeumsätze der Zeitungen in Deutschland beliefen sich laut 73
PricewaterhouseCoopers (PwC ) im Jahr 2018 auf rund 2,42 Milliarden Euro. Die 74
Werbeumsätze sind in den letzten Jahren deutlich gesunken: im Jahr 2003 lagen sie 75
noch bei knapp 4,7 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2023 prognostiziert PwC einen 76
weiteren Rückgang auf rund 2,06 Milliarden Eu ro. […] Im Vergleich dazu sind die 77
digitalen Werbeumsätze gestiegen: Von 221 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 325 78
Millionen Euro im Jahr 2023. (Statista, 2020) 79 Optio n 16_17 – Inhalt Final – Layoutierung in Fertigstellung SDG 16
Target 16.10 : „Den öffentlichen Zugang zu Informationen gewährleisten und die Grundfreiheiten
schützen, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und völkerrechtlichen Übereinkünften “
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In den USA und in Großbritannien haben solche Verluste dazu geführt, dass die Anzahl an 80
Journali st_innen allein zwischen 2000 und 2010 um jeweils etwa ein Dritte l gesunken ist (Russ -Mohl, 81
2017). In Österreich werden zwar nach wie vor mehr als 40 % des Bruttowerbewertes durch den 82
Printbereich generiert , dennoch wurde die Entwicklung auch hier derart s pürbar, dass es ab 2000 zu 83
einer merklichen Erhöhung der Verkaufs – und Abonnementpreise von Zeitungen und Magazinen kam . 84
In den traditionellen Medien definiert sich Journalismus durch seine sogenannte Gatekeeper -Funktion , 85
die an zwei Stellen ansetzt : einerseits bei der Auswahl von Ereign issen und Informationen, die im Prozess 86
der Nachrichtenproduktion grundsätzlich wahrgenommen werden und andererseits bei der Auswahl 87
jener Informationen, die medi al aufbereitet an die Konsument_i nnen weitergegeben werden, wobei 88
auch Ort und Umfang der Berichterstattung bedeutsam sind (Bruns, 2009, S. 108) . Je weniger Personal 89
den unterschiedlichen Redaktionen zur Verfügung steht, desto weniger detailliert können Inhalte 90
recherchiert werden und desto w eniger Faktencheck ist vor dem Weiterspielen von Informationen 91
möglich. Nachrichtenredaktionen nutzen sogar in zunehmendem Maße selbst den Social Media -Bereich 92
als Informationsquelle. Das Medium Internet setzt wesentlich weniger pragmatische Grenzen als 93
Printmedien oder Rundfunk und Fernsehen , da nicht auf verfügbare Sendezeit bzw. Druckseiten geachtet 94
werden muss . Hier herrscht auch ein egalitärerer Zugang zu Information, weil nur sehr bedingt durch 95
Professionalist _inn en gefiltert wird. Die schiere Menge d es Materials erfordert aber Priorisierung en und 96
Rankings. Über die entsprechenden Kriterien dafür informieren die mei sten Plattformen nur ungenügend 97
(Machill, Lewandowski & Karzauninkat, 2005, S. 130-131). Diese Kriterien unterliegen nun vielfach keiner 98
gezielten inhaltlichen Steuerung oder gar Manipulation, sondern ergeben sich schlicht aus der Anzahl 99
und Dauer von Zugriffen. Daraus folgt eine selbstreferentielle Fokussierung von Aufmerksamkeit auf 100
erstaunlich wenige Inhalte, da die User _innen mehrheitlich nur die als erste gelisteten Inhalte auf 101
Internetplattformen und Suchmaschinen abfragen (Haas & Unkel, 2015, S. 365) . Die Gefahr der 102
Entstehung von Echokammern steigt deutlich, wenn Nutzer _innen Suchergebnisse im Rahmen von 103
Micromarketing (individuell auf User _innen zugeschnittene Werbestrategien) in personalisierter Form 104
geliefert bekommen. Überdies zentriert sich das Informationsangebot auf die Interessen einer 105
kaufkräftigen Klientel, auf die auch entsprechende Werbeangebote zielen (Trapp el, 2019, S. 204). 106
Mit der Gatekeeper -Funktion des Qualitätsjournalismus ist nicht nur Auswahl gegeben, sondern auch das 107
Aufgreifen von relevanten Details, die wenig er geschulten Blicken leicht entgehen , sowie die Einordnung 108
von Einzelelementen in komplexe Zusammenhänge (Machill et al. , 2005, S. 112) . Diese Funktion en 109
können durch die Schwarmintelligenz der User _innen nur bedingt kompensiert werden. Ähnlich wie in 110
Bildungsbereichen wird auch hier unter anderem zu Unrecht ein Bedarf an Freiheit und eine Bere itschaft 111
zu Aktivität und Eigeninitiative unterstellt, die so in der Praxis nicht bestehen (Missomelius, 2014, S. 78- 112
80), da viele Nutzer_innen weder über die spezifische Befähigung noch über ausreichend Zeit verfügen, 113
diese ausleben zu können. 114
Die kurz umrissene Entwicklung im Medienbereich kann durchaus zu einem demokratiepolitisch 115
bedenklichen Verlust an Qualität im Informationssektor und der journalistischen Berichterstattung 116
führen, die nicht in der mangelnden Qualifikation oder dem fehlende n Engagement einzelner Akteure 117
oder Anbieter _innen , sondern vielmehr in der Struktur des zusehends dominierenden Geschäftsmodells 118
der Informationslieferant _inn en begründet ist. Die Vorteile einer partizipatorischen Medienstruktur, die 119 Optio n 16_17 – Inhalt Final – Layoutierung in Fertigstellung SDG 16
Target 16.10 : „Den öffentlichen Zugang zu Informationen gewährleisten und die Grundfreiheiten
schützen, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und völkerrechtlichen Übereinkünften “
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das klassische Kommun ikationsmuster One-to-many hinter sich lässt , gehen durch eine intensivierte 120
Kommodifizierung des Informationsbereichs im Internet somit allzu leicht wieder verloren. 121
C.X.6.3. Optionenbeschreibung 122
C.X.6.3.3. Beschreibung der Option bzw. der zugehörigen Maßnahmen bzw. 123
Maßnahm enkombinationen 124
Auf die oben beschriebenen Entwicklungen im Printmedienbereich reagierten Verlage primär durch die 125
Bereitstellung eines zumindest partiell kostenfrei nutzbaren Onlineangebote s. Damit untergraben 126
kommerzielle Printmedien aber tendenziell weiter die eigene Abonnent _inn enbasis. Die crossmediale 127
Doppelexistenz von Anbieter _inne n im Bereich des kostenfreie n elektronischen und des 128
kostenpflichtigen Hard Copy -Angebot s scheint auf Dauer jedenfalls für auflagenstarke Breitenmedien ein 129
riskantes Gesch äftsmodell darzustellen . Das breite Gratisangebot und dessen Nutzung wirft 130
berechtigterweise die Frage auf, ob es überhaupt einen Markt für kostenpflichtige Online -Nachrichten – 131
Angebote gibt, in den Qualitätsjournalismus aus dem Hard Copy -Bereich „übersiedeln“ k önnte . Gerade 132
jüngere User _innen reagieren jedoch in zunehmendem Maße ablehnend auf die permanente 133
Überflutung durch Onlinewerbung.1 So gibt es zumindest dezente Hinweise darauf, dass die Bereitschaft , 134
für online bezogene Information zu beza hlen, im Steigen begriffen ist.2 Es gilt freilich wahrzunehmen, 135
dass ein möglicher Markt für kostenpflichtigen Online -Qualitätsjournalismus nicht mehr in der Weise 136
markengebunden sein dürfte wie der traditionelle Printbereich. Die Nutzer _innen werden verme hrt nach 137
bedarfsgerechten Informationspaketen suchen, jedoch nicht mehr dauerhaft ein Gesamtangebot 138
abonnieren ( Fletcher, 2020, S. 33-36). Dies bedeutet zweifellos eine enorme Umstellung für die 139
Anbieter _innen , stellt aber doch auch eine Chance für konsume nt_innenfinanzierte qualitätsvolle 140
Information dar. Hilfreich in diesem Bereich können neue Bezahlmethoden sein, die etwa mit 141
Blockchain -Technologie arbeiten, da mit ihrer Hilfe auch kleinste Geldbeträge transaktionskostenfrei und 142
ohne großen Nutzer _innen aufwand überwiesen werden können. Da durch wird der bedarfsorientierte 143
Bezug von kostenpflichtigen Nachrichten jenseits relativ teurer Abonnements attraktiviert. Eine mögliche 144
negative Auswirkung einer Entwicklung weg von kostenlosen Nachrichtenangeboten im Netz könnte eine 145
verschärfte Spaltung zwischen Information -Rich und Information -Poor sein, die sich parallel zur Schere 146
zwischen ökonomisch wohlhabenden und armen Bevölkerungsgruppen ergeben könnte. Einschränkend 147
ist hier jedoch anzumerken, dass Informatio nsarmut auch dann besteht, wenn mehrheitlich qualitativ 148
mangelhafte Inhalte konsumiert werden (müssen) . 149
Konkrete Maßnahmen, die eine solche Entwicklung zu befördern in der Lage sind, müssen erst im 150
Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure entwickelt werden. Sie können rechtliche Erleichterungen für 151
neue Geschäftsmodelle ebenso umfassen wie stärkere steuerliche Belastungen von etablierten 152
Onlineplattformen, eine spezifizierte Form der Presseförderung in diesem Bereich ebenso wie 153
Bildungsinitiativen. Open Acce ss-Angebote wissenschaftlicher Publikationen könnten dabei für die 154
1 Auf einen gewis sen Übersättigungseffekt durch O nline -Werbung weisen die entsprechenden Zahlen seit 2018 in
Österreich hin (Focus , 2019).
2 “The gloomy news media environment of 2018 was partially brightened by a promising increase in the share of
users paying for digital news.” (Newman , Fletcher , Kalogeropoulos & Nielsen , 2019, S. 69) Diese Bereitschaft steigt
allerdings von einem sehr niedrigen Niveau. 9 % der österreichischen User _innen bezahlt en 2018 fü r Online –
Nachrichten, nach dem Digital News Report von 2020 waren es immerhin bereits 11 %. Optio n 16_17 – Inhalt Final – Layoutierung in Fertigstellung SDG 16
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schützen, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und völkerrechtlichen Übereinkünften “
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Bereitstellung von Hintergrundinformation interessant sein, sofern sie Aspekte des Wissenstransfers 155
berücksichtigen, und damit einen Beitrag zur so genannten Third Mission von Universitäten und 156
Hochschulen leisten. Gerade der Bildungsaspekt ist auch hier wiederum besonders bedeutsam, da es das 157
Bewusstsein dafür zu stärken gilt, dass es jenseits von Open Source -Aktivitäten keine wirklichen 158
Gratisangebote im Internet gibt, we il Kund _inn en für diese stets mit ihren persönlichen Daten 159
„bezahlen“. Auf rechtlicher Eb ene sollten insbesondere Onlineplattformen mit großer Marktdominanz zu 160
mehr Transparenz hinsichtlich jener Algorithmen verpflichten werden, mit denen sie ihre 161
Informat ionsangebote stru kturieren und filtern ( Dachwitz, Rebiger & Fanta, 2019, S. 243-244). 162
Nutzer _innen müssen sich ein Bild darüber machen können, nach welchen Kriterien das ihnen 163
präsentierte Bild der Wirklichkeit gestaltet wird. Durch entsprechende Steuerges etzgebung und 164
Datenschutzbestimmungen kann die Attraktivität von Geschäftsmodellen, die auf dem Handel mit 165
personenbezogenen Daten basieren, unattraktiver gestaltet werden. Entsprechende Schritte müssten 166
wohl koordiniert auf europäischer Ebene erfolgen. 167
Zu berücksichtigen ist in diesem Kontext auch, dass die öffentliche Hand selbst in nicht unerheblichem 168
Maß Kunde großer Netzplattformen ist, etwa wenn es um die Nutzung von Cloud -Diensten geht. Eine 169
bewusste Wahrnehmung dieser Tatsache und eine entsprechend aktiv gestaltete Politik würden einen 170
Beitrag dazu leisten, die marktbeherrschende Stellung weniger Anbieter _innen aufzuweichen, die durch 171
ihre monopolähnliche Position zu systemrelevanten und damit nicht mehr umgehbaren Schlüsselstellen 172
im Kommunikations system werden. 173
C.X.6.3.4. Erwartete Wirkungsweise 174
Entwicklung und Einsatz von Maßnahmen wie sie oben skizziert wurden, würden dazu beitragen , im 175
Bereich der Online -Medienwelt eine Nische für Qualitätsjournalismus zu etablieren. Dieser bleibt darauf 176
angewiesen, fachlich qualifizierte Korrespondent_innen und Autor_innen finanzieren zu können, die 177
unterschiedliche gesellschaftliche Entwicklungen l angfristig zu beobachten in der Lage sind und die über 178
materielle wie zeitliche Ressourcen verfügen, um Hintergründe zu recherchieren und Prima vista – 179
Tatsachen auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Wird den Ergebnissen solch journalistischer Arbeit der 180
Weg in die Kanäle neuer Medien geöffnet bzw. erleichtert, können diese angesichts sich wandelnder 181
medialer Konsumgewohnheiten auch weiterhin einen Beitrag zu faktischer Informationsfreiheit in 182
unserer Gesellschaft leisten, indem sie die Qualität des demokra tischen Diskurses heben und die 183
politische Mündigkeit der Bürger_innen stützen. 184
C.X.6.3.5. Bisherige Erfahrung mit dieser Option oder ähnlichen Optionen 185
Die bisherigen Versuche der etablierten Medien, ihre Anteile am Informationsmarkt langfristig durch 186
gratis Onlin e-Angebote zu sichern, haben sich als wenig tragfähig erwiesen. Wie oben ausgeführt, lässt 187
die derzeitige Entwicklung insgesamt eine Verschlechterung der inhaltlichen Qualität von Nachrichten 188
befürchten, die den größeren Teil der Bevölkerung erreichen. Ein gesetzliches Vorgehen gegen die 189
Monopolmacht großer Netzanbieter _innen und Plattformen hat sich bislang nur als aussichtsreich 190
erwiesen, wenn es in internationaler Zusammenarbeit , etwa auf EU -Ebene , erfolgt ist. Dann allerdings 191
können erreichte Regelungen auch Kreise über den unmittelbar juridisch abgedeckten Bereich hinaus 192
ziehen, wie das bei der EU -Datenschutzgrundverordnung von 2018 der Fall war. Dies ist auch im Hinblick 193
auf die Veränderung von Geschäftsmodellen im Bereich von Informationsmedien zu bea chten. Generell 194 Optio n 16_17 – Inhalt Final – Layoutierung in Fertigstellung SDG 16
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wurde der Thematik bislang wohl noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, sodass noch kaum 195
Erfahrungen mit steuernden Eingriffen vorliegen. 196
C.X.6.3.6. Zeithorizont der Wirksamkeit 197
Der Zeithorizont von gestalterischem Handeln in diesem Bereich ist zumind est ein mittelfristiger bzw. 198
insbesondere dort, wo es um Bildungsaufgaben und Einstellungsänderungen geht , auch ein langfristiger. 199
Da wir überdies von einem sehr volatilen Feld sprechen, in dem die Entwicklung der technologischen 200
Grundlagen kaum absehbar i st, handelt es sich bei der Bemühung um eine Aufrechterhaltung qualitativ 201
hochwertiger medialer Information wohl um eine bleibende Aufgabe, für deren Erreichung kein finaler 202
Zeithorizont angegeben werden kann. 203
C.X.6.3.7. Vergleich mit anderen Optionen, mit denen das Ziel erreicht werden 204
kann 205
C.X.6.3.8. Interaktionen mit anderen Optionen 206
C.X.6.3.9. Offene Forschungsfragen 207
Zu untersuchen wird insbesondere sein, wie sich staatliche und gesamteuropäische 208
Steuerungsmaßnahmen auf den Bereich der digitalen Medien auswirken: Ist eine staatliche Steuerung in 209
einem derart dynamischen Feld überhaupt möglich? Und wenn ja: Welche Steuerungsmaßnahmen 210
führen zum angestrebten Ziel? 211
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Autor : Ao. Univ. Prof. Dr. Guggenberger , Wilhelm (LFU Innsbruck, Institut für Systematische Theologie ) 256
Reviewer _innen : Ass. Prof. Mag. Dr. Regensburger , Dietmar ( LFU Innsbruck, Institut für Systematische 257
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259
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